Das Pete Buch 14 - Pass auf Pete
hörbar nach Luft. Auch Watson röchelte wie ein asthmatischer Köter.
„Das — das — das ist eine ganz unbefugte Einmischung in Staatsaffären", brabbelte er. „Ich muß Sie darauf aufmerksam machen, Mr. Thomas, daß ich das in meinem Protokoll vermerken muß."
„Staatsaffäre?" fragte jetzt der Geistliche streng. „Sie, Watson, machen aus kleinen Vorkommnissen große Staatsaffären! Was mir seit gestern zu Ohren gekommen ist, überschreitet alles bisher Dagewesene. Ob Pete Simmers gelogen hat oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Wir alle sind Sünder, und Sie, Watson, unter uns gesagt, der größte! Wenn ich unserem lieben Herrgott die Lügen aufzählen müßte, die Sie mir schon aufgetischt haben, würde ich bis zum jüngsten Tage nicht damit fertig. Und jetzt gehen Sie! Gehen Sie in sich! Sie komischer Erziehungsdirektor!"
Reverend Thomas hatte sich in Eifer geredet. Seine Stimme war immer lauter geworden, und die Gaffer fühlten sich plötzlich klein und häßlich. Einer nach dem anderen schlich beschämt davon. John Watson war der letzte. Mr. Zeigefinger hatte sich schlauerweise schon vorher aus dem Staube gemacht. Er hatte wohl gemerkt, daß hier eine Persönlichkeit aufgetreten war, der man kein X vor ein U machen konnte.
Sam Dodd aber sprang aus dem Sattel und reichte dem Geistlichen die Hand. „Schönen Dank, Mr. Thomas", sagte er, „beinahe wäre es mir schlecht ergangen."
„Beinahe", lächelte der Geistliche, „beinahe ist aber noch nicht ganz. Übrigens kannst du Pete einen schönen Gruß von mir bestellen und ihm sagen, daß ich zu ihm halte!"
„Oh, da wird er sich aber freuen, Mr. Thomas. „Wir dachten schon, ganz Somerset stände gegen uns."
„Keine Spur, Boy!" Der Reverend machte eine wegwerfende Geste. „Die wirklich ernsthaften Menschen im Town pflegen ja Watsons Narreteien mit einem Achselzucken abzutun. In diesem Falle geht es aber um mehr! Mr. Tatcher wird heute noch dem Hilfssheriff einen Besuch abstatten, und ich selbst werde einen Brief an Sheriff Tunker schreiben. Es tut mir leid, dem guten Mann den Urlaub zu versauern, aber so geht es hier ja nun nicht weiter."
Mr. Thomas reichte der Sommersprosse zum Abschied die Hand. Lächelnd ging der Reverend davon.
Sam aber dachte noch nicht daran, das Town zu verlassen. Nachdem er seine Besorgungen erledigt hatte, umschlich er zunächst das Haus des Schneidermeisters Jemmery. Er wollte versuchen, mit Regenwurm Verbindung aufzunehmen. Mr. Jemmery aber saß gerade auf seinem Schneidertisch und sah auf den Hof hinaus. Da entdeckte er die Sommersprosse. Flugs warf der biedere Meister Nadel und Zwirn fort und sauste ins Freie. Ehe Sam es sich versah, hatte man ihn am Schlafittchen.
„Ho, Bürschlein", grollte er, „das könnte dir so passen, hier herumzuspionieren. Mein Joe wird die nächsten Wochen keine Gelegenheit mehr haben, mit euch Dummheiten anzustellen. Und dir gebe ich einen guten Rat: Verdufte und laß dich nicht mehr in der Nähe meines Hauses sehen!"
Der Mann schüttelte in seinem Zorn das arme Rothaar wie eine Medizinflasche.
„Aber — aber — aber —", röchelte der Boy, „es ist doch alles nicht wahr. Es ist doch alles erstunken und erlogen!"
„Eben darum!" schnaubte der Schneidermeister. „Mach, daß du fortkommst, und laß dich nie wieder sehen!" Sam erhielt einen aufmunternden Knuff in die Rippen und sauste gleich fünf Yards durch die Gegend. Mr. Jemmery verschwand daraufhin schimpfend in seinem Hause.
Das Rothaar sortierte seine Knochen und machte einen weiteren Versuch. Diesesmal bei Johnny Wilde. Aber es erging ihm dort nicht besser. Als er unter Johnnys Zimmerfenster stand und den bekannten Pfiff ausstieß, öffnete sich dieses, und im nächsten Augenblick war Sam so naß wie eine gebadete Katze. Die gute Mrs. Wilde hatte ungerechterweise eine ganze Waschschüssel über den Gerechten ausgegossen.
„Hinweg, du Lügenbold", schimpfte sie, „geh deiner Wege! Mein Johnny ist kein Umgang für euch."
„Peng", das Fenster flog wieder zu. Sam schüttelte sich wie ein Hund und ging mißmutig davon. Sein Weg führte ihn zum Bahnhof. Er hoffte, dort einen von den Kameraden vom Bund zu treffen. Vielleicht daß Jerry oder Tim hier herumstrauchten? Die Gerechten trafen sich oft am Bahnhof, weil er immer Neuigkeiten bot. Aber wieder wurde Sommersprosse enttäuscht! Keine Seele war zu erblicken. Traurig hockte sich der Boy auf den Prellbock, der das Rangiergleis abschloß, und fischte aus der nassen
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