Das Phantom im Netz
meines Anwalts, was mein Recht auf Vertraulichkeit der anwaltlichen Beratung verletzte. Ich erklärte ihm, er solle damit aufhören. Er machte einfach weiter. Ich warnte ihn, dass mein Anwalt eine gerichtliche Anordnung erwirken würde, die ihn dazu zwingen würde. Er ignorierte mich.
John erwirkte die Anordnung. Der Direktor musste ihr Folge leisten, aber er war so wütend darüber, dass er einen Antrag auf meine Verlegung in ein anderes Gefängnis stellte, dem stattgegeben wurde. Im Vergleich zum Vance-Bezirksgefängnis war Johnston ein Mittelklassehotel gewesen.
Ein Polizist, der mit seinem starken Südstaatenakzent wie eine schlechte Parodie auf alte Südstaatenfilme klang, lachte und meinte: »Sie sind der erste Häftling, der aus einem Gefängnis rausgeflogen ist!«
Nach etwa fünf Monaten Gefängnishaft riet mir mein vom Gericht bestellter Verteidiger in Raleigh, John Dusenbury, ich solle einer Regelung zustimmen, die als »Rule 20« bekannt ist. Es bedeutete, dass ich mich in einem Fall des Besitzes einer Handynummer mit zugehöriger ESN schuldig bekannte. Im Gegenzug dafür plädierte die Staatsanwaltschaft auf eine Verurteilung zu acht Monaten Haft, mir drohten jedoch immer noch bis zu 20 Jahre, wenn der Richter der Empfehlung nicht folgte. Aber Richter Terence Boyle akzeptierte den Deal und ging sogar darüber hinaus. Mein Fall wurde an das Gericht in Los Angeles verwiesen, auch wegen des dort noch schwebenden Verfahrens wegen des Verstoßes gegen die Bewährungsauflagen. Und das bedeutete meine Verlegung von Raleigh nach Los Angeles.
Diese war überraschend furchtbar. Bundesgefängnisse sind für eine Strafmaßnahme berüchtigt, die als »Dieseltherapie« bekannt ist. Manche Häftlinge halten sie für das Schlimmste an der Haft überhaupt. Ein einfacher Transport wird absichtlich über Tage oder manchmal sogar Wochen hingezogen. Unterwegs machen die sadistischen Wachen den Gefangenen das Leben zur Hölle, so gut sie können.
Morgens um halb vier werden die Häftlinge für den Transport geweckt, in einem großen Raum versammelt, ausgezogen und einer Leibesvisitation unterzogen. Eine Kette um die Taille des Häftlings ist auf Bauchhöhe mit den Handschellen verbunden, sodass man die Arme kaum bewegen kann. Auch die Füße sind gefesselt, sodass man kaum gehen oder sich bewegen kann. Dann werden die Gefangenen für eine achtstündige Fahrt in einen Bus verladen. Irgendwann wird in irgendeiner Stadt angehalten, wo alle aussteigen und jede Nacht in einer anderen Zelle verbringen, bis sie am nächsten Morgen geweckt werden und das Spiel wieder von vorn beginnt. Das geht so lange weiter, bis man schließlich völlig erschöpft sein Ziel erreicht.
Während meiner Dieseltherapie nach Los Angeles war ich mehrere Wochen in Atlanta inhaftiert. Das dortige Bundesgefängnis war das grausigste Gefängnis, das ich während meiner gesamten Haft erlebte. Die hohen Gefängnismauern haben eine Krone aus NATO-Draht. Es kommt kein Zweifel daran auf, dass man in einen Kerker wandert. An jedem Eingang gibt es elektronische Torschließanlagen. Je tiefer man in das Gefängnisgelände vorstößt, umso mehr kapiert man, dass man hier nicht mehr rauskommt.
Als ich endlich verlegt wurde, flog man mich zu mehreren Gefängnissen in verschiedenen Bundesstaaten. Als ich in Los Angeles ankam, war meine Laune auf dem Tiefpunkt angelangt. Als ich aus dem Flugzeug trat, erwartete mich ein U.S.-Marshal mit einem breiten Grinsen im Gesicht und sagte: »Hey, Mitnick! Haben die U.S.-Marshals Sie doch noch geschnappt! Wir sind eben die Besten.«
»Die U.S.-Marshals hatten mit der Verhaftung gar nichts zu tun«, entgegnete ich. »Das war der Verdienst eines schlauen Zivilisten, der dem FBI zugearbeitet hat.«
Der Polizist sah dumm drein, und die anderen Häftlinge lachten.
In Los Angeles wurde ich angeklagt, gegen meine Bewährungsauflagen verstoßen zu haben, als ich mich in die Voicemail des Sicherheitsangestellten von Pacific Bell gehackt hatte, sowie in weiteren, leichteren Fällen wegen meiner Kontakte zu Lewis De Payne.
Nach zehn Monaten legte mir mein kostenloses Zwei-Mann-Anwaltsteam einen Deal vor, den Bundesstaatsanwalt Schindler angeboten hatte. Ich traute meinen Ohren kaum: Acht Jahre Gefängnis! Und das war noch nicht einmal das Schlimmste daran. Es handelte sich um eine »unverbindliche Übereinkunft«, was bedeutete, dass ein Richter nicht an die Empfehlung des Anklägers gebunden war, sondern auch eine sehr viel
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