Das Pete Buch 27 - Falsch gewettet
große Ereignis erst einmal austauschen! Selbst auf Jimmys Gesicht war frohe Zuversicht dem Kummer gewichen — offenbar traute sogar er seinem Onkel jetzt zu, daß er siegreich über das Tosen der Wasserfälle dahin schweben würde.
Am Dienstag, den 9. Mai, spielte sich zwischen ihm und dem Onkel eine bedeutsame Unterhaltung ab.
„Onkel John", sagte er, während sein Vormund, eine Spiegelscherbe in der linken, ein vorsintflutliches Rasiermesser in der rechten Hand, damit beschäftigt war, sich den Bart abzukratzen, gestern abend war Sailor Mac noch einmal hier. Die 30 Dollar genügten ihm nicht, meinte er; er müßte noch 20 Dollar Reinigungsgebühr für seinen Anzug haben, den du ihm mit dem Mist aus des Nachbars Garten bekleckert hast."
Der Hilfssheriff fuhr zornig herum und schrie im gleichen Atemzuge:
„Verdammt! Zu schnell bewegt — ich hab' mich geschnitten! 20 Dollar, sagst du! Unerhört! Das grenzt ja an Erpressung!"
„Ja, Onkel. Der Kerl ist ein richtiger Halsabschneider. Aber —"
„Halsabschneider? Genau wie ich. Junge, habe ich mir eben ein Ding verpaßt! Fix! Ein Heftpflaster her!"
Die Wunde wurde gemeinsam verarztet, und der Hilfssheriff nahm seine gefährliche Tätigkeit wieder auf. Er mußte doppelt vorsichtig sein, weil seine Hand vor Aufregung... oder innerer Hitze zitterte; daher zwang er sich auch zur Mäßigung und warf Jimmy nicht vor, daß er ja durch seine Nachlässigkeit das Umkippen der Leiter und die Verunreinigung des Seemannes verschuldet hatte.
„Und auch sonst", fuhr Jimmy, der von Pete tags zuvor bestimmte Instruktionen erhalten hatte, nach einer Weile vorsichtig fort, „haben wir schreckliche Ausgaben. Du hast gestern abend die ganze Gesellschaft im .Silberdollar' freigehalten —"
„Habe ich? Ach, du liebe Zeit!" murmelte Old John bestürzt.
„Und für heute abend hast du wieder dem ganzen Town Freibier und Whisky versprochen. Ich fürchte, du kannst jetzt nicht mal mehr die Fahrt zum Niagara bezahlen."
„Das wäre ja gelacht!" warf sich Onkel John in die Brust. „Obwohl mein Barbestand ziemlich zusammengeschrumpft ist — das Bankkonto nebenbei auch — ich erinnere mich jetzt sogar, daß mir der Stanley gestern abend zu verstehen gab, auf Kredit könnte ich bei meiner voraussichtlich begrenzten Lebensdauer keinen Anspruch mehr erheben. Und das Fahrgeld — hm, furchtbar teuer ist der Spaß bestimmt — quer durch die Staaten von Südwest nach Nordost — ich habe noch gar nicht gewagt, mich nach dem Preis zu erkundigen."
„Vielleicht", steuerte Jimmy behutsam auf sein Ziel los, „wäre es ganz gut, wenn wir einen Wagen bekämen — ein Auto meine ich. Dann könnte ich dich begleiten, und..."
„Einen Wagen? — Au! Einen Viertelzoll tiefer, und ich hätte eine Unterlippe weniger; reg mich doch nicht so auf, Bengel! — Wie kommst du denn auf all den Blödsinn? Einen Wagen müßte ich kaufen oder mieten, und das Benzin kostet auch Geld; die Sache würde noch viel teuerer als mit der Eisenbahn."
„Wenn man's so nimmt, gewiß", bestätigte Jimmy mit altkluger Miene. „Angenommen aber, es findet sich ein begeisterter Anhänger deiner wertgeschätzten Person, der die Kosten auf seine Kappe nimmt?"
Old John stieß ein mißtönendes Lachen aus.
„Der findet sich ganz bestimmt nicht hier in Somerset, Jimmy. Die Halunken im Town sitzen so auf ihren Geldsäcken, als wäre ihnen der — na, denk' dir, was ich meine — darauf angewachsen. Sonst keine schlechte Idee. Aber —"
Ein plötzlicher Argwohn durchzuckte ihn.
„Bürschchen! Mir kommt es vor, als hättest du eine ganz bestimmte Absicht. Hat etwa dieses gräßliche Weib, die Poldi, gesagt, sie wollte ein Auto zur Verfügung stellen? In dem Fall — nein! Kommt nicht in die Tüte! Nie, nie mehr, nie! Die Frau darf überhaupt nicht zum Niagara mit! Die brächte mich völlig durcheinander. Wenn die zusieht, wie ich meinen Ritt beginne, dann galoppieren meine Nerven auf und davon, und ich sause kopfüber in die Tiefe, bevor Sancho Villa den ersten Schritt gemacht hat."
Er schnitt sich zum drittenmal und brüllte nun doch los:
„Ist das nicht eine Schweinerei? Noch nicht einmal einen anständigen Spiegel haben wir! Wer hat diesen hier überhaupt kaputt geschmissen, daß nur Fetzen übriggeblieben sind? Du, natürlich, ohne Zweifel!"
„Nee, Onkel. Du hast ihn neulich abends aus lauter Jux an die Wand geworfen; an dem Tage, als du die Wette abgeschlossen hattest. Und einen neuen können wir nicht
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