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Das Phantom im Opernhaus

Das Phantom im Opernhaus

Titel: Das Phantom im Opernhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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die Sprache wieder. Sie strich sich über eine rote Stelle an der Stirn, die offensichtlich von der Attacke ihres Mannes herrührte, und behielt die Hand am Kopf, als wolle sie die Blessur vor Paul verbergen. »Wie sind Sie hier hereingekommen?«
    »Die Tür war nur angelehnt …«, begann Paul zu erklären und wunderte sich über die abweisende Haltung der Frau. Immerhin hatte er durch sein Auftreten vielleicht Schlimmeres verhindert.
    »Machen Sie, dass Sie rauskommen!«, blaffte sie ihn an.
    Ricky Haas berührte sie sanft am Arm. »Kein Grund zur Aufregung«, sagte er. »Das ist ein Kollege. Unser neuer Bühnenfotograf. Wollte sicher nur schauen, wo ich bleibe.« Er lächelte Paul zu. »Habe ich recht?«
    Paul sah Frau Haas erwartungsvoll an. Doch es war offensichtlich, dass sie ihn nicht als ihren Retter sah. Mit trotziger Miene schüttelte sie jetzt ihr Haar aus. »Ja«, sagte er widerwillig. »So war es.«
    »Also, dann.« Haas fasste ihn freundschaftlich am Ellenbogen und bugsierte ihn aus der Küche. Lisbeth Haas schaute Paul böse hinterher. Als Haas sich im Flur seinen Trenchcoat anzog, raunte er verschwörerisch: »Nehmen Sie ihr die schlechte Laune nicht krumm. Sie ist halt eine Frau – Sie wissen schon …«

24
    Es war ein ungewohntes Bild, das Paul anrührte, gleichzeitig aber auch ein wenig ängstlich machte. Blickte er da gerade in seine eigene nahe Zukunft?
    Katinka saß in der gemütlichen Erkernische des Goldenen Ritters, dem bevorzugten Stammplatz des Paares. Sie wirkte zufrieden und ausgeglichen, und mit sanftem Schaukeln entlockte sie dem winzigen Paket in ihren Armen glucksende Töne des Glücks.
    »Willst du sie auch mal nehmen?«, fragte sie, als Paul sich zu ihr setzte. »Ist sie Jan-Patrick nicht wie aus dem Gesicht geschnitten?«
    Paul betrachtete den süßen Nachwuchs des Küchenmeisters und strich ihm behutsam über die weichen Pausbäckchen. »Die Augen hat sie aber von Marien. Und – Gott sei Dank! – auch das kleine Stupsnäschen.«
    »Das kann sich später noch auswachsen«, bemerkte Katinka nüchtern. Dann lachte sie leise: »Scherz beiseite. Die Kleine wird ganz sicher mal eine richtige Schönheit. Eine Prinzessin! Schon ihr Name klingt doch wie eine Melodie: Lena-Michelle …«
    »Da haben sich die Eltern etwas Nettes einfallen lassen«, stimmte Paul zu. »Eine länderübergreifende Wahl, die altfränkische Lena kombiniert mit der französischen Michelle.«
    Als die stolze Mama ihnen das Baby wenig später abnahm, war Jan-Patrick bereits mit dem Notizblock zur Stelle, um ihre Bestellung aufzunehmen.
    »Für mich nur ein Süppchen, bitte«, schränkte Katinka ihre Ansprüche von vornherein ein. »Ist so etwas in deiner aktuellen Wald- und Wiesenküche vorgesehen?«
    »Selbstverständlich«, sagte der Wirt und verkündete mit geschwellter Brust: »Meine Kartoffelsuppe ist genau das Richtige für den kleinen Hunger. Ich würze sie mit jungen Blättern und Wurzeln der Glockenblume, Waldpilzen in hauchdünnen Scheiben und wildem Quendel.«
    »Wildem was?«, fragte Katinka.
    »Quendel. Ein wilder Verwandter des Thymians und bedauerlicherweise aus der Mode gekommen. Ihr wisst doch: Ich liebe Gerichte mit viel Aroma. Mit Säure, Süße, Schärfe …«
    »Klingt lecker«, meinte Paul, doch sein leerer Magen verlangte nach mehr. Nach einem Blick in die Tageskarte bestellte er das Hasenragout mit fränkischer Paprika unter Kräuterteigblättern.
    Paul und Katinka scherzten, lachten, schmusten und genossen das vorzügliche Mahl. Sie sprachen über ihre Heiratspläne, zogen mögliche Hochzeitstermine in Erwägung und begannen damit, eine erste grobe Gästeliste zu erstellen, wobei sie Herthas Mahnung zur Gleichbehandlung der Familien zu berücksichtigen versuchten. Auch über das Ziel einer Hochzeitsreise diskutierten sie, waren sich in ihrem Wunsch nach einer Kreuzfahrt schnell einig und gingen die meistversprechenden Zielhäfen durch. Nur eines taten sie nicht – über die Morde im Opernhaus sprechen.
    Beide verdrängten das unangenehme Thema so lange wie möglich, und doch schwebte die dunkle Bedrohung durch mögliche weitere Gewalttaten über ihnen und drückte allmählich auf die unbeschwerte Atmosphäre.
    Schließlich brach Paul das Tabu und legte den Fotoausdruck mit dem Halstuch zwischen die Teller und Gläser. »Ich war bei Irenas Eltern«, offenbarte er wieder einmal sein eigenmächtiges Handeln.
    Statt ihn zu rügen, hörte Katinka aufmerksam zu, was Paul ihr zu sagen hatte.

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