Das Pete Buch 22 - Wer blufft wen
hatte, auf die Schaufel gefallen, und er hatte seinen schönen Sheriffstern mit samt den Kohlen in das Feuerloch der Lokomotive befördert! Onkel John wischte sich verstohlen eine Träne aus dem Auge. Hätte er allerdings gewußt, was ihm ohne Sheriffstern noch alles bevorstand, er hätte sich liebend gern tausend Tränen aus den Augen gewischt!
In der Zwischenzeit ratterte der Wagen mit der Musikkapelle, in deren Mitte John Watson thronte, immer
weiter. Der Bahnhofsplatz lag schon weit zurück. Die Menschen standen nicht mehr so dicht, aber dennoch winkten sie John Watson zu. Der ahnte eben nicht, wie er aussah. Schließlich war sein Gesicht immer noch kohlpechrabenschwarz! Hinter dem Wagen aber folgte eine große Menschenmenge. Alle wollten dabei sein, wenn der Entdecker der ersten Eieruhr mit Dreiminutenlaufzeit gefeiert wurde! Alle wußten es, nur John Watson hatte noch keine Ahnung von seinem Glück! Oder war es vielleicht ein Unglück? Wer wollte das in diesem Augenblick entscheiden!
*
Pete und Sam standen an diesem Morgen frühzeitig auf. Die Boys waren sowieso keine Langschläfer, aber heute waren sie noch eine Stunde früher als sonst aus den Betten. Sam war nicht mehr zu halten. Er führte völlig idiotische Tänze auf und sang dabei Melodien ohne Text. Endlich wurde es Pete zu dumm. Er verpaßte seinem Freund einen Haken, daß diesem augenblicklich die Spucke wegblieb.
„Du bist doch ein Blödmann", sagte er, „ich denke, du willst nach Tucson? Wenn du einen solchen Lärm machst, wirst du niemals dorthin kommen."
„Du — du meinst Mammy Linda?"
„Genau das, Sommersprosse! Mammy wird uns nicht weglassen. Wir müssen heimlich verduften. Natürlich legen wir ihr ein nettes Briefchen hin, damit sie sich keine Sorgen macht."
„Okay, Boß! Werde mich schnellstens umstellen. Meine Freude ist ab sofort nur noch innerlich."
Pete lachte leise. Er verkniff sich die Frage, wie sich die .innerliche Freude' bei Sam bemerkbar machte. Dafür setzte er sich hin und verfaßte den bewußten Brief. Sam schlich in der Zwischenzeit auf leisen Sohlen hinaus, um das Auto fahrbereit zu machen.
Endlich war es dann so weit. Pete schlich ins Wohnzimmer, um den Brief auf den Tisch zu legen. Aber so leise er sich auch bewegt hatte, er wurde von Mammy Linda gehört!
„Was du haben vor, Boy?" röhrte plötzlich eine tiefe Stimme hinter dem Fenstervorhang.
„He, Mammy", staunte Pete, „wo kommst du denn schon so früh her? Was machst du hinter dem Vorhang?"
„Ich haben dich was gefragt", schnaubte die Schwarze, „heraus mit Sprache! Was sollen diese Brief? Du wollen ausreißen mit Sam, diese Schlingel?"
„Wir wollen nach Tucson, Mammy", sagte Pete schuldbewußt, „wir stellen bestimmt keine Dummheiten an."
„Wenn du das sagen, stimmt es auch. Aber Tucson sein gefährliche Stadt! Haben ich gelesen von Gangster und Verbrecher. Ich haben Angst um dich, Pete."
„Aber Mammy! Wir lassen uns doch nicht mit Gesindel ein! Nein, da brauchst du keine Angst zu haben. Außerdem treffen wir ja Charly; der weiß in Tucson genau Bescheid."
„Was, du wollen in große Stadt?" Mammy Linda war immer noch skeptisch.
„Wir wollen wegen der Eieruhr hin." Pete sagte das, als wäre es die selbstverständlichste Sache von der Welt.
Aber Mammy Linda kam plötzlich auf Touren! Sie sauste in die Küche, kam im nächsten Augenblick zurück, und ehe Pete noch bis drei zählen konnte, hatte er schon eine prächtige Ohrfeige kassiert.
„Ich wollen dir nur helfen!" schrie sie, „ich wollen dir geben noch ganz andere Prügel! Was wollen du mit Eieruhr? Was soll dieses Blödsinn? Eieruhr sein Andenken liebes!"
„So beruhige dich doch", Pete warf beschwörend die Arme hoch, „sei doch endlich still, Mammy! Ich will dir ja alles gerne erklären!"
Aber so leicht war Mammy nicht zu beruhigen. Es dauerte noch fast fünf Minuten. Die gute Schwarze machte dabei einen solchen Lärm, daß die restlichen Bewohner der Salem-Ranch erschrocken zusammenliefen. Pete's Schwester Dorothy, der kleine Penny und sogar Mr. Dodd, Verwalter der Ranch und Vormund, erschienen auf der Bildfläche.
„Ruhe!!" donnerte Mr. Dodd, „was ist hier los?"
Mammy schwieg erschrocken. Mr. Dodd hatte aber auch eine gewaltige Stimme. Sie fuhr sich erschöpft mit der Hand über das Gesicht. Böse funkelte sie
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