Das Pete Buch 03 - 7 Ohrfeigen
ein Gouverneur ein Gouverneur — und daß eine Ohrfeige eine Ohrfeige ist!"
„Das kommt auf die Art der Durchführung an", erklärte Pete.
Er erläuterte, wie er sich die Durchführung dachte — und diesmal flogen, als Pete anschließend die „Vertrauensfrage" stellte, sämtliche Hände in die Höhe. Der Plan Petes war einstimmig angenommen.
„Ich bitte ums Wort", meldete sich da, zur Überraschung aller, Dorothy Simmers. Petes Schwester war
das einzige Mädchen in der Versammlung. Der Reporter hörte erstaunt zu, was Dorothy vorzubringen hatte: „Mister Nale, wollen Sie uns bitte Aufklärung darüber geben und einwandfreie Beweise dafür erbringen, daß Gouverneur Stetson — abgesehen von dem Jagdfrevel — es verdient, abgesetzt zu werden. Sie besitzen unser Vertrauen. Dennoch müssen wir ganz korrekt vorgehen."
„Bravo!" krähte Jippy Nale aus dem Hintergrund, und der Reporter blickte sich verdutzt nach seinem kleinen Bruder um.
Er erkannte Jippy kaum wieder. Der „Musterknabe" hatte sich in der kurzen Zeit, da er zum „Bund der Gerechten" gehörte, völlig verwandelt. Seine blassen Wangen waren gerötet, seine Augen funkelten vor Begeisterung. Der Vierzehnjährige, der sonst alles mit müder Gleichgültigkeit hingenommen hatte, war jetzt wahrhaftig zu einer verblüffenden Aktivität gelangt.
Der Reporter war einen Augenblick abgelenkt. Wie oft hatte er Jippy mit Sorge beobachtet. Der Junge besaß einen hellen Verstand — eine wache Intelligenz und rasche Auffassungsgabe. Man hatte ihn in dem Pensionat zu hohen geistigen Leistungen dressiert — aber darüber war der Junge immer farbloser und blasser geworden. Er war an Belesenheit seinen Altersgenossen weit voraus. Oft war er Lucky wie ein „Erwachsener" vorgekommen, mit seinen vierzehn Lebensjahren wie ein „alter Mann", entsetzlich vernünftig, durch nichts aus dem Gleichgewicht zu bringen — und doch zu bedauern, denn es fehlte ihm an der Unbeschwertheit und Unbekümmertheit, dem köstlichsten Geschenk der Jugend. Die Lehrer in dem Internat hatten Jippy die Jugend gestohlen. Sie hatten den Jungen voll von Kenntnissen gestopft, ihn zu einem kleinen „Gentleman" erzogen — aber hatte man Jippy jemals von Herzen und so richtig lebensfroh lachen hören?
Jetzt schien sich eine zauberhafte Verwandlung zu vollziehen. In der Gemeinschaft dieser unverbildeten, natürlichen Jungen vom Lande lebte Jippy sichtlich auf. Die überzüchtete Intelligenz, mit der man ihn wohl zu einer Art „Wunderknaben" hatte dressieren wollen, trat jetzt zurück — und zum Vorschein kam ein ganz anderes Wesen: der Junge!
Da der Reporter diesen Gedanken nachhing und nicht sogleich auf Dorothys Einwände antwortete, fühlte sich Bill Osborne in seiner Rolle als „Vorsitzender" verpflichtet, einzugreifen: „Der Einwand ist abgelehnt!" erklärte Bill. „Mister Nale besitzt unser Vertrauen, das ist Beweis genug."
„Protest", erwiderte Dorothy sofort. „Ich verlange Abstimmung."
Noch ehe sich der Reporter von seiner Verblüffung erholen konnte, war die Abstimmung vollzogen: Mit sieben gegen vier Stimmen (wobei Jippy zum Erstaunen des Bruders für Dorothy stimmte) entschied die Versammlung, daß einwandfreie Beweise gegen den Gouverneur erbracht werden müßten.
Hatte Lucky Nale die Versammlung bis dahin noch mit einigem Vergnügen und innerlicher Belustigung beobachtet, mußte er jetzt sein Urteil revidieren: Die Jungen nahmen ihre Sache ja wirklich ernst! Darüber konnte man wahrhaftig nicht mehr lächeln — nein, man durfte sich ehrlich freuen, daß es so etwas überhaupt gab. Die „Gerechten" waren unbestechlich. Sie prüften sorgfältig jede Entscheidung. Da gab es keine Überredungskunst, keine halben Wahrheiten. Jeder einzelne wägte genau ab, ehe er seine eigene, ganz persönliche Entscheidung traf.
Der Reporter erhob sich von der Kiste, die ihm als Sitzplatz gedient hatte. Er sah alle Augen auf sich gerichtet und, merkwürdig, er hatte tatsächlich das Empfinden, als müßte er sich verantworten. Er war jetzt nicht der „Erwachsene", der mit vorgetäuschtem Ernst an einem Spiel teilnimmt — er war der Zeuge Lucky Nale, der vor einem ernstzunehmenden Gremium seine Aussagen zu machen und einwandfrei zu belegen hatte.
„Freunde, ich hoffe, daß mein Zögern nicht falsch ausgelegt wird", rechtfertigte sich der Reporter. „Selbstverständlich seid ihr berechtigt — ja, sogar
Weitere Kostenlose Bücher