Das Pete Buch 30 - Der Kaiser von Hollywood

wirkte:
    „Onkel John!" schrie er. „Guck mal schnell aus dem Fenster! Man mißhandelt deinen Bruderssohn!"

    Mr. Wilde war bereits abgefahren, so daß niemand da war, der den Amtseifer des kommissarischen Sheriffs zügeln konnte. Er riß sofort das Fenster auf und brüllte mit gewaltigem Stimmaufwand:
    „Wer tut dir was, Jimmy? Zeig mir den Übeltäter!"
    „Der hier ist es!" rief der Neffe, auf den Fahrer weisend. „Er will dich sprechen, und als ich ihn zur Geduld mahnte, schlug er mich gleich zu Boden."
    „So 'ne vertrackte Lüge", protestierte der Verleumdete. „Stimmt überhaupt nicht, Sheriff. Die Sache ist nämlich die: Wir sollten gegen 11 Uhr hier in Somerset eintreffen: und nun ist es etwas früher geworden, und die Gents, die uns in Empfang nehmen wollten, sind infolgedessen noch nicht zur Stelle. Daher möchte ich Sie was fragen."
    „W i r ?" unterbrach ihn Watson. „Ich sehe nur Sie allein."
    Bevor der Fahrer antworten konnte, machte Jack Settler einen kläglichen Versuch, sich bei dem neuen Amtsgewaltigen anzubiedern:
    „Da stehen zehn Lastwagen gleich um die nächste Ecke herum, John. Soll ich mal hinlaufen und den Tatbestand feststellen?"
    Watsons Stirn legte sich beim Anblick des Friseurs in dräuende Falten.
    „Ich verbitte mir ein für allemal, Mr. Settler, daß Sie mich mit Vornamen anreden. Sie haben mich vorgestern mit Ihren Kumpanen Malcolm und Dunn nämlich mißhandelt, und das vergesse ich Ihnen nicht so schnell. Übrigens liegen die Akten des Falles bereits bei dem Distriktsattorney in Tucson. Auch gegen Ihre Frau! Sie können beide gut und gern mit je zehn Jahren Bewährungsfrist rechnen."
    Mrs. Settler, die in der Ladentür stand, schluchzte haltlos auf, und ihr Mann knickte wie ein Rasiermesser ein; in ziemlicher Nähe aber klirrten plötzlich einige Fensterscheiben.
    „Deine Freunde schlagen Malcolms Drugstore kaputt, John!" rief Corner, der Sargmacher. „Das ganze Town ist außer sich vor Begeisterung über deinen jähen Aufstieg, und deine Feinde kriegen eine Abreibung, an die noch ihre Kindeskinder denken werden. — Übrigens warne ich dich: der Pete strolcht in einem Trapperkostüm ums Office herum, und außerdem hat er einen langen Apachenscheich bei sich."
    „Aha!" sagte Old John. „Das Eisenbahnattentat nimmt also doch schon verbrecherische Gestalt an. War sonst nichts Verdächtiges?"
    „Doch!" rief Mr. Kane, der Wirt vom ,Weidereiter', der sich unter das Volk gemischt hatte. „Ich sah vor einer Viertelstunde, wie Turner mit einem Indianer und einem Trapper-Boy in den .Silberdollar' verschwand. Vielleicht sind das dieselben, die Corner auffielen."
    „Ein Indianer und ein Trapper-Boy?" fragte der Fahrer. „Na, dann sind sie also doch hier! Nichts für ungut, Mr. Sheriff. Ich gehe zum — wie heißt die Kneipe? — zum ,Silberdollar'!" Sprach's und wandte sich ab. Jedoch er hatte die Rechnung ohne das Auge des Gesetzes gemacht.
    „Halt!" donnerte Watson aus dem Fenster. „Blicken Sie mich an, Mensch! Wer sind Sie überhaupt? Und was

    haben Sie mit diesen Indifidibums zu schaffen, die mir soeben gemeldet wurden?"
    Der Fahrer wußte nicht, ob er lachen oder aufbegehren sollte.
    „Nun nehmen Sie mal Vernunft an, Mr. Sheriff —"
    „Tue ich grundsätzlich nicht!" brüllte Old John. „Das heißt — äh! Halten Sie den Mund und reden Sie weiter!"
    „Ich bin mit einer Wagenkolonne unterwegs", rief der Mann wütend. „Und zwar transportieren wir Film-Requisiten im Auftrage von Mr. Lloyd Rickard, der Ihnen vielleicht bekannt sein dürfte."
    Der kommissarische Sheriff legte die Hand an den Colt.
    „Requisitionen! Aha! Schon gut! Sind — sind Waffen dabei?"
    „Aber klar. Hier soll doch ein Wildwest-Film gedreht werden, und —"
    „Film? Alles Schwindel!" rief Mr. Kane, der seinem Konkurrenten Turner die Bevorzugung durch die Besucher aus Hollywood nicht verzeihen konnte und sich daher eingeredet hatte, bei diesen Gästen handelte es sich um Hochstapler und verdächtige Landstreicher. „Das hast du doch auch gesagt, John; und was du sagst, stimmt immer!"
    In diesem Augenblick fuhr ein Ford auf den Platz, an dessen Steuer Sheriff Kennan aus Littletown saß.
    „Morning, Watson!" rief er schon beim Aussteigen. „Tunker im Office?"

„Tunker ist abgesetzt!" gab Old John mit Grabesstimme zurück. „Wenn Sie etwas wünschen, müssen Sie sich schon an mich wenden."

    „Tunker — he — was? Sie sind wohl verrückt geworden?" fragte Kennan und stieß damit in ein