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Das Phantom im Opernhaus

Das Phantom im Opernhaus

Titel: Das Phantom im Opernhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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sichergestellten Spuren waren. Doch Jasmin hatte etwas anderes im Sinn: »Textilfasern helfen uns nur bedingt weiter, da sich zu viele Neugierige an den Tatorten herumgetrieben und das Umfeld regelrecht verseucht haben. Wir konzentrieren uns augenblicklich auf eine Spur, die wir unmittelbar am Körper des zweiten Toten sicherstellen konnten. Es sind pigmentierte und lichtbrechende Bruchstücke.«
    »Kannst du das auch auf Deutsch sagen, damit es der Laie versteht?«
    »Wir haben Splitter von Fingernägeln gefunden sowie eine kleine Menge an Farbpartikeln. Eine erste DNA-Analyse der Nagelsplitter ergab zwar keine Übereinstimmung mit einem Kandidaten aus unserer Täterdatei. Aber aus der Farbe lassen sich womöglich Rückschlüsse ziehen. Weißt du, Farbe ist ein Kompositmaterial: Ein organisches Bindemittel hält eine Mischung aus Pigmenten und Pulvern zusammen. Im Querschnitt durch die Farbschicht – da genügt ein relativ einfaches elektronenmikroskopisches Bild – kann man zwischen dunklen Kreisen, den Farbpigmenten, und kleineren Partikeln unterscheiden. Diese kleineren Partikel brechen das Licht, um die Farbe lichtundurchlässig zu machen.«
    »Das klingt ja alles ganz toll – aber worauf willst du hinaus?«
    »Lass mich das kurz zu Ende führen: Um ganz sicher zu gehen, geben wir die Farbsplitter ans LKA zur Untersuchung der energiedispersiven Röntgenfluoreszenz. Die Kollegen dort erzeugen elektromagnetische Wellen mit wesentlich kürzerer Wellenlänge als die des ultravioletten Lichts.«
    »Jasmin! Lass dein Ingenieurstudium stecken und sag mir einfach, worum es geht!«
    »Na, gut: Es geht darum, die Marke eines ganz bestimmten Fingernagellacks zu identifizieren.«
    Der Satz traf Paul wie ein Schlag in die Magengrube. Nagellack! Wieder eine Spur, die auf eine Frau hindeutete – also doch Irena! Auch Haas war damit von der Liste der Verdächtigen zu streichen. Zumindest Herr Haas … – Plötzlich erwachte in Paul ein anfangs unbeachteter Verdacht neu: Hatte der Regisseur nicht seiner Frau vorgehalten, sie besitze selbst kein Alibi? Sollte es Lisbeth Haas sein, die hinter allem steckte?
    Die notwendigen Ortskenntnisse dürfte sie durch den Beruf ihres Mannes besitzen. Aber konnte sie ein Motiv haben, Baumann und Klinger umzubringen? Klinger vielleicht, wenn an den Anschuldigungen ihres Mannes etwas dran war, aber Baumann – wohl kaum.
    »Paul? Bist du noch am Apparat? Oder habe ich dich mit meinem Fachchinesisch vergrault?«
    »Bin noch dran.« Nun wollte er es wissen: »Was macht ihr, wenn ihr den Nagellack eurer Hauptverdächtigen zuordnen könnt? Wartet ihr trotzdem den Opernball ab, bevor ihr zuschlagt?«
    »Das kannst du vergessen«, sagte Jasmin hart. »Eine solche Spur, die ja unmittelbar vom Leichnam stammt, wäre ausreichend für einen Haftbefehl. Ich kann mir nicht vorstellen, dass deine Freundin Katinka es dann länger hinauszögern könnte – selbst wenn ihr Chef ein noch so großer Klassikfan ist.«
    Als Jasmin aufgelegt hatte, blieb ein grüblerischer Paul Flemming zurück, der noch eine ganze Weile auf das Handy in seiner Hand starrte und sich in diversen Schlüssen aus dem gerade Gehörten versuchte. Erst als er aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahrnahm, hob er den Blick: Am Ende des Flurs stand Hans. Der Beleuchter sah zu ihm herüber, machte aber keine Anstalten, näherzukommen. Paul lächelte ihm zu und wollte ihm entgegengehen, als Hans abrupt kehrt machte und hinter der nächsten Biegung verschwand.
    Paul blieb einen Moment lang konsterniert stehen, dann aber rief er Hans laut beim Namen und eilte ihm nach. Als er um die Ecke bog, sah er den Beleuchter wieder vor sich. In etwa zehn Metern Entfernung wandte sich Hans nach Paul um, um sein Tempo gleich darauf erneut zu erhöhen. Paul fand dieses Verhalten mehr als seltsam und beschleunigte ebenfalls. Bald war der Eingang zur Hauptbühne des Opernhauses erreicht. Hans riss die stählerne Feuerschutztür auf und verschwand im dunklen Schlund des unbeleuchteten Bühnenhauses.
    Paul wusste: Wenn er Hans jetzt aus den Augen verlor, hatte er keine Chance, den Beleuchter im unübersichtlichen Bühnenhimmel wiederzufinden und ihn auf sein absonderliches Verhalten anzusprechen. Er setzte alles daran, Hans einzuholen, bevor dieser den Schnürboden erreichte, und sprintete los. Beinahe stolperte er im Halbdunkel über ein Scheinwerferkabel, fand aber das Gleichgewicht wieder und setzte Hans nach. Als dieser die Leiter zur Arbeitsgalerie

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