Das Pete Buch 14 - Pass auf Pete
kleine „e" vergessen. Mr. Zeigefinger bemerkte das sofort. Watson kratzte sich verlegen den Stoppelkopf und begann erneut mit der Arbeit. Diesmal vergaß er das „h", ohne daß es von Mr. Zeigefinger bemerkt wurde. So prangte dann das Schild mit dem kleinen Schönheitsfehler über der Tür.
Das Haus der Timpedow hatte — wie fast alle Häuser
im Wilden Westen — auch einen Vorbau. Diesen richtete man jetzt für die Einweihungsfeier her. Eine schöne Papiergirlande wurde aufgehängt, und auf den Tisch stellte Mrs. Timpedow neben ihr altes Grammophon noch einen Blumenstrauß. Das Grammophon war sehr wichtig. Mr. Zeigefinger wollte nämlich die Feier musikalisch untermalen. Zu Anfang wollte er den „Einzug der Gladiatoren" und zum Abschluß „Warum ist es am Rhein so schön" spielen. Der liebe Himmel mochte wissen, wie diese Platte nach Somerset gekommen war. Weder Mr. Zeigefinger noch John Watson wußten, was das war, der „Rhein". Aber das machte ja nichts. Die Musik war hinreißend schön, und der Ziegenbart schwor Stein und Bein, das Stück sei von einem gewissen Mr. Creek, womit er Johann Sebastian Bach meinte.
Als nun alles so weit gediehen war, konnte es losgehen. Es hatten sich schon viele Neugierige eingefunden, und die durfte man schließlich nicht warten lassen! Diejenigen aber, um deretwillen man ja eigentlich das Erziehungsheim gegründet hatte, fehlten noch. Watson und sein Freund, der „Privatgelehrte", dachten wohl: „Kommt Zeit — kommt Rat!" —
Der „Einzug der Gladiatoren" begann mit furchtbarem Gequäke; aber die Melodie kam leidlich erkennbar heraus.
,Nanu, dachte Sam, der in diesem Augenblick die Straße herunter geritten kam, ,spielt man mir zur Begrüßung einen feierlichen Marsch? Alle Wetter, so fürstlich hat man mich in Somerset noch nie empfangen!' Aber dann ging dem „Gerechten" ein ganzer Fackelzug auf. So was! Da kam er ja gerade zurecht. Das mußte man gesehen haben! Er steuerte seinen „Wind" auf die andere Straßenseite, stützte sich gemütlich auf den Sattelknauf und machte lange Ohren.
„Meine lieben Somerseter Bürger", begann soeben Mr. Zeigefinger mit der Festrede, „der große Augenblick ist da! Der größte in der Geschichte dieser Stadt! Ein Erziehungsheim ist aus dem Boden gewachsen. Ein Heim, in dem unser kostbarstes Gut, die Jugend, für den harten Lebenskampf vorbereitet werden soll. Denn glauben Sie mir, meine lieben Mitbürger, alles ist nur eine Erziehungssache! Jawohl, damit fängt der Mensch erst an. Viele Fehler wurden bisher auf diesem Gebiete gerade hier in Somerset gemacht. Die vergangenen Tage haben uns anschaulich bewiesen, was geschehen kann, wenn man der Jugend zu viel Freiheit läßt. Hatte sich nicht aus Tagedieben eine Bande gebildet, die langsam das ganze Town terrorisierte? Nun, damit ist es jetzt vorbei. Der Anführer dieser armen verführten Jugendlichen wurde verjagt. Die Bande flog auf, und wir Somerseter Bürger gehen endlich neuen, glücklicheren Zeiten entgegen. Es wird bald die Zeit kommen, wo an dieser Stelle ein großes, schönes Haus stehen und die Jugend unserer Staaten im Geiste Somersets erzogen werden wird."
Mr. Zeigefinger machte eine Kunstpause und wischte sich den Schweiß ab. Mrs. Timpedow, die in der ersten Reihe stand, klatschte spontan Beifall. John Watson, der als zukünftiger Direktor auch noch eine Rede halten sollte, schwitzte schon vor Aufregung wie ein Affe.
Sam Dodd sah sich neugierig um. Wohl sah er Jimmy Watson und die „Schrecklichen", aber vom „Bund der Gerechten" war kein Mensch da. Sam lief es heiß über den Buckel. Sollte es denn wirklich wahr sein? Waren die Kameraden denn alle eingesperrt worden? Bisher hatte das Rothaar noch nicht recht an den ganzen Zauber glauben wollen, aber jetzt sah er die Bescherung ja mit eigenen Augen! Mr. Zeigefinger hatte ganze Arbeit geleistet. Der Mann verstand aber auch sein Geschäft! Wie unter einer Hypnose standen die Neugierigen und hingen mit den Augen am Munde dieses Erziehungsapostels.
„--und somit schließe ich meine Betrachtungen",
sagte dieser soeben, „mit dem innigen Wunsche, ein Werk ins Leben gerufen zu haben, das im Verlaufe der kommenden Jahre viele reife Früchten zeitigen möge!"
Mr. Zeigefinger verbeugte sich galant und trat dann einige Schritte zurück. Die Zuhörer klatschten heftig. Besonderen Eifer zeigte dabei Jimmy, das Stinktier. ,Du hast es gerade nötig', dachte Sam wütend. Jetzt trat Mr. Zeigefinger wieder vor und schrie:
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