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Das Pharma-Kartell

Das Pharma-Kartell

Titel: Das Pharma-Kartell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Czarnowske
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brutal. O’Sullivan ist nichts, ein Bauer im Spiel, obendrein ein dummer Bauer, der für seine Dummheit bezahlt hat. Doch wenn Larchey so nachdrücklich gesucht wird, muss er einen Wert haben, und zwar einen anderen, als wir uns vorstellen.
    Industriespionage. Ich sträube mich diese Schlussfolgerung zu ziehen, denn sie ist allzu logisch, und ich schätze die allzu logischen Sachen nicht. Davon habe ich genug gesehen. Alles ist erklärt, das Gebäude der Vermutungen so solide, dass man es nur genießerisch zu betrachten braucht. Freilich, ein Detail fehlt, aber das ist nicht weiter wichtig. Und hinterher begreift man, wie naiv man gewesen ist und wie sie einen an der Nase herumgeführt haben. Und man sitzt in endlosen Nächten wach, und durch das Bewusstsein kreist unaufhörlich jener einzige Augenblick, den man nicht hätte verpassen dürfen.
    Und hier fehlt nicht bloß ein Detail. Es fehlt etwas sehr viel Wichtigeres – das Überzeugende in Larcheys Verhalten. Mir fehlt ein Feuerzeug, das keinen Grund hat, auf diese Weise zu verschwinden. Und viele andere Dinge sind überzählig, sogar dieser unglückselige Kalender, der nicht weiß, wo er auf dem Schreibtisch hingehört und nach dem gestrigen Besuch noch immer dasteht. Das Mosaik aus Fakten, das ich zusammentrage und geduldig zusammensetze, gibt ein verzerrtes, falsches Bild von Doktor Larchey.
    Eins ist zumindest klar, und das betrifft mich. Ein falscher Zug von mir, und ich bin in Gefahr. Im Augenblick stelle ich wohl kaum einen ernsthaften Gegenstand für die Aufmerksamkeit solcher Leute wie O’Sullivan dar. Aber ein falscher Schritt, und ich werde nicht einmal den Schuss aus der Pistole mit dem Schalldämpfer hören, deren Knall so leise ist wie das Knacken eines Zweiges. Ein an der Bordkante parkender dunkler Wagen wird anfahren, Gas geben, und niemand wird etwas bemerken. Selbst wenn dich jemand beim Fallen sieht, wird er einen Bogen um dich machen – hier hebt niemand einen Hingefallenen auf. Und ich werde spüren, wie mir die Knie so komisch weich werden, noch einen Schritt machen, ohne etwas zu verstehen, ohne das Ende begreifen zu wollen, dann wird das Pflaster schnell auf mich zukommen.
    Ich überlege, und allmählich packt mich Zorn, ein wilder, echter Zorn. Billig werden sie nicht davonkommen. Was sie auch machen, zwei, drei Sekunden werde ich haben. Der dunkle Wagen, der an mir vorbeifährt, wird nicht weit kommen, denn jemand hat die Sprenggeschosse erfunden, von denen Wagen wie Fackeln brennen. Und Schulungen im Schnellschießen gibt es nicht nur bei ihnen. Wir verkaufen unser Leben teuer, und das wissen sie. Die Erfahrung hat sie gelehrt, lange zu überlegen, bevor sie mit ihren Wagen losfahren.
    Auch jetzt sind mir die Knie seltsam weich, aber das ist von der Hitze, und diese Feststellung ernüchtert meinen Zorn und lässt mich den Schatten suchen. Ich muss ein bisschen ruhiger werden, sonst begehe ich einen Fehler. So einen wie er O’Sullivan unterlaufen ist. Ich erinnere mich seines toten grünen Gesichts auf dem Betonbett im Leichenschauhaus und werde endgültig nüchtern. Ein falscher Zug kostet nicht nur mich das Leben, sondern auch Larchey.
    Also: O’Sullivan ist dem Doktor nachgeschlichen, hat sich für seine Bekanntschaften interessiert. Nach meinen nächtlichen Aufnahmen – für van Bastens. Wenn er Zeit gehabt hätte, wäre er wahrscheinlich auch auf die Geschichte Larcheys mit Anja Krüger gestoßen.
    Anja Krüger, denke ich. Ob sie nicht O’Sullivan irgendwo gesehen hat? Das ist eine Nachprüfung wert. Ich kann es versuchen. Die Idee am Nachmittag zum Surfing zu gehen ist gar nicht so schlecht!
    Ich beeile mich, ins Tiramis zurückzukommen, treffe jedoch Samat nicht mehr an, er ist eben weggegangen. Die Jungs von der Einsatztruppe, die sich noch mit dem Sachverzeichnis in dem Zimmer in der zweiten Etage herumquälen, werden ihm bestellen, dass ich ihn gesucht habe.
    Dieses Mal bleibt mir nichts anderes übrig – ich muss die Dienste des süßlichen Geschäftsführers in Anspruch nehmen. Und er zeigt, wozu er fähig ist – wie ein Zauberkünstler treibt er ein Taxi auf. Mir kommt diese Geschwindigkeit sogar ein bisschen verdächtig vor.
     
    Die Laborjournale liegen noch so auf dem Schreibtisch, wie ich sie zugeklappt habe, und verlocken gar nicht zu einer Beschäftigung mit ihnen. Aber es hilft nichts, ich muss mich mit Geduld wappnen.
    Mit einem Seufzer setze ich mich hin und vertiefe mich in die Beschreibung von Stämmen

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