Das Pete Buch 03 - 7 Ohrfeigen
Allgemeinbildung gehört, nur hat er das Wichtigste nicht gelernt: Wie man sich im Leben durchsetzt! Er kann im Handumdrehen eine mathematische Gleichung mit drei Unbekannten lösen. Er ist imstande, mit dir in französischer Sprache über deutsche Philosophen zu diskutieren. Es gibt wenige Dinge, über die er nicht Bescheid weiß — aber er bringt es nicht fertig, ein gewöhnliches Holzbrett durchzusägen oder auf einen Baum zu klettern, ohne sich dabei die Beine zu brechen. Er bringt es nicht fertig, einem Bengel, der ihn ärgert, auf die Nase zu schlagen. Nicht, daß es ihm an Mut fehlte! Er weiß nur einfach nicht, wie man seine Fäuste gebraucht."
„Hm —", machte Pete. „Ist denn das so wichtig im Leben?"
„Äußerst wichtig, mein Junge! Alle Bildung und alle Belesenheit sind wertlos, wenn du sie nicht richtig anzuwenden verstehst. Kenntnisse sind Waffen, die im Lebenskampf sehr zweckmäßig sind — aber es kommt auch auf eine gewisse kämpferische Grundhaltung an, darauf, daß man die Bereitschaft und die Fähigkeit besitzt, sich gegen andere durchzusetzen und sich im Lebenskampf zu behaupten. Ich will nicht sagen, daß du aus Jippy einen Raufbold machen sollst — denn du selbst bist keiner. Das imponiert mir an euch Jungen vom ,Bund der Gerechten', daß ihr Maß haltet und nur dort, dann aber nur mit Humor, gegen unliebsame Zeitgenossen zu Felde zieht, wo es auch wirklich angebracht ist. Ihr haltet echte Kameradschaft, eure Gemeinschaft besitzt etwas Positives — ihr habt euch vorgenommen, der Gerechtigkeit zu dienen. Nun, das mag etwa wie Spielerei' aussehen, aber ihr nehmt dieses Spiel ernst. Euer Bund ist etwas anderes als jene Kumpaneien, zu denen sich Gassenbuben zusammenrotten, die Spaß daran finden, irgendwelche Leute zu ärgern — möglichst solche, die alt und hilflos sind, die sich nicht zur Wehr setzen können. Wenn ihr auch manchmal über euer Ziel hinausschießt und etwas sehr drastisch vorgeht, so wendet ihr eure überschüssigen Kräfte jedoch nicht am falschen Objekt an. Ihr bestraft Tierquäler und humorlose Burschen wie diesen Watson. Das imponiert mir, ebenso wie mir deine Aufrichtigkeit imponiert."
„Wenn Sie wollen, kann Jippy während seiner Ferien
bei uns auf der Salem-Ranch wohnen. Wir haben Freundschaft geschlossen. Ich werde ihm das Reiten beibringen. Die frische Luft und das Ranchleben werden ihm gut tun."
„Darum wollte ich dich bitten", lächelte der Reporter. „Nimm den Jungen in deine Nähe, lehre ihn, sich seiner Haut zu wehren — dann erweist du mir einen großen Gefallen. Man hat ihm in dem Pensionat alle möglichen Dinge beigebracht, aber — weißt du — er war dort nur mit den verwöhnten Söhnen reicher Leute zusammen. Sie haben auch Sport getrieben, aber das war kein richtiger Sport. Der Lehrer hat Freiübungen gemacht, und sie haben dabei nur belustigt zugesehen, verstehst du?"
„Geht in Ordnung. Wenn es irgend etwas gibt, was ich ihm beibringen kann, so will ich es gerne tun.*
„Das ist fein", dankte ihm Lucky Nale. „Dann können wir die andere, wichtigere Angelegenheit besprechen. Ich sagte dir gestern bereits, worum es sich handelt: Der neue ,Gouverneur' ist nur durch höchst unsaubere Wahlmanöver auf seinen jetzigen verantwortungsvollen Posten gelangt. Obskure Politiker und Agenten haben die Wählerstimmen regelrecht gekauft, es sind riesenhafte Bestechungen vorgekommen — und nun hat Gouverneur Stetson, mit ganz knapper Mehrheit gewählt, die unsaubersten Elemente in hohe Ämter eingesetzt. In seiner kurzen Amtszeit hat er sich schon sehr unbeliebt gemacht. Bei der Landaufteilung sind namhafte Betrügereien vorgekommen. Millionäre und reiche Bankiers, Ölkönige und Großgrundbesitzer haben Stetson zum
.Gouverneur' unseres Bezirks gemacht. Nun sorgt er dafür, daß seine sogenannten Freunde zu ihrem Profit kommen. Das kann so nicht weitergehen. Wir leben in einem freien Lande, und wer das Vertrauen seiner Wähler mißbraucht, wer sein Amt dazu ausnützt, sich auf Kosten der Allgemeinheit zu bereichern, der muß wieder abtreten!"
„Jawohl, der muß gehen", rief Pete aus, und seine Augen funkelten ordentlich vor Begeisterung. „Wir machen eine Revolution — juhuh!"
„Sachte, sachte!" bremste Lucky Nale. „In einem freien Lande macht man keine Revolutionen. Das ist nicht nötig; denn auch ein .Gouverneur' ist nur der Vertrete r des Volkes — und nicht sein
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