Das Pharma-Kartell
einzuwilligen, dass ein Franzose als besonders gefährlicher Verbrecher gesucht wird. Bild im Fernsehen, Bekanntmachung im Radio… Nein, ich fühle mich gedemütigt. Und wie wird erst den Leuten vom Objekt zumute sein!
Larchey ist kein Mörder. Samat weiß das, will sich aber nach allen Seiten gegen mögliche künftige Unannehmlichkeiten absichern. Dienst bleibt Dienst.
Daraus wird nichts. Ich werde ebenfalls ins Kommissariat gehen und meine Erwägungen darlegen. Das Feuerzeug ist jetzt kein Beweis gegen Larchey. Im Gegenteil, dass es gefunden wurde, erfordert eine völlig andere Auslegung. Samat merkt, dass er zu weit gegangen ist. Es dürfte wohl kaum allzu schwer sein, mir das am Gesicht abzulesen.
„Gut“, sagt er und gibt nach. „Ich bestehe nicht darauf… im Moment. Gehen wir wieder hinunter, was meinen Sie?“
Wir stehen auf. Er wickelt das Feuerzeug wieder in sein Taschentuch.
Wir gehen durch den stillen Korridor, und uns ist unbehaglich zumute. Samat denkt wahrscheinlich, ich habe mich grundlos widersetzt, nur weil Larchey Franzose ist. Ich muss zugeben, dass er zum Teil recht hat. Doch außerdem bin ich überzeugt, dass die anderen einen Fehler gemacht haben. Sie sind primitiv. Es wäre raffinierter gewesen, hätten sie das Feuerzeug behalten.
In der Tür des Schwesternzimmers taucht das Gesicht eines unserer vermeintlichen Pfleger auf. Es liegt nichts an, er hat nur die Schritte gehört. Samat winkt zornig ab, und er verschwindet.
Unten ist die Tatortaufnahme abgeschlossen, man wartet auf uns.
„Schaffen Sie ihn in den Wagen!“, ordnet Samat an. „Wir kommen.“
Als diese Prozedur beendet ist, beginnen zwei seiner Mitarbeiter die Kabine im Licht eines Scheinwerfers zu untersuchen. Die Wände, den Fußboden, die Knöpfe auf dem Schaltbrett – alles wird Zentimeter für Zentimeter untersucht. Ein Stückchen Schmutz von einem Schuh kann uns in eine bestimmte Gegend verweisen. Ein Haar kann ein Anhaltspunkt sein, das seinen Besitzer in allen Einzelheiten beschreibt – Körpergröße und Alter, Haut und Gesichtsfarbe, sogar das Shampoon, mit dem er sich wäscht.
Der Scheinwerfer entwickelt eine unerträgliche Hitze. Über die Gesichter der beiden laufen schon nach einer Minute große Schweißtropfen.
Ich trete ein bisschen zur Seite, und während ich darauf warte, dass Samat das Zeichen zum Aufbruch gibt, versuche ich mir vorzustellen, wie es vor sich gegangen ist. Der mit der Maske ist vom Park her gekommen. Anscheinend hat er die Lage der Küchen genau gekannt und hatte alles geplant, um O’Sullivan innerhalb weniger Minuten zu töten. Er hat die Tür an der Laderampe aufgeschlossen, vielleicht war das auch gar nicht nötig – in einem Krankenhaus sind solche Türen so etwas wie ein Tag und Nacht geöffneter Hinterausgang. Sicherlich benutzen ihn Ärzte und Schwestern, und er hat sich darauf verlassen, dass er nicht auffallen würde. Den Korridor zu überqueren war eine Sache von Sekunden. Er hat lediglich riskiert, dass ihn die diensthabende Küchenfrau anspricht. Aber die war drinnen, halb wach, halb schlafend hinter dem Schiebefenster, und das Risiko war minimal. Dann ist er vor den Aufzügen stehen geblieben und hat einen gerufen.
Und der andere ist von der Wäscherei hergekommen. Ich sehe gleichsam, wie er kommt – klein, unscheinbar, in einer fadenscheinigen Drillichschürze, ein leeres Wägelchen für Krankenhauswäsche vor sich her schiebend. Bei den Aufzügen ist er stehen geblieben und hat sich eine Zigarette in den Mund gesteckt. Dann hat er auf selbstverständlichste Weise in die Tasche nach dem Feuerzeug gelangt. Und im nächsten Augenblick hat der falsche Duwad begriffen, dass er sterben würde.
So geht es nicht. Fra Melins Leute sind erfahren, und keiner von ihnen wird sich hinters Licht führen lassen. Die haben schon gesehen, wie Pistolen anstelle von Zigaretten und Feuerzeug aus Taschen geholt wurden.
Und zweitens: Duwads Doppelgänger hat bestimmt Schutz gehabt. In so ein kompliziertes Unternehmen würde man ihn nicht allein schicken. Hinter ihm ist jemand hergegangen, aber wo ist er zurückgeblieben, um auf ihn zu warten? Draußen, vor der Tür? Oder hier? Zu zweit in die Aufzugskabine zu steigen wäre zu gefährlich gewesen.
Die Anwesenheit eines Leibwächters schließt die Version mit dem fragwürdigen Mann aus der Wäscherei nicht aus, lässt sie aber recht unwahrscheinlich werden. Und wenn gerade dieser Mann der Leibwächter war?
Ich gehe ein Dutzend
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