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Das Pharma-Kartell

Das Pharma-Kartell

Titel: Das Pharma-Kartell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Czarnowske
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mit. In zwei Minuten können wir fahren.“
    Die zwei Minuten brauche ich, um noch einmal hinaufzugehen und ein paar Materialien meines aus der Not geborenen Hobbys, des Fotografierens, sicherer zu verwahren. Rijder van Basten würde nicht schlecht staunen, wenn er erführe, wie oft ich ihn gestern Nacht fotografiert habe. Vielleicht aber auch nicht, weil er manches ahnt. Dennoch lege ich Wert darauf, dass mir diese Erinnerung an die Stunden im Nachtklub erhalten bleiben, und ich muss auf der Hut sein, weil ich nicht weiß, was manche der ungeladenen Gäste in der Pension vielleicht gerade haben wollen.
    Samat ist mit einem gewöhnlichen Wagen da. Er hat vorausgesehen, dass Dienstfahrzeuge Anlass zu Gerede geben, und Gerede ist das letzte, was ich jetzt brauchen kann.
     
    Ich habe schon Leichenschauhäuser aller Art gesehen. In Kellern, zu denen lange, ermüdende Gänge führen, in Obergeschossen hinter Stahltüren und Gittern. In Zementgrüften, übergossen vom Aluminiumlicht der Leuchtstoffröhren. Sosehr ich auch daran gewöhnt bin, angenehme Leichenschauhäuser gibt es nicht.
    Auch das hier ist nicht angenehm, aber so eins habe ich noch nicht gesehen. Es ist ein kleiner Pavillon mit schmalen Fenstern und zwei Kuppeln statt eines Dachs inmitten eines zauberhaften Gartens voll üppigem, unruhigem Grün. Jeder Zweig wächst und blüht hier, die Blätter machen einander jeden Tropfen Wasser streitig und streben mit heidnischer Götterverehrung der Sonne zu. Dass dies ein Leichenschauhaus ist, wäre das letzte, was jemand von diesem Pavillon in diesem Garten vermuten könnte. Doch der scharfe Formalingeruch ist zu spüren.
    Samat klopft an eins der Fensterchen und macht jemandem mit der Hand ein Zeichen. Ein Wächter öffnet uns, und auf dem Korridor empfängt uns eine dunkelgesichtige ältere Frau mit schwarzem Haar in einem weißen Kittel.
    Samat stellt mich vor. Die Frau ist eine Kollegin, Gerichtsmedizinerin. Sie führt uns zu dem Raum zur Linken.
    „Es tut mir leid, dass ich Ihnen so viel Zeit wegnehme!“, entschuldigt sich Samat. „Doch die Identität ist nicht festgestellt, und wir müssen eben doch den Mann ausschließen, den wir suchen. Eine Formalität.“
    „Irgendwelche Angaben über den Ermordeten?“
    „So gut wie keine. Von hinten erschossen. Ich habe nur herausbekommen, dass in der Nähe der Stelle, wo er gefunden worden ist, ein parkender dunkler Wagen gesehen wurde. Er hatte keine Papiere bei sich. Die Einsatzgruppe hat Fingerabdrücke und Fotos zur Begutachtung gegeben. Ich habe den Toten übrigens auch noch nicht gesehen. Hier entlang, bitte.“
    Die Identifizierung einer Leiche ist eine sehr unangenehme Sache, hauptsächlich für Fabre, der die Besonderheiten von Leichenschauhäusern in diesen Tagen zum ersten Mal kennenlernt. Deshalb verstehe ich ihn völlig, als ich sehe, dass er am Schluss geht und nicht sonderlich scharf darauf ist, den Raum zu betreten.
    Es ist nicht Larcheys Leiche, das wird auf den ersten Blick klar. Ein Mann von etwa dreißig, fünfunddreißig Jahren, hell, mit breiten, groben Zügen. Er würde wie schlafend aussehen, wäre nicht diese grünliche Blässe auf dem Gesicht.
    Da ist etwas. Eine Erinnerung bemüht sich, in meinem Bewusstsein aufzutauchen, und schafft es nicht. Als wüsste ich etwas über diesen Menschen und hätte es vergessen.
    „Vielleicht ist das ein Zufall… das mit dem Wagen“, sage ich.
    „Ausgeschlossen!“ Samat schüttelt den Kopf. „Es wurde aus geringer Entfernung gefeuert, mit Schalldämpfer.“
    Die Gerichtsmedizinerin versteht unser Gespräch und nickt. Auf dem Sakko sind die charakteristischen Spuren eines Schusses aus nächster Nähe und mit Schalldämpfer gefunden worden.
    Samat fügt hinzu: „Es hat Ihnen also daran gelegen, ihn mit einem einzigen Schuss umzulegen. Sonst, bei zufälligen Überfällen, täte es auch ein Messer. Aber mit dem Messer ist es unsicher… und das Opfer hat viel Zeit. Wollen wir uns auch seine Sachen ansehen?“
    Im Nebenraum sind die Sachen des Ermordeten. Die Ärztin schaltet einen Strahler ein und bringt ein Sortiment Lupen herbei. Es wird auf einmal unerträglich hell in dieser bis obenhin mit kalten weißen Fliesen ausgelegten Kammer.
    Eine Brieftasche ist nicht vorhanden, das ist das erste, was auffällt. Dafür eine Pistole. Sonst hat er nicht viel bei sich gehabt – ein Päckchen Zigaretten, ein Feuerzeug, ein paar Geldscheine und einen Füllfederhalter. Daneben liegt die Colt Python, eine moderne

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