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Das Phantom im Schokoladen-Museum

Das Phantom im Schokoladen-Museum

Titel: Das Phantom im Schokoladen-Museum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Glockners, denn Gaby musste sich abschminken und umziehen.
Als Poldine Flinkmöwe wollte sie sich nicht sehen lassen. Karl war bereits da
und Tim informierte ihn über alles.
    Klößchen lieh sich Gabys Bike,
ließ sich Geld geben von seinem Onkel und fuhr zur Theaterkasse am
Kongresshaus, wo sicherlich schon eine Menschenschlange bis zur Hausecke
reichte.
    „Ich meine“, sagte Tim, während
er mit Gaby Hand in Hand durch die Straßen der Altstadt schlenderte, „Tippgen
ist der bullige Bandit, ist es mit einer Wahrscheinlichkeit von 93 bis 94
Prozent. Darin stimmen wir überein. Gut. Er ahnt nicht, dass wir ihn aufs Korn
genommen haben. Unser Verhalten war völlig arglos. Der Kerl hat ein bisschen
geschwitzt. Aber sicherlich steigt alle naslang zu ihm jemand ein, den er
irgendwann mal beraubt hat. Unser Problem ist: Wie überführen wir Tippgen? Wie
können wir ihn entlarven? Und den andern auch. Ich werde deinen Vater bitten,
dass er Dennis einschaltet. Der muss Tippgen beschatten. Das kann zwar dauern.
Aber sobald der Kerl wieder loszieht als Straßenräuber, haben wir ihn.“
    „Du hast wieder mal an alles
gedacht und alles gesagt.“ Gaby schüttelte seinen Arm. „Ich kann nur noch
zustimmen.“
    „Du hast mitgedacht“, lachte
er. „Das ist die Hauptsache. Wer den Mund aufmacht — das losen wir demnächst
aus.“ Er sah auf die Uhr. „O weh! Ich muss mich beeilen.“
    „Training?“
    „Zwei Stunden im Karate-Club.“
    „Ich habe um halb vier
Schwimmtraining.“
    „Grüß die anderen Nixen von
mir.“
    Sie hatten die Ecke erreicht,
wo sie sich trennen mussten. Aber Tim erhielt noch sein Bussi.
     
    *
     
    Klößchen zählte die Leute, die
vor ihm standen.
    Es waren 17, nein, jetzt nur
noch 16: Denn der dicke Mann im groß karierten Anzug hatte eben an der
Theaterkasse seine Karten gekauft und schob ab.
    Die Leute bildeten eine etwas
gekrümmte Schlange. Gekrümmt wegen der Säule, die das Vordach des
Kongresshauses trägt, aber eindeutig im Weg steht.
    Diese 16 — jetzt nur noch 15 —
waren ein Drittel der Gesamtschlange. Hinter Klößchen setzte sie sich fort —
tatsächlich bis zur Hausecke.
    Wäre ein Witz, dachte er, wenn
es unmittelbar vor mir heißt: Ausverkauft. Aber kein Weltuntergang. Onkel Waldo
würde sich trösten. Und ich wäre nachher im Präsidium bei Kommissar Glockner
dabei, wenn wegen Tippgen beraten wird. Hm, hm! Eigentlich gehe ich nur Waldo
zuliebe in den Musentempel. Unsere Ermittlungen sind wichtiger. Und hier — hah!
weshalb quatscht der so laut — und hier passiert garantiert nichts, was uns
voranbringt in der Sache.
    „...bin ich schon von
Kindesbeinen an leidenschaftlicher Theaterfreund“, verkündete der Mann.
    Ihm galt Klößchens gedanklicher
Fluch. Und wirklich, der Typ redete zu laut. Offenbar hörte er sich selbst gern
zu. Der andere, mit dem er sich unterhielt, konnte kaum ein Wort anbringen.
    Die beiden waren hinter
Klößchen, aber der drehte sich nicht um.
    Stattdessen schob er die linke
Hand in die Tasche, wo die Geldscheine steckten.
    Erste Reihe wäre gut, überlegte
er. Vielleicht bleiben die Darsteller bei den Gesangsnummern stecken. Und die
Souffleuse muss ihnen was zuzwitschern. Wäre lustig, wenn wir’s hören.
    „...sah ich voriges Jahr in
Berlin ein ganz tolles Musical“, blökte der Kerl mit den kräftigen
Stimmbändern.
    „Sie meinen Jesus Christ
Superstar?“, fragte der andere.
    „Nein. Es war das mit
Westen...“
    „Westen — als Kleidungsstück?“
    „Nein, als Himmelrichtung.“
    „Vielleicht West Side Story?“
    „Jaja, so hieß es. Besonders
hat mir der Song ,Hello, Dolly’ gefallen.“
    „Der ist aber aus dem
gleichnamigen Musical ,Hello Dolly’.“
    „Was? Mag ja sein. Aber... für
die West Side Story hat man ihn ausgeliehen. Bei modernen Aufführungen ist das
üblich. Wissen Sie wohl nicht, wie?“
    Idiot!, dachte Klößchen.
    Dann setzte sein Herzschlag
aus.
    Die Stimme! Die Stimme des
Lauten! Ja, um Himmels willen! Wo habe ich denn meine Ohren? Das ist er, der
Schweinetreiber! Der große Hagere, der Autobahn-Pirat!
    Ein Schauder spazierte mit
eiskalten Füßen über Klößchens Rückgrat. Magermilch-Blässe überzog sein
Gesicht, Bauchschmerzen und Kniereißen stellten sich ein — aber nur für 45
Sekunden.
    Dann rückte die Schlange vor —
und Klößchen erreichte die Säule. Mit einem Seitschritt wich er an dem
polierten Marmor nach links. Ein Aufatmen weitete die Brust. Die Säule
bedeutete keineswegs Sicherheit.

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