Das Philadelphia-Komplott
auf einen Punkt hinter Syds Schulter. “Ich habe es gut versteckt. Das musste ich auch. Alle meine Freunde waren echte Kerle, Jungs, zu denen ich aufschaute, mit denen ich Football spielte und mich betrank.”
“Und Lilly? Wusste sie davon?”
“Am Anfang nicht. Doch irgendwann hatte sie den Verdacht, dass ich sie betrog. Eines Nachts folgte sie mir und sah mich mit …” Er sah sie immer noch nicht an.
“Mit wem?”
“James.”
Syd atmete scharf ein. Jetzt ergab alles langsam einen Sinn. “Cabbot ist schwul.”
“Ja. Deshalb hat ihn sein Vater enterbt.”
Nun verstand sie, warum Lilly sich ihr nicht anvertraut hatte – es war ihr peinlich. “Warum hast du dich nicht dazu bekannt und einfach die Wahrheit gesagt?” Sie dachte an Anthony, der so offen und fröhlich war. “Es gibt Schlimmeres als zuzugeben, schwul zu sein.”
“Nicht in meinem Job. Meine Kollegen hätten mir jeden Tag zur Hölle gemacht.”
“Du hättest es Lilly erzählen können, anstatt sie durch diese Farce einer Ehe zu schicken und sie so zu verletzten.”
“Lilly war gut für mein Image. Es gab ein paar Gerüchte in der Truppe. Meine Heirat mit Lilly und die Geburt von Prudence haben die Gerüchte zerstreut.”
“Dein
Image?”
Das Mitgefühl, das sie noch vor wenigen Minuten für ihn empfunden hatte, war mit einem Mal verschwunden. Er machte sie krank. “Das ist alles, was dich interessiert?”
“Du hast bekommen, was du wolltest, Sydney. Also geh jetzt bitte.”
“Noch nicht.” Ihre Gedanken gingen zurück zu dem Farmhaus und dem Mann, der auf sie geschossen hatte. “Hatte Lilly Fotos?”
“Was für Fotos?”
“Von dir und James.”
Er schüttelte den Kopf. “Nein, es gibt keine Fotos. Die brauchte sie nicht. Ich habe James dafür bezahlt, den Mund zu halten. Sie hätte ihm nur mehr bieten müssen, und er hätte ihr alles erzählt. Er liebt das Geld. Und ihm ist es egal, wer von seinen sexuellen Neigungen weiß. Mir nicht.”
Jetzt konnte sie Mike offiziell von ihrer Liste der Verdächtigen für den Anschlag in Erwinna streichen. Da es keinen Beweis von seiner Affäre mit James gab, hatte er auch keinen Grund gehabt, Dots Haus zu durchsuchen.
“Warum war James so sauer, als er aus deinem Haus kam?”
“Er wollte mehr Geld und ich sagte ihm, dass ich keines habe. Ich bin pleite. Ich schlage mich eben so von Zahltag zu Zahltag durch.”
Alle Puzzelsteine schienen sich auf einmal wie von selbst zusammenzufügen. “Ich glaube, jetzt verstehe ich. Du hast den Antrag auf Übertragung des Sorgerechts für Prudence nicht gestellt, weil du sie liebst und ihr ein sicheres Zuhause geben möchtest. Nein, deine Tochter ist vielmehr die Garantie, dass Vanessa dich heiratet. Ohne Prudence gibt es keine Vanessa, und ohne Vanessa und ihr Geld kannst du deinen erpresserischen Lover nicht bezahlen. Du warst also bereit, das Leben eines kleinen Mädchens komplett auf den Kopf zu stellen und allen, die sich bisher um sie gekümmert haben, das Herz zu brechen, nur um dein Geheimnis zu wahren? Du bist noch abstoßender, als ich gedacht habe.”
Als er nicht antwortete, ging sie zu ihm hinüber. “Zieh den Antrag zurück, Mike. Heute noch.”
Syd wartete, bis sie wieder in ihrem Büro war, bevor sie Dot anrief. “Du musst dir keine Sorgen mehr um Prudence machen”, sagte sie mit betont fröhlicher Stimme. “Mike zieht seinen Antrag zurück.”
Dot weinte vor Erleichterung. “Ist das wahr? Bist du dir sicher?”
“Sehr sicher. Bis Lilly zurückkommt, bleibt Prudence, wo sie ist.”
“Und … danach? Wird er weiter auf ein gemeinsames Sorgerecht drängen?”
“Das bezweifle ich.”
“Oh Syd.” Sie hörte einen leisen Schluchzer. “Ich bin dir was schuldig.”
“Nein, bist du nicht. Wir sind doch eine Familie, schon vergessen?”
In dem Moment, als Syd den Hörer auflegte, betrat Violet ihr Büro. “Hast du den Bericht gefunden, den Chad für dich dagelassen hat?”
“Noch nicht.” Sie öffnete die Schreibtischschublade und fand zwei sauber getippte Seiten. Sie hielt sie hoch, sodass Violet sie sehen konnte. “Danke, Violet.”
Alles, was man über Opale wissen musste, stand auf diesen zwei Seiten. Der Opal war der Geburtsstein für die im Oktober Geborenen. Unglücklicherweise hatte Chad Laurens Geburtstag nicht herausfinden können. Tatsächlich fanden sich überhaupt nur sehr wenige Informationen über den Teenager in seinem Bericht. Die Familie hatte sie seit ihrer Geburt erfolgreich aus dem
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