Das Pharma-Kartell
entsprechende Richtung. Der Schraubstockgriff lockert sich, und der Gorilla macht einen Fehler. Er holt mit dem freien Arm aus. Der Griff ist einfach. Er haut mit voller Wucht die Faust auf die Tischkante und ist außer Gefecht. Als Zugabe versetze ich ihm einen Fußtritt, drehe den Daumen noch weiter, und er plumpst wie ein Kind neben mir auf das Kanapee. Mit dem Schmerz beginnt in dem Gehirn etwas zu dämmern. Er merkt, dass er an die falsche Adresse geraten ist, knurrt aber noch wie ein Hund. Ich hingegen lächle mein auserwähltestes Lächeln und habe seinen Finger derart verdreht, dass er sich nicht rühren kann. Von der Seite betrachtet, muss dies das Bild zweier guter Freunde ergeben, die eine tiefsinnige Unterhaltung führen.
Der andere mit dem fettigen Haar merkt, dass etwas nicht nach Plan gelaufen ist, und steht auf. Ich habe nichts dagegen, den Zwischenfall abzuschließen, aber erst nach einer kleinen Leibesvisitation. Wie ich es nicht anders erwartet habe, reicht der Mut des Mannes neben mir nur bis zu einem Klappmesser. Ich befreie ihn von dem gefährlichen Besitz und lasse den Daumen los. Der Gorilla kann es nicht fassen, dass er so leicht davonkommt, steht auf und kehrt hinkend zu seinem Tisch zurück, wobei er nicht versäumt , mir einen bösen Blick zuzuwerfen. Dann verziehen sich beide. Sicherlich schlägt ihnen das Gewissen.
Die Episode ist nicht unbemerkt vorübergegangen, denn die Frauen an der Bar grinsen und kommentieren sie, der Ober verwandelt sich auf einen Schlag in ein Muster an Höflichkeit.
Das Lokal beginnt sich zu füllen, eine Band, aus drei Gitarristen und einer Sängerin mit erstaunlich heiserer Stimme bestehend, tritt auf. An meinem Tisch lassen sich irgendwelche Männer nieder, und ich gehe in Lärm und Zigarettenrauch unter. Zwei junge Frauen finden sich ebenfalls ein und begrüßen die alten Kunden mit gekünsteltem Gekicher. Alles verläuft nach Programm. Mit mir beschäftigt sich niemand, was mich sehr freut.
Danach ziehen sich die Stunden öde hin, ich sitze vor einem Glas Bacardi, meine Augen brennen vom beißenden Rauch und angestrengtem Starren auf die beiden Treppen zum Obergeschoss und den Eingang. Vermutlich hat es auch der dämlichste Agent inzwischen mitgekriegt, dass ich auf jemanden warte. Der einzige Vorzug meiner Lage ist, dass ich über ein paar Fragen nachdenken kann. Doch ich kann mich nicht sehr heiterer Gedanken rühmen.
Nach Mitternacht flaut der Besucherstrom ab, immer noch kommen grüppchenweise Männer, steigen die Treppe hinauf oder verlassen das Lokal, aber es sind nicht mehr so viele. Die Band packt zusammen, und einige junge Frauen verschwinden. Vermutlich, um den abebbenden Lärm wieder anzukurbeln, wird die Musikbox wieder in Betrieb gesetzt.
Wenn man in einem Nachtklub so dasitzt und wartet, weiß man nicht immer, wen man erwartet. Ich warte auf Larchey, doch irgendwann gegen eins tritt mit aufgeknöpftem Jackett und Stiefeln Rijder van Basten in das Lokal.
Ich könnte nicht sagen, dass ich sonderlich überrascht wäre. Nach allem, was seit gestern Abend passiert ist, bin ich nur noch schwer zu überraschen. Übrigens braucht daran nichts Merkwürdiges zu sein – Fabre hat erwähnt, dass van Basten seit vielen Jahren in Al Agadir ist, und er kennt sicherlich alle diese Lokale.
Der Holländer bemerkt mich sofort und kommt nach einer Minute des Zögerns auf mich zu. Er hat getrunken, seine Schritte sind etwas unsicher, aber er hält sich gerade.
Wir begrüßen uns wie alte Bekannte, und ich lade ihn an meinen Tisch ein. Er wirft einen vielsagenden Blick seitwärts auf meine Tischnachbarn, bei denen es noch hoch hergeht, merkt aber, dass ich nichts mit ihnen zu schaffen habe, und setzt sich. Ohne dass er bestellt hätte, bringt man ihm sofort ein großes Glas Gin mit Zitrone – er gehört offenbar zu den Stammgästen, und man kennt seine Gewohnheiten. „Sie studieren also bereits Al Agadir!“, stellt er mit leicht spöttischem Unterton fest. „Auf Ihre Studien!“
Wir stoßen an, und er leert sein Glas zur Hälfte. Dann beschäftigt er sich damit, den Rest der Zitrone in sein Glas zu pressen.
„Getroffen!“, sage ich nachgiebig. „Wollen Sie mir nicht bei meinen Studien helfen?“
Van Basten schaut mich nun schon nicht mehr so spöttisch an, drückt aber die Zitrone weiter aus. Dann schwenkt er das Glas und betrachtet es kritisch. Ich denke schon, dass er mir überhaupt nicht antworten wird, doch er verzieht die Lippen und
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