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Das Phantom auf dem Feuerstuhl

Das Phantom auf dem Feuerstuhl

Titel: Das Phantom auf dem Feuerstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Handvoll modriger
Zigarettenreste. Gaby entdeckte eine zerfetzte Tüte mit Bananenschalen, rührte
sie aber nicht an. Oskar beteiligte sich eifrig, hielt die Nase auf den Boden,
schnüffelte prustend und wedelte heftig. Sicherlich glaubte er, es ginge um
einen verlorenen Knochen mit viel Fleisch.
    Die Straße, die sich auf beiden Seiten
der Brücke fortsetzte, war schmal. Drüben führte sie durch den Wald, hier im
großen Bogen über Felder nach Kletterborn.
    Als sich von dort ein Wagen näherte,
hielt Tarzan mit seiner Suche inne.
    Es war ein blauer Personenwagen. Der
Fahrer schien es nicht eilig zu haben.
    Tarzan kniff die Augen zusammen.
Komisch! Der Wagen kam ihm bekannt vor. Noch konnte er den Insassen nicht
erkennen, denn die Sonnenblende war heruntergeklappt. Aber jetzt sah er das
Nummernschild.
    Wie ein Stromschlag durchfuhr es ihn.
    Der Wagen war in der Stadt zugelassen,
wie der Großbuchstabe verriet. Was dann kam, hatte Tarzan gestern abend
wutentbrannt gelesen: Eine 49...
    Das ist er, dachte Tarzan. Der
Mistkerl, der uns gesehen, aber nicht gehalten hat. Gestern unten auf der
Landstraße, heute hier auf der Brücke. Wer ist das? Was macht er hier?
    Gaby, Klößchen und Karl preßten sich
drüben mit ihren Rädern ans Geländer, um den Wagen vorbeizulassen.
    Auch Tarzan trat zur Seite. Aber
gemächlich.
    Das zwang den Mann, noch langsamer zu
fahren.
    Jetzt rollte der Wagen an Tarzan
vorbei. Eine Armlänge vor sich sah er den Mann.
    Er war in mittleren Jahren, hatte ein
flaches, rotes Gesicht mit Sommersprossen und hellen Augen. Das rötliche Haar
war nach hinten gekämmt. Um Mund und Augen lag ein verkniffener Zug.
    Ein Blick streifte Tarzan. Nur für den
Bruchteil einer Sekunde, aber dem Jungen schien es, als hätte er in glitzernde
Augen gesehen. Direkt unheimlich war das.
    Während der Wagen drüben unter den
Bäumen verschwand, prägte Tarzan sich das Kennzeichen ein: Nach der 49 kam noch
eine 63.
    „Habt ihr den eben gesehen? Das ist
der, der nicht gehalten hat. Zumindest ist es der Wagen. Und wahrscheinlich
auch der Fahrer. Beweisen kann ich das zwar nicht. Aber ich irre mich
keinesfalls. Und das Gesicht, finde ich, paßt zu seinem Verhalten. Der sieht
aus, als mag er am liebsten kleine Kinder zum Frühstück.“
    „Vielleicht haben wir eben das Phantom
gesehen“, meinte Klößchen grinsend.
    Tarzan kaute nachdenklich auf der
Oberlippe. „Das ist kein so dummer Gedanke, Willi. Wer sagt denn, daß das
Phantom nur einen Feuerstuhl hat!“
    Lauschend reckte er den Kopf. „Irre ich
mich? Oder ist eben der Motor verstummt?“
    Karl nickte. „Er hält und hat ihn
abgestellt. Sonst müßten wir den Motor noch hören.“
    Unwillkürlich dämpfte Tarzan die
Stimme. „Dann will ich doch mal sehen, was der da im Wald macht.“
    „Wahrscheinlich Pipi“, sagte Klößchen.
    „Dann kann ich immer noch weggucken“,
meinte Tarzan und schwang sich aufs Rad.
    Im Wald verlief die Straße nicht mehr
gerade. Es folgte Kurve auf Kurve. Schon hinter der ersten sahen sie den Wagen.
    Er parkte scharf rechts. Niemand saß
drin.
    „Also doch Pipi“, flüsterte Gaby.
    Tarzan kniff die Augen zusammen.
    Hier standen die Bäume sehr dicht:
Buchen und Fichten, also Mischwald. Farne wuchsen auf dem Waldboden. Durch sie
war eine frische Spur getrampelt — in Richtung Waldrand. Keine hundert Meter
war’s bis dorthin.

    Tarzans Blick folgte der Spur. Unter
den Bäumen hinten bewegte sich was.
    „Dort ist er. Er geht zum Waldrand.
Bestimmt nicht, weil er mal muß. Ich schleiche ihm nach. Vielleicht hat er
irgendwo sein Motorrad versteckt. Bleibt bitte hier. Wenn wir mehrere sind,
bemerkt er uns.“
    Tarzan übergab Karl sein Rad. Klößchen
maulte, er wolle mitkommen. Aber da er sich beim Anschleichen stets so
unauffällig wie ein Nilpferd benahm, mußte er zurückbleiben.
    Geduckt folgte Tarzan der Spur durch
die Farne.
    Der Boden war moosig und feucht.
Lautlos strich ein Eichelhäher durch die Bäume. In den Wipfeln der Fichten
hockten schimpfende Krähen.
    Immer wieder standen Büsche im Weg.
Einige Male konnte Tarzan den Mann sehen. Aber dann verschwand er hinter
Sträuchern am Waldrand und kam nicht mehr hervor.
    Vorsichtig schlich Tarzan näher.
    Hier wuchsen keine Farne mehr.
Fichtennadeln bedeckten den Boden, vertrocknete Äste und Zapfen.
    Tarzan trat behutsam auf. Zuerst mit
der Ferse. Den Fuß ließ er abrollen. Tritt man so versehentlich auf einen
trocknen Ast, zerbricht er nicht so rasch. Und wenn doch, dann

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