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Das Phantom im Netz

Titel: Das Phantom im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Mitnick , William L. Simon
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dieser Ski-Jacke vergessener Zettel.
    Ich habe plötzlich heftiges Sodbrennen und kann nicht mal ans Waschbecken laufen, um auszuspucken. Ich sage den Beamten, dass ich meine Reflux-Medizin nehmen muss. Sie sehen sich das Etikett an und lesen, dass mir das Medikament verschrieben wurde. Doch sie verweigern mir die Einnahme.
    Unglaublich, aber ich konnte sie mir dreieinhalb Stunden vom Leib halten. Ich habe mich fast drei Jahre direkt vor ihren Augen versteckt, und alle haben sie mich gesucht: das FBI, die U.S. Marshals und der Secret Service.
    Aber jetzt ist es vorbei.
    Agent Thomas starrt mich wütend an und verkündet: »Mitnick, das Spiel ist aus!«
    Anstatt mir im Rücken Handschellen anzulegen, bekomme ich Handschellen, Bauchkette und Fußfesseln umgelegt. Sie führen mich zur Tür hinaus. Und ab da weiß ich, dass ich nicht nur für kurze Zeit wegbleiben werde.
Siebenunddreißig
Der Sündenbock vom Dienst
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    I ch zog ins Bezirksgefängnis von Wake County im Stadtzentrum von Raleigh um. Unter der berühmten Gastfreundschaft der Südstaaten verstand man dort etwas ganz anderes. Während der Aufnahmeprozedur betonten die FBI-Agenten immer und immer wieder, dass ich auf keinen Fall auch nur in die Nähe eines Telefons kommen durfte.
    Ich bat jeden Uniformierten, der an meiner Zelle vorbeiging, meine Familie anrufen zu dürfen. Aber sie stellten sich alle taub.
    Eine Gefängniswärterin schien etwas zugänglicher. Ich behauptete, ich müsse mit meiner Familie sprechen, damit sie die Kaution für mich auftreiben konnte. Sie hatte schnell Mitleid mit mir und brachte mich in eine Zelle mit einem Telefon.
    Mein erster Anruf galt meiner Mutter: Oma war zu ihr gefahren, und sie machten sich gemeinsam Sorgen um mich. Sie waren mit den Nerven fertig, wütend und verzweifelt. Wie oft hatte ich ihnen das schon angetan, sie derart leiden lassen, weil ihr Sohn/Enkel wieder im Gefängnis saß, vielleicht für lange Zeit.
    Danach rief ich De Payne an. Alle Anrufe aus Gefängniszellen werden überwacht, daher konnte ich nicht viel sagen.
    »Ja, hallo?«, murmelte ein verschlafener Lewis De Payne. In Kalifornien war es ein Uhr morgens und bereits der 15. Februar 1995.
    »Dies ist ein R-Gespräch«, sagte die Telefonistin. »Wie ist Ihr Name, Anrufer?«
    »Kevin.«
    »Übernehmen Sie die Gebühren?«
    »Ja«, antwortete De Payne.
    »Ich bin heute Abend vom FBI verhaftet worden. Ich bin im Gefängnis von Raleigh in North Carolina. Ich wollte nur, dass du es weißt«, erzählte ich meinem Mitverschwörer.
    Er wusste, dass er wieder einmal sofort in den Säuberungsmodus schalten musste.
    Am nächsten Morgen wurde ich dem Haftrichter vorgeführt. Ich trug noch immer die schwarze Sporthose, die ich beim Besuch im Fitnesscenter zwölf Stunden zuvor, an meinem letzten Abend in Freiheit, getragen hatte.
    Zu meiner Überraschung sind alle Sitze im Gerichtssaal bis auf den letzten Platz mit sich unterhaltenden Menschen besetzt. Und jeder zweite hat einen Fotoapparat oder einen Notizblock in der Hand. Ein wahrer Medienrummel. Als hätte das FBI Manuel Noriega geschnappt.
    Mein Blick fällt auf einen Mann in einer der vorderen Reihen. Ich war ihm noch nie persönlich begegnet, erkannte ihn aber sofort: Tsutomu Shimomura. Das FBI hätte mich wahrscheinlich nie geschnappt, wenn der Einbruch in seine Server ihn nicht so in Rage versetzt hätte, dass er alles stehen und liegen gelassen hatte, nur um mich ans Messer zu liefern.
    Er starrt mich wütend an. Er und seine Freundin lassen mich nicht aus den Augen, besonders sie nicht. John Markoff macht sich eifrig Notizen.
    Die Anhörung dauert nur wenige Minuten und endet mit einer Haftanordnung ohne Kaution und einem weiteren Hinweis, ich dürfe keinen Zugang zu einem Telefon haben.
    Ich kann den Gedanken kaum ertragen: Aber ich wandere wieder in Einzelhaft.
    Ich werde in Handschellen an Shimmy vorbei abgeführt. Er hat gewonnen. Und er hat es ehrlich verdient. Ich nicke ihm zu und ziehe symbolisch meinen Hut vor ihm: »Respekt vor dem Meister«, sage ich zu ihm. Er erwidert das Nicken.
    Als ich in Fesseln aus dem Gerichtsgebäude trete, höre ich mehrere Rufe: »Hey, Kev!« Ich blicke zum Balkon hoch, wo an die hundert Paparazzi ihre Kameras auf mich gerichtet haben, die jetzt reihenweise aufblitzen. Oh mein Gott, denke ich nur. Ich hätte nicht erwartet, dass das so eine Riesensache ist. Ich

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