Das Pharma-Kartell
ausgemacht. Was meinen Sie, gehen wir?“
„Ich danke Ihnen, möchte Sie aber nicht aufhalten… Ich will mit Madame Emma und dem Hausmädchen reden.“
„Was denn?“, sagt er verwundert. „Doktor Enzo Larchey ist jetzt das Wichtigste. Ich warte solange wie nötig. Ich finde schon was, um die Zeit zu nutzen… Ich bitte Sie! Wenn Sie fertig sind, geben Sie mir Bescheid. Ich bin oben.“
Ich lasse Kylian Fabre bei seinem Kaffee sitzen und begebe mich auf die Suche nach Madame Emma.
Im Office ist sie nicht. Es stellt sich heraus, dass sie in ihrem Appartement ist und sich nicht überrascht zeigt, als sie mich sieht. Ich entschuldige mich, dass ich störe, müsse aber mit ihr reden. Zehn Minuten, nicht länger.
„Bitte Monsieur, treten Sie näher!“ Sie bittet mich herein. „Es ist nicht aufgeräumt, Sie müssen entschuldigen.“
Natürlich stimmt das nicht. Alles ist blitzblank. Die Wohnung ist klein, sie lebt allein hier. Ein Zimmer mit einem Fenster zum Garten und ein Schlafraum mit offenem Bogen und einem Vorhang. Überall herrscht Ordnung, nur ist alles zu sehr mit Kleinkram vollgestellt. Väschen und Aschenbecher aus Kristall stehen an den unvermutetsten Stellen, und man kann nicht unterscheiden, was Vasen und was Aschenbecher sind. An den Wänden hängen kleine Wandteppiche in Goldrahmen, hinter den Glasscheiben des eingebauten Bücherschranks ist eine Kollektion wunderlicher Glastiere mit großen Augen versammelt. Es berührt mich nicht peinlich, sondern einfach seltsam, weil ich bei Madame Emma keinen solchen Geschmack erwartet hatte.
Ich nehme nach ihrer Aufforderung Platz, wobei ich Angst habe, eins der Väschen umzureißen. Madame Emma öffnet eine kleine Bar im Bücherschrank und fragt: „Was möchten Sie trinken, Monsieur? Portwein… Martini on the rocks?“
„Am besten nichts, Madame.“
„Dann einen Araminz.“
Ich weiß nicht, was Araminz ist, und meine Neugier siegt. Auf das Tischchen vor mir werden zwei Gläser mit einer ungewöhnlichen goldgelben Flüssigkeit hingestellt. Madame Emma setzt sich in den Sessel neben mir und hebt das Glas.
„Á la vôtre, Monsieur!“
Sie ist eine angenehme Frau und benimmt sich ganz natürlich. Durch den Umgang mit allen möglichen Leuten in der Pension hat sie ein sicheres Auftreten und zugleich ein sehr genaues Gefühl für Maß bekommen. Sie scheint durch Larcheys Verschwinden auch nicht allzu sehr beunruhigt zu sein. Wahrscheinlich meint sie, dies sei ein gewöhnlicher Zwischenfall in der Pension, der bald mit einem guten Ende abgeschlossen sein wird. Und der Araminz stellt sich als starker, aromatischer Orangensaft mit einen Schuss Nanaminze heraus.
„Ich bedaure außerordentlich, Madame“, beginne ich, „dass wir Ihnen Unannehmlichkeiten bereiten, aber es müssen einfach ein paar Dinge geklärt werden…“
Sie hört ernst zu und mustert mich aufmerksam mit ihren schwarzen Augen. Das klassische griechische Profil verleiht ihr ein etwas strenges Aussehen, aber es wird durch das dichte schwarze Haar gemildert, das mit wohlüberlegter Nachlässigkeit aufgesteckt ist.
„Ich brauche ein paar Einzelheiten“, fahre ich fort. „Gestatten Sie, dass ich Ihnen ein paar Fragen stelle?“
„Selbstverständlich! Ich bringe bisweilen… eh, die Worte durcheinander, Sie müssen mir helfen.“
„Aber Sie sprechen doch ausgezeichnet französisch , Madame! Sie benötigen keine Hilfe.“
Sie hört es wirklich schrecklich gern, wenn man ihr Französisch lobt. Und alles, was recht ist, sie spricht ganz gut, was eine große Erleichterung bedeutet.
„Seit wann kennen Sie Doktor Larchey, Madame?“
„Moment!“ Sie rechnet etwas im Kopf nach. „Seit März vorigen Jahres, da ist er in die Pension gezogen.“
„Können Sie mir sagen, mit wem er am häufigsten beisammen war?“
Sie schweigt. Es ist offensichtlich, dass sie einer Antwort ausweichen will.
„Legen Sie meine Frage nicht falsch aus“, bohre ich weiter.
„Ich muss alles wissen.“
„Verstehe. Mit wem er zusammenkommt? Mit den Gästen aus seiner Etage: Herrn Fabre, dem Ehepaar Cellard, Orrye… Sie sehen im Salon fern.“
„Besuchen ihn außer Ihren Gästen andere Leute?“
Sie schweigt wieder.
„Bitte!“
„Ich kenne sie kaum, Monsieur! Jeder hat Freunde. Inspektor Samat hat auch schon danach gefragt.“
„Trotzdem. Wen von den Freunden Doktor Enzo Larcheys kennen Sie?“
„Ein Herr hat nach ihm gefragt, ein Ingenieur… Und dann noch eine Dame. Wie sie heißt, weiß
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