Das Philadelphia-Komplott
freundschaftlichen Wettstreit um die Gunst der Zuschauer. Jake wandte seinen Blick zur Rechten, wo sich wie ein großer Monolith das Rathaus erhob, auf dessen Dach stolz die Statue des Stadtgründers William Penn stand und über die Stadt wachte.
Nachdem er auf dem Flughafen von Philadelphia gelandet war, hatte Jake sich ein Auto gemietet und den Makler angerufen, dessen Anzeige Agent Ramirez rot eingekreist hatte. Die beiden Männer hatten verabredet, sich um vier Uhr am Nachmittag in dem annoncierten Apartment am Washington Square zu treffen, sodass Jake noch genügend Zeit blieb, seinen Vater zu besuchen.
Er wünschte sich, sich wenigstens ein bisschen auf das Wiedersehen mit seinem Vater zu freuen. Die Wahrheit war jedoch, dass er, obwohl er den ganzen Flug über an nichts anderes gedacht hatte, immer noch nicht wusste, wie er sich bei dem Gedanken fühlte, seinem Vater wieder gegenüberzutreten. Ein Teil von ihm wollte hier sein und seinem Vater jegliche finanzielle und emotionale Unterstützung geben, die er brauchte. Der andere Teil aber fürchtete sich vor dem Besuch. Das letzte Mal war es nicht so gut gelaufen, und wenn er an die letzten Worte seines Vaters zurückdachte, die ihm noch immer im Kopf widerhallten –
wage es ja nicht, zurückzukommen
–, war sein Versuch reine Zeitverschwendung.
Es sei denn, die Krankheit hätte ihn milder gestimmt. Doch das war nicht anzunehmen. Wendell Sloan war ein zäher Mann und ein Sturkopf, den Jake zum Glück nicht von ihm geerbt hatte. Wie auch immer, nun war er schon einmal hier und würde das Beste daraus machen. Er würde nach dem Öffnen der Tür direkt vor ihm stehen. Wütend oder nicht, es würde seinem Vater schwerer fallen, ihm die Tür vor der Nase zuzuschlagen als am Telefon einfach aufzulegen.
Jake seufzte und schob das Thema vorerst beiseite. Er nahm sich die
Philadelphia Sun,
die er morgens am Flughafen gekauft hatte. Der Sieg vor Gericht vor ein paar Tagen war durch alle Medien gegangen und hatte die stellvertretende Bezirksstaatsanwältin Sydney Cooper ins Rampenlicht gestellt. Soweit Jake es beurteilen konnte, war der Verteidiger sich seiner Sache zu sicher gewesen und hatte damit seinen Mandanten der Staatsanwaltschaft direkt ans Messer geliefert.
Sydney Cooper hatte die Gelegenheit genutzt und den Angeklagten in ein Gespräch über hübsche Frauen und schöne Dessous verwickelt, insbesondere über schwarze Stringtangas, von denen die Anklage vermutet hatte, dass er dafür eine besondere Vorliebe hegte. Während Sydney Coopers hervorragendem Kreuzverhör war der arme Kerl immer nervöser geworden. Gerade als der Verteidiger Einspruch gegen die Art der Befragung erheben wollte, hatte Syd einen schwarzen Tanga aus ihrer Tasche geangelt und ihn dem hilflosen Mann direkt unter die Nase gehalten.
Auf seiner Stirn und seiner Oberlippe hatten sich kleine Schweißperlen gebildet. Er hatte im Zeugenstand gesessen und gierig Syd betrachtet, als sei sie ein besonderer Leckerbissen. Mit einigen eindeutigen sexuellen Anspielungen, die er im Laufe des Verhörs von sich gegeben hatte, hatte er schließlich sein eigenes Grab geschaufelt.
Während der Verteidiger aufgesprungen und seine Einsprüche geschrien hatte, und der Richter wieder und wieder mit seinem Hammer auf den Tisch geklopft hatte, um die Situation unter Kontrolle zu bringen, war Syd ruhig wieder an ihren Tisch zurückgegangen.
Zwei Stunden später hatte die Jury den Angeklagten in allen Punkten für schuldig erklärt.
Jake lächelte. Sydney Cooper kennen zu lernen, versprach eine Menge Spaß.
Wendell Sloan war pensionierter Briefträger und lebte in einer ruhigen Seitenstraße in Frankford, einem Stadtteil von Philadelphia. Kurz nachdem sie ihren ersten Sohn adoptiert hatten, waren er und seine Frau in dieses Reihenhaus gezogen. Der Sohn hieß Bill, aber wegen seiner Vorliebe für Spinnen wurde er von allen nur Spider genannt. Zwei Jahre später, als sie schon alle Hoffnungen aufgegeben hatte, jemals ein eigenes Kind zu bekommen, wurde Katie Sloan schwanger, und Jake wurde geboren.
Die beiden Jungs wuchsen nicht nur als Brüder, sondern als beste Freunde auf. Bis zu dem Tag, an dem Bill mit fünfundzwanzig seinen Job als Managementassistent bei Ground Round aufgab und sich bei den Marines meldete. Zwei Wochen später starb er während einer mörderischen Übung an einem Hitzschlag.
Danach war nichts mehr, wie es einmal gewesen war.
Jake hielt mit seinem Leihwagen, einem Ford Explorer, vor
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