Das Pete Buch 22 - Wer blufft wen
mehr auf! Heizer) Pat Norman grinste wie ein Satan. Seit John Watson als ,Zweiter' an Bord war, dachte er nicht mehr daran, auch nur einen Finger krumm zu machen. Er tat es, jetzt Lokführer Mineral gleich und steckte den Kopf zum Fenster hinaus. Ab und zu, wenn Gefahr bestand, zog er an der Leine und ließ einen Pfiff ertönen. Es kam nämlich vor, daß Rinder, die sich von der Herde getrennt hatten, mitten auf dem Schienenstrang standen und nicht daran dachten, dem schwarzen Ungetüm Platz zu machen.
John Watson schippte und schippte! Sobald er einmal die Schaufel sinken ließ, um eine kleine Pause einzulegen, brummte der .erste Heizer' schon los:
„He, Watson, hier wird nicht gefaulenzt. Du willst wohl, daß der Zug stehen bleibt? Haben sowieso schon sieben Stunden Verspätung!"
John Watson knirschte mit den Zähnen, wischte sich mit dem Ärmel des rußgeschwärzten Hemdes den Schweiß von der Stirn und schippte weiter.
„Der Teufel hole diese Eieruhren", murmelte er in gewissen Zeitabständen, „der Teufel hole aber auch mich, wenn ich nicht mit dem Automobil nach Somerset zurückfahre."
Die Nacht war lange hereingebrochen. Lokführer Elias Mineral hatte zwei große Petroleumlampen vorn auf die Maschine gestellt. Aus dem großen Feuerloch fiel roter Lichtschein gespenstisch in die Nacht. Die Lok stampfte und dröhnte, die Wagenschlange ratterte, ächzte und quietschte.
Eigentlich konnte sich John Watson glücklich schätzen! Die Güterwagen glichen Sardinenbüchsen! Dicht an dicht lagen die Menschen neben-, über- und untereinander. Die Timpedow schimpfte und wetterte ohn Unterlaß. Einmal fuhr ihr nämlich ein handfester Männerstiefel ins Gesicht, ein anderes Mal boxte eine harte Faust in ihre verlängerte Rückenpartie. Ja, wer sein Glück machen will, muß eben dafür etwas riskieren!
„So eine Frechheit! So eine Unverschämtheit!" schrie die Timpedow auf einmal schrill auf, „dafür habe ich
nun eine Fahrkarte erster Klasse gelöst! Ich werde die Eisenbahngesellschaft verklagen. Ich werde . . ."
„. . . jetzt das Maul halten!" donnerte Mr. Smith, dem die Timpedow schon lange gewaltig auf die Nerven ging. „Wenn sie nicht endlich mit dem Gegeifer aufhören, werfe ich Sie hinaus!"
„Oh — Uh — Ah —! Sie unglaublicher Mensch! Mich hinaus? Sie wollen einen Mord begehen! Hilfe! Mörder! Pack!"
Wer weiß, was die Timpedow noch alles geschrien hätte, wenn in diesem Augenblick nicht der dicke Mr. Horse das Gleichgewicht verloren hätte und mit seinem gewaltigen Bauch auf dem Kopf der,Tugendhüterin' gelandet wäre. Das Geschrei der Lady ging in ein Gurgeln über und verstummte dann gänzlich. Aber sogleich legte dafür Mrs. Rattlesnake, die Busenfreundin, los.
Was ist Ihnen, liebwerte Freundin? Warum erstarben Ihre wohlklingenden Laute so jäh? Hat man Sie etwa schon getötet? Sprechen Sie sich doch aus!"
„Gugugurrrr — Pruprumurr — Pipapopuuuh!" machte die Timpedow.
Im selben Augenblick gab es einen gewaltigen Ruck. In dem Güterwagen kollerte nun alles durcheinander. Es entstand ein fürchterliches Gewirr verwickelter Arme und Beine. Der Zug stand. Es dauerte eine halbe Stunde, bis jeder im Wagen seine Glieder wieder beieinander hatte. Mr. Smith schob mit vieler Mühe die große Schiebetür auf. Endlich kam frische Luft herein. Draußen war es dunkel. Der Himmel war voll blitzen-
der Sterne. Außer dem Zischen der Lokomotive war kein Geräusch zu hören.
„Werde mal nachsehen, warum es nicht weitergeht", knurrte Mr. Smith.
Er sprang aus dem Wagen und stolperte auf dem Schotter neben den Geleisen nach vorn. Mr. Mineral steckte wie immer den Kopf aus dem Führerstand.
„He, Boß", schrie Smith, „was ist los? Warum geht es nicht weiter?"
„Keine Einfahrt", sagte Mineral gemütlich, „wir haben acht Stunden Verspätung. Jetzt ist natürlich der ganze Fahrplan durcheinandergeraten. Kann sein, daß sie uns bis zum Hellwerden überhaupt nicht reinlassen."
„Wie weit ist es denn noch?"
„Ungefähr drei Meilen. Können ja zu Fuß gehen, wenn Sie es eilig haben." Mr. Mineral grinste schadenfroh. Er freute sich sichtlich über das Mißgeschick der ,Eieruhrenreisenden'. Wie konnte man auch so bekloppt sein!
„Wa — wa — was sagen Sie da?" röchelte jetzt der ,zweite Heizer' John Watson, „was soll denn das heißen? Ich
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