Das Pharma-Kartell
hinhauen mit ihr.“
Sie scheint wirklich eine akzeptable junge Frau zu sein. Sie hat ein offenes Gesicht und lacht über Noahs keinen Widerspruch duldende Charakteristik.
„Und wo habt ihr den Mangelberuf untergebracht?“
„Na, hier, auf dem Objekt. Wir haben noch drei Zimmer für Unverheiratete. Fürs Erste wär’, das, aber wir finden schon was. Ist bei Ihnen in der Pension nicht irgendein Zimmerchen frei?“
„Ich weiß nicht, wir müssen uns erkundigen.“
„Ich rede mit Kylian Fabre, der schlägt’ s mir nicht ab“, erklärt Noah im Ton eines Menschen, dem die ganze Verantwortung seiner Situation klar ist.
Ich äußere auch eine vorsichtige Hoffnung, dass sich etwas finden werde, dann erkundige ich mich, wie sie die Arbeit zwischen sich aufgeteilt haben. Noah hat sich natürlich den Wagen der Leitung vorbehalten und den launischen Jeep großmütig der Neuen, Sophie, überlassen.
Wir sind mit dem Essen schon fast fertig, als Noah, der Ungeniertere, sich mit einem vertraulichen Lächeln zu mir beugt.
„Und wie geht’s dem Doktor, Herr Bouché?“
„Ich glaube, es wird wieder“, sage ich zurückhaltend und recht bestimmt. Noah versteht das jedoch anscheinend ganz verkehrt.
„Klar!“, nickt er mit Verschwörermiene.
„Was ist denn so klar?“
Noah legt die Gabel weg und sagt noch vertraulicher: „Der Doktor schafft das schon, das können Sie glauben.“
Ich weiß nicht, ob ich lachen oder mich ärgern soll. Meine Äußerungen heute Morgen vor Frau Cellard haben schon die Runde durchs Objekt gemacht, und zwar auf eine Weise umfassend, wie selbst ich es nicht erwartet hätte.
Niemand redet offenbar mehr davon, dass Larchey sich abgesetzt oder in etwas verwickelt oder entführt worden sein könnte. Mag sein, dass sie ihn nicht gemocht haben, aber schließlich ist er einer von uns. Und die Leute haben nur zu gern dem neuen Gerücht geglaubt, dass die ganze Geschichte mit dem Verschwinden abgekartet sei. Larchey hat einen Geheimauftrag erhalten und ist unterwegs, um ihn auszuführen.
Ich brauche ein paar Sekunden zum Nachdenken und gewinne sie, indem ich mit dem Gummihähnchen auf dem Teller kämpfe. Was denn, als Idee ist das gar nicht so schlecht. Auf jeden Fall besser als die alberne Version von der Dienstreise. In meinem Kopf blitzt sogar ein Gedanke für den nächsten Schachzug auf, aber der ist noch ziemlich verschwommen.
„Reden wir nicht darüber, ja?“, werfe ich hin.
Das bedeutet gar nichts, kann aber auf alle mögliche Weise ausgelegt werden.
„Na klar!“, nickt Noah. „Wir Fahrer sind wie das Grab.“
Hier halte ich es nun nicht länger aus und breche trotz meiner trüben Stimmung in Gelächter aus. Wir lachen alle drei, wobei jeder an etwas anderes denkt. Ich zweifle nicht daran, dass die Fahrer wie ein Grab schweigen. Wenn nicht bis zum Abend, dann weiß das ganze Objekt spätestens bis morgen früh aus sicherer Quelle, dass Doktor Larchey nicht verschwunden, sondern mit einem Auftrag – Gott mag wissen, mit welchem! – irgendwohin geschickt worden ist. Vielleicht denken sie sich auch noch einen Auftrag aus!
Ich stehe auf, um zu gehen, und frage: „Noah…wenn ich am Nachmittag, so gegen vier einen Wagen brauche… Wie sieht dein Fahrplan aus?“
„Sophie steht zu Ihrer Verfügung, Doktor Bouché!“, erklärt Noah sofort. „Der Jeep ist eine Wucht!“
„Gut! Also gegen vier, Sophie, ja?“
Sophie bestätigt es, und als ich aufbreche, fange ich einen aufmerksamen und leicht gespannten Blick von ihr auf. Und wie soll sie nicht gespannt sein! Sophie Durand ist meine Assistentin, die ich seit gestern erwartete. Und die Erwähnung des Busses ist ein Codewort, das besagt, dass sie Neuigkeiten aus Paris mitbringt.
Jetzt muss ich in das Kabüffchen zurück. Mir steht eine lästige Arbeit bevor – in weniger als einer Stunde muss ich so etwas wie einen Lagebericht verfassen und chiffrieren.
Surfing
Sophie habe ich bloß zwei Tage nicht gesehen, habe aber das Gefühl, dass Wochen vergangen sind. Ein bekanntes Gefühl. Es kommt von der Anspannung und dass in diesen beiden Tagen viel geschehen ist. Auch mit Sophie scheint eine Wandlung vor sich gegangen zu sein. Seit Mittag ist sie hier, hat sich aber schon in ihre Rolle als Fahrerin so eingelebt, dass sie sogar mit Noahs Wortschatz und auf seine nachlässig-vertrauliche Art spricht. Anfangs geht mir das ein bisschen gegen den Strich, aber dann stelle ich mich auf diesen Ton ein.
Ich sehe, wie sie mit dem
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