Das Pete Buch 27 - Falsch gewettet
Verwalter. „Sie reißen nicht aus. Nur — Pete muß ganz dringend verreisen. Er wird morgen aber wieder hier sein. Sam bringt ihn nur nach Benson an die Bahn; dann kommt er mit Black King zurück. Und Sitka — na, der will die beiden natürlich begleiten."
Mammy schrie abermals so verzweifelt auf, daß es selbst Jack Ripper das Herz zerrissen hätte.
„Und die gute Essen? Ich hab' doch für neun gebratet!"
„Ich kann's nicht ändern, Mammy", sagte Mr. Dodd, indem er sich gesenkten Hauptes ins Wohnzimmer absetzte.
Die unglückliche Köchin schrie Zeter und Mord. Aber es half ihr nichts. Fünf von ihren Tischgenossen waren ausgefallen. Bill Weller, den sie als Ersatz einladen wollte, hatte sich zu Besuch auf eine andere Ranch begeben. Mr. Dodd stocherte einsilbig in seinem Essen herum. Jimmy Watson konnte vor lauter Aufregung nur ein paar Bissen hinunter würgen. Dorothy aß zwar tüchtig, aber sie kicherte andauernd. Und Mammy selbst — nun, der schmählich verratenen Mammy blieben ihre eigenen Kunstwerke im Halse stecken.
Schließlich sprang sie mit einem letzten, wütenden Wehlaut auf.
„Verrückte Town! Verrückte Ranch! Alle übergeschnappt! Alle Schlag mit Wichsbürste. Wo sein Jack Ripper? Jack Ripper soll kommen! Kann mir totschlagen und entführen! Ich keine Lust mehr zu leben! Ich jetzt in Hungerstreik! Ich nie mehr kochen!"
Mr. Dodd nickte trübselig vor sich hin. Denn er ahnte: das Abenteuer war noch längst nicht beendet.
*
Am Spätnachmittag stand Pete auf dem Festplatz in Willcox dem Seiltänzer gegenüber. Manuela tanzte auf dem Seil; ihr Vater, der seine Nummer schon hinter sich hatte, hörte abseits von der jubelnden Menge dem Jungen zu.
„Nein, Boy! Ich will meine Rache haben. Der Kerl hat so unverschämt geprahlt, daß ich kein Pardon kenne. Wir fahrenden Leute sind großzügig, aber empfindlich. Soll er sich bis auf die Knochen blamieren! Denn wenn er den Niagara sieht — was denkst du, wie er zitternd
in die Knie sinkt und mich um Gnade anfleht. Er war ja bestimmt noch nie da oben. Sonst hätte er selbst nach hundert Flaschen Whisky nicht gewagt, an eine solche Wette auch nur zu denken."
„Würden Sie denn selbst über den Niagara laufen, Senior?"
Das hätte Pete nicht sagen dürfen. Sancho Villa brauste beleidigt auf.
„Aber natürlich, Junge! Ich habe sogar den Colorado überquert, und dies dürfte bekannt sein, daß ich ein berühmter Mann bin — auch, wenn ich augenblicklich auf Dörfern auftrete. Wir haben ein hartes Brot, wir Artisten, und gerade deshalb dulden wir keine Beleidigungen."
„Wenn Sie jedoch diesen schlotternden Unglückswurm auf die Schultern nehmen, und er macht einige einzige unvorsichtige, unkontrollierte Bewegung —"
Sancho runzelte die Stirn.
„Einfach ist es natürlich nicht. Aber — warte mal! Da kommt Manuela."
Das glutäugige, schlanke Mädchen hatte die Vorführung beendet; inmitten eines allgemeinen Begeisterungssturms trat es zu seinem Vater.
„Wer ist der junge Senor? Ach, ich kenne ihn ja! Aus Somerset! Ich habe Ihr Gesicht nicht vergessen."
Sie streckte Pete lächelnd die Hand hin, die der Junge kräftig drückte.
„Senorita", sagte er schmeichelnd, "Sie haben ihre Sache ganz wunderbar gemacht. Ich bin trostlos, daß ich Ihnen nicht so aufmerksam zugesehen habe, wie ich es eigentlich hätte tun müssen."
Über Sancho Villas harte Züge glitt ein Leuchten des Vaterstolzes.
„Komm, Boy", lud er Pete ein. „Hier ist der Lärm zu groß. Wir gehen in unseren Wohnwagen; dort können wir in Ruhe weiter reden."
Pete folgte den beiden nur zu gern. Aber wenn er geglaubt hatte, der Seiltänzer würde jetzt nachgiebiger werden, so irrte er sich; Sancho Villa blieb dabei, daß er Watson entweder zum schmählichen Verzicht zwingen oder über die Fälle tragen werde.
Zuletzt wandte sich der Junge an Manuela.
„Sie sind meine letzte Hoffnung, Señorita. Es handelt sich ja gar nicht darum, daß der Hilfssheriff blamiert wird. Er scheint fest entschlossen, seinerseits ernst zu machen und die Wette auszutragen. Denn er ist ein komischer Kauz, wissen Sie. Er trinkt gern und hat eine kindische Angst vor Geistern. Aber vor vier Tagen bewies er in der Buck-Wüste wirklich Mut und Geistesgegenwart. Wenn er nicht so schnell auf einen entsprungenen Tiger geschossen hätte, der meinen Freund Sam angriff — wer weiß, was passiert wäre?"
„Ach, Sam?" rief Manuela. „Das ist doch die kleine Sommersprosse, die mir in Somerset am Abend
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