Das Pharma-Kartell
ich nicht.“
Sie weiß sehr gut, wie sie heißt, aber ich habe keinen Grund, länger auf dieser Frage zu bestehen.
„Haben Sie Doktor Larchey Donnerstag früh gesehen? Ist er zum Frühstück heruntergekommen?“
„Ja, er war unten. Wie immer… vor sieben.“
„Wie hat er ausgesehen? Haben Sie mit ihm gesprochen?“
„Er war ein bisschen, wie soll ich sagen… dunkel.“
„Finster?“
„Ja, genau. Danach müssen Sie Jamila fragen, Monsieur.
Und Jonah.“
„Wieso Jonah?“
„Der wird Ihnen sagen, dass der Doktor Larchey spät nach Hause gekommen ist. Nachts macht Jonah auf.“
„Ist er allein gewesen?“
Das weiß sie nicht. Darüber hat sie mit Jonah nicht gesprochen.
„Und morgens ist der Doktor Enzo Larchey gemeinsam mit den anderen zur Arbeit gegangen?
Haben Sie gesehen, wann er am Nachmittag zurückgekommen ist?“
„Um halb sechs, Monsieur, dann kommen die von der ersten Schicht.“
„Und die von der zweiten?“
„Um… zehn. Sie bleiben in der Stadt und kommen spät.“
„Das heißt, Ihre Gäste der ersten Schicht gehen nach sieben weg. Und die von der zweiten?“
„Um zwölf.“
„Und treffen gegen neun Uhr abends wieder ein. Das bedeutet, dass zwischen zwölf Uhr mittags und fünf Uhr nachmittags so gut wie niemand in der Pension ist?“
Sie lächelt.
„Nun, ich bin ja da. Und Jamila. Auch ein paar von den Frauen.“
„Kam Doktor Larchey häufig mit der zweiten Schicht zurück?“
„Ja, er arbeitet sehr viel, Monsieur. Wenn er zuhause ist, sitzt er die ganze Nacht über Büchern. Kommt herunter und macht sich mit der Maschine Kaffee…“
„Doktor Enzo Larchey ist schon den vierten Tag weg, Madame. Ist das schon einmal vorgekommen, dass er so… ohne etwas zu sagen…?“
„Nein… ich habe nichts bemerkt.“
„Was glauben Sie, könnte mit ihm passiert sein?“
„Ich weiß nicht, Monsieur. Manchmal machen Männer so etwas.“
In ihren schwarzen Augen funkeln spöttische Fünkchen. „Dann tauchen sie wieder auf.“
Das also ist der Grund für ihre Ruhe. Sie hält das Wegbleiben Doktor Larcheys für eine gewöhnliche Frauengeschichte. Ich habe keinen Anlass, sie von dieser Meinung abzubringen. So ist es besser.
„Hoffentlich haben Sie recht, Madame. Und wo könnte ich jetzt Jamila finden und mit ihr sprechen?“
„Ich hole sie her, Monsieur! Wäre es Ihnen recht?“
Natürlich ist es mir recht. Sie geht hinaus, um Jamila zu suchen, ich überlege mir die Fragen an das Mädchen und mustere zerstreut das Zimmer. Irgendetwas fehlt mir bei aller Überladenheit in diesem Raum. An der Wand hängen neben den Teppichen Aufnahmen. Die kleine Emma mit Vater und Mutter. Die größere Emma mit einem Jungen, vermutlich ihrem Bruder, vor Sacrè Coeur in Paris aufgenommen. Ein weiteres Foto von ihrem Bruder. Ansichten von Al Agadir und irgendeiner anderen Stadt. Ein paar Flachreliefs mit Bildern.
Mir fehlt das Foto eines Mannes. Und eines Kindes. Das ist im Moment völlig unwichtig, fällt mir aber auf.
Inzwischen hat Madame Emma die verlegene Jamila hereingebracht. Ich kann machen, was ich will, in ihren Augen bin ich einer von der Polizei. Mit ein paar harmlosen Fragen will ich sie für mich einnehmen. Madame Emma übersetzt und erklärt, dass es um den Doktor Enzo Larchey aus der zweiten Etage gehe.
Ja, Jamila räumt das Zimmer des Doktors auf. Sie hat einen Schlüssel zu diesem Zimmer. Wenn sauber gemacht werden muss, hinterlässt der Doktor Enzo Larchey den Schlüssel im Postfach beim Empfang. Tagsüber hat sie den Schlüssel bei sich, am Abend tut sie ihn dahin zurück. So weiß sie jeden Morgen, welche Zimmer dran sind.
Das heißt, die zweiten Schlüssel sind im Office, manchmal die ganze Nacht? Anscheinend malt sich auf meinem Gesicht Unwille, denn Madame Emma ist leicht gekränkt und erklärt: „Ich verbürge mich für das Personal!“
Ich beeile mich, sie zu beruhigen, dass ich niemanden im Verdacht habe. Nach den Schlüsseln erkundige ich mich, weil mich im Augenblick etwas anderes interessiert.
„Am Freitagmorgen war der Schlüssel also im Office?“
Jamila bestätigt es.
„Und Sie sind hinaufgegangen und haben sauber gemacht?“
Sie bestätigt es wieder.
„Aber ich habe nichts weggenommen!“, rechtfertigt sie sich, und in ihren Augen erscheinen Tränen.
Lieber Himmel! Ich weiß, dass sie nichts weggenommen hat. Ich habe sie ja auch gar nicht verdächtigt. Im Gegenteil, sie soll mir helfen. Wenn sie mir hilft, wäre ich ihr sehr
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