Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Phantom von Manhattan - Roman

Titel: Das Phantom von Manhattan - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth Wulf Bergner
Vom Netzwerk:
Hammerstein,
der bereits ein Opernhaus eröffnet und damit Pleite gegangen ist, war dabei, ein neues zu finanzieren und zu errichten. Ich wurde sein stiller Teilhaber. Unser Manhattan Opera House wird im Dezember eröffnet werden und die Met in den Schatten stellen. Dafür ist uns nichts zu teuer. Der große Bonci wird einer der Stars sein, aber vor allem wird die Melba, ja die Melba, kommen und singen. Hammerstein hält sich in diesem Augenblick in Garniers Grand Hôtel am Boulevard des Capucines in Paris auf und gibt mein Geld dafür aus, sie nach New York zu locken.
    Ein nie dagewesener Erfolg. Ich werde diese Snobs - die Vanderbilts, Rockefellers, Whitneys, Goulds, Astors und Morgans - im Staub kriechen lassen, bevor ich ihnen gestatte, die große Melba singen zu hören.
    Was den Rest der Menschheit betrifft, blicke ich in die Ferne und nach unten. Ja, und zurück. Ein Leben voller Qualen und Zurückweisungen, voller Angst und Haß: Ihr haßt mich, und ich hasse euch. Nur ein Mensch hat mir Freundlichkeit und Güte erwiesen, hat mich aus einem Käfig befreit, in einen Keller und dann auf ein Schiff gebracht, als alle anderen mich wie einen Fuchs gejagt haben; eine Frau, die zu mir wie eine Mutter gewesen ist.
    Und eine andere, die ich geliebt habe, aber die meine Liebe nicht erwidern konnte. Du verabscheust mich auch dafür, Menschheit? Weil ich eine Frau nicht dazu bringen konnte, mich als Mann zu lieben? Aber es hat einen Augenblick, einen kurzen Moment
gegeben - wie für Chestertons Esel »eine weit wildere und süße Stunde« -, in dem ich geglaubt habe, vielleicht geliebt zu werden … Asche, Schlacke, nichts. Es soll nicht sein. Niemals. Deshalb bleibt mir nur jene andere Liebe: meine Ergebenheit für den Meister, der mich nie im Stich gelassen hat - und ihn werde ich mein ganzes Leben anbeten.

3
    DIE VERZWEIFLUNG DES ARMAND DUFOUR
    Broadway, New York City,
Oktober 1906
     
     
     
     
     
    I ch hasse diese Stadt. Ich hätte niemals herkommen sollen.Weshalb um Himmels willen bin ich hergekommen? Auf Bitten einer Frau, die in Paris gestorben ist und nach allem, was ich weiß, auch geistesgestört gewesen sein könnte. Und natürlich wegen des Beutels mit Napoléons d’or. Aber selbst den hätte ich nie nehmen sollen.
    Wo ist dieser Mann, dem ich einen vermutlich sinnlosen Brief übergeben soll? Pater Sebastien konnte mir nur sagen, er sei grausig entstellt und müsse deshalb auffallen. Aber das Gegenteil ist der Fall; er ist unsichtbar.
    In mir wächst von Tag zu Tag die Gewißheit, daß er hier niemals angekommen ist. Bestimmt haben die Beamten der Einwanderungsbehörde auf Ellis Island ihm die Einreise verweigert. Ich bin dort gewesen - welch ein Chaos! Alle Armen und Entrechteten dieser Welt scheinen nach Amerika zu strömen, und die
meisten von ihnen bleiben gleich in dieser schrecklichen Stadt. Ich habe noch nie so viele Elendsgestalten gesehen: Kolonnen erbärmlicher Flüchtlinge, übelriechend, nach der Überfahrt in stinkenden Zwischendecks von Läusen befallen, zerlumpte Bündel mit ihrer gesamten Habe umklammernd, in endlosen Reihen durch diese kahlen Gebäude auf dieser tristen Insel schlurfend. Über ihnen allen ragt auf der anderen Insel die Statue auf, die wir ihnen geschenkt haben. Die Frau mit der Fackel. Es wäre vernünftiger gewesen, man hätte Bartholdi aufgefordert, seine verdammte Statue in Frankreich zu lassen und den Yankees statt dessen etwas Nützlicheres zu schenken. Vielleicht eine komplette Ausgabe des Dictionnaire Larousse, damit sie eine zivilisierte Sprache hätten lernen können.
    Aber nein, wir mußten ihnen etwas Symbolisches zum Präsent machen. Jetzt haben sie es in einen Magneten verwandelt, der alle menschlichen Wracks in Europa und weit darüber hinaus anzieht, die auf der Suche nach einem besseren Leben sind. Quelle blague! Sie sind verrückt, diese Yankees. Wie können sie jemals hoffen, eine Nation zu werden, indem sie solche Leute ins Land lassen? Die Ausgestoßenen aller Weltgegenden zwischen Bantry Bay und Brest-Litowsk, zwischen Trondheim und Taormina. Was erwarten sie sich davon? Daß eines Tages aus diesem Pöbel eine reiche und mächtige Nation entsteht?
    Ich habe den Leiter der Einwanderungsbehörde aufgesucht. Zum Glück hatte er einen Mann an der Hand, der Französisch sprach. Er sagte, obwohl man nur wenige
abweise, würden erkennbar Schwerkranke oder Verkrüppelte nicht ins Land gelassen, so daß der Gesuchte wahrscheinlich zu dieser Gruppe gehört

Weitere Kostenlose Bücher