Das Pete Buch 30 - Der Kaiser von Hollywood
grauen Haare, die er mir durch seine jahrelangen Extratouren verursacht hatte!"
„Aber, Mr. Tunker!" rief Mr. Wilde gequält. „Ich muß Sie zur Ordnung rufen; denn Sie stören dauernd die Amtshandlung!" Und Watson brachte unartikulierte Laute hervor, während Mrs. Poldi sich die Ohren zuhielt und Mr. Pettifogger in der Eile seinen Bleistift abbrach.
Der Sheriff beruhigte sich, und Mr. Wilde nahm seinen Vortrag wieder auf. Die Sache war ihm sichtlich peinlich, da er eigentlich auf Tunkers Seite stand. Aber er mußte als Beamter sich der Ansicht seiner übergeordneten Behörde fügen.
„In Ergänzung der von Mrs. Poldi vorgebrachten Klagen hat inzwischen auch der Hilfssheriff Watson den Entschluß gefaßt, gegen mehrere seiner Mitbürger vorzugehen; er tat dies zum erstenmal, als er gestern nachmittag telefonisch in Tucson anrief. Nach seinen Angaben, die offenbar voll der Wahrheit entsprechen, ist er von Mr. Malcolm, Mr. Settler und Mr. Dunn in eine Zwangsjacke gesteckt und auch sonst wie ein gemeingefährlicher Tollhäusler behandelt worden. Desgleichen beschwert er sich über seinen Vorgesetzten, den Sheriff Tunker wegen unterlassener Unterstützung."
„Und auch dies mit Recht!" fiel Mr. Pettifogger geschäftig ein. „Siehe das Geständnis, das der Beschuldigte soeben vor unseren Ohren abgelegt hat."
„So daß", fuhr Mr. Wilde fort, „die Regierung nicht umhin konnte, nach langer Beratung folgende Entscheidung zu treffen: Gegen Mr. Tunker wird ein Dienstaufsichtsverfahren eingeleitet."
„Bravo! Bravo!" rief Mrs. Poldi händeklatschend.
„Er wird deshalb bis zur restlosen Klärung der Angelegenheit beurlaubt."
„Gott sei Dank, daß ich jetzt endlich meine Ruhe habe!" polterte der Sheriff los, nahm sich den Sheriff-stern von der Brust und warf ihn auf den Schreibtisch. „Soll ein anderer mit dem Ding da glücklich werden."
„Und mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Sheriffs in Somerset wird einstweilen . .." Mr. Wilde räusperte sich und stockte. Offenbar war ihm das, was er jetzt sagen mußte, eine verdammt bittere Pille.
„Weiter! Weiter!" forderte Mrs. Poldi mit Nachdruck. „Wer wird jetzt unser Sheriff?"
John Watson war kreideweiß vor Aufregung geworden. Wenn jetzt doch noch ein anderer Name als der seinige genannt wurde — die Enttäuschung würde er nicht überleben!
„Wird einstweilen", wiederholte Mr. Wilde langsam, „der bisherige Hilfssheriff, Mr. John Watson beauftragt."
Für eine Sekunde herrschte tiefe Stille. Dann gellte vor der Zimmertür, wo Jimmy natürlich gelauscht hatte, ein wilder Freudenschrei: „Mein Onkel ist Sheriff geworden! Hurra! Wir sind endlich an den Platz gestellt, der uns gebührt!" Und von der Straße her kam ein vielstimmiges, begeistertes Echo: „Hurra, unser Old John ist an der Macht! Nieder mit Tunker! Vivat Watson!"
Der Gefeierte tastete nach einem Stuhl. Seine Freude war so groß, daß sie ihn einfach überwältigte. Ohne Mr. Pettifoggers schnelles Dazwischentreten hätte er sich todsicher auf Mrs. Poldis Schoß gesetzt.
„Gratuliere, lieber John!" jubelte die Witwe. —
„Herzlichen Glückwunsch, Mr. Sheriff 1" sagte Mr. Pettifogger. — „Wenn das man bloß gut geht!" murmelte Mr. Dulles, schickte sich aber doch an, dem neuen Würdenträger die Hand zu schütteln. Mr. Tunker aber brach in ein heiseres Gelächter aus und rief: „Das ist die größte Narretei, die ich je erlebt habe. Armes Somerset, wie wird dir's ergehen?"
Mr. Wilde packte seine Akten zusammen und verließ das Office. Der beurlaubte Sheriff zog sich in seine Privatgemächer zurück. John Watson jedoch, der seine Rührung tapfer herunter geschluckt hatte, ergriff die Macht. Die denkwürdigsten Tage in den Annalen von Somerset begannen.
Noch während der Platz vor dem Office von de» Hochrufen der ehrenwerten Bürger widerhallte, hatte in einer Seitenstraße eine Kolonne schwerer Lastwagen haltgemacht. Die Fahrer sahen sich suchend nach allen Seiten um; dann drängte sich der älteste von ihnen, ein kräftiger, vierschrötiger Mann, zum Amtsgebäude.
„Nun gebt mal Raum", sagte er. „Ich brauche ein« Auskunft; muß den Sheriff sprechen."
„Und weshalb?" fragte Jimmy, der auf der Straße die Ovationen für seinen Onkel entgegennahm. „Nicht so dreist, Gent! Bei uns herrscht Ordnung!"
„Widerlicher Grünschnabel!" brummte der Fahrer. „Aus dem Wege mit dir!" Und als Jimmy sich noch breiter machte, erhielt er einfach einen Rippenstoß. Und der
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