Das Philadelphia-Komplott
nicht, aber ich erzähle es dir trotzdem. Er ist ein alter Bekannter. Reicht dir das?”
“Nein. Weißt du, ich weiß genau, wie ihr beide euch getroffen habt.”
Mike fuhr sich nervös mit der Zunge über seine Lippen und schwieg.
“Du hast ihn vor sechs Jahren während einer Razzia im Club Apollo kennen gelernt. Der Club wurde von Drogendealern, Junkies und Prostituierten besucht. Ein Dutzend Leute wurde in der Nacht verhaftet, entweder wegen des Verkaufs oder des Gebrauchs von Drogen. Einer, der auch verhaftet werden sollte, wurde es nicht. Weißt du, von wem ich spreche, Mike?”
“Worauf willst du hinaus?”
“Ich versuche, eine gemeinsame Gesprächsgrundlage für uns zwei zu finden. Aber bisher rede nur ich.” Sie zuckte die Schultern. “Das ist okay, es macht mir nichts aus. Wie ich sagte, einer der Kokser wurde nicht verhaftet. Warum? Weil er viel Geld hat, oder besser gesagt, weil sein Vater viel Geld hat. Und es unter anderem dazu nutzt, Polizisten dafür zu bezahlen, in die andere Richtung zu schauen, wenn der Junior sich danebenbenimmt.”
“Das mag sein, aber ich habe niemals auch nur einen Penny angenommen.”
“Du streitest also ab, einer der drei Polizisten gewesen zu sein, die die Razzia im Club Apollo durchgeführt haben?”
“Nein, aber ich streite ab, Geld angenommen zu haben.”
“Wie ist er dann davongekommen?”
Sein Blick wurde unruhig. “Weiß ich nicht. Vielleicht ist er durch eine Hintertür entwischt oder aus einem Fenster geklettert. Das passiert während Razzien. Irgendjemand schreit ‘Die Bullen!’ und die Leute in der Nähe der Ausgänge sehen zu, dass sie Land gewinnen.”
“Hast du ihn danach noch mal getroffen?”
Er blinzelte. “Den Junior? Nein. Warum sollte ich?”
“Was hat er dann gestern vor deinem Haus gemacht? Und erzähl mir nicht, dass er nicht hier war, ich habe ihn gesehen.”
Auch wenn er deutlich blasser wurde, behielt er die Fassung. “Wie hast du herausgefunden, wer er ist?”
“Ich habe sein Kennzeichen überprüfen lassen.”
“Warum? Was geht es dich an, wer mich besuchen kommt?”
“Nichts, außer, dass er wütend aussah und mich das neugierig gemacht hat.”
“Tja, da hast du deine Zeit verschwendet.” Seine Stimme wurde fester. “Es gibt nichts Finsteres oder Geheimnisvolles an James’ Besuch. Er war gerade in der Gegend und wollte nur kurz Hallo sagen.”
“Warum hast du deswegen gelogen?”
“Weil, wie ich schon sagte, es dich nichts angeht, mit wem ich mich treffe.”
“Und wie
ich
schon sagte, sah James sehr unglücklich aus, als er hier wegfuhr, und das ist Grund genug, dass es mich
doch
etwas angeht.” Sie schürzte die Lippen. “Natürlich kann ich auch mit James sprechen, wenn es dir lieber ist …”
Es war ein unglaublicher Anblick. Mike sackte in sich zusammen, als hätte man die Luft aus ihm herausgelassen. Er lehnte sich gegen die Wand und schloss erschöpft die Augen.
Beinahe tat er ihr Leid. “Also hatte ich Recht. Du hast die ganze Zeit Geld von den Cabbots angenommen.”
Er öffnete seine Augen. “
Was?”
“Hör auf, mir etwas vorzuspielen, Mike. Du hast Dreck am Stecken. Das hatte Lilly die ganzen Jahre gegen dich in der Hand. Deshalb hast du nicht um das Sorgerecht für Prudence gekämpft. Du konntest es dir nicht leisten.”
Mike schüttelte trotzig den Kopf. “Ich habe nie irgendwelches Geld von James genommen. Oder von seinem Vater. Sein alter Herr hat ihm schon vor langer Zeit den Geldhahn zugedreht.”
“Warum war er denn dann hier?”
Mike antwortete nicht.
“So oder so, ich werde die Wahrheit herausfinden. Wenn nicht von dir, dann von James.”
Er holte tief Luft, als ob er seinen ganzen Mut zusammennehmen müsste. “Er hat mich unter Druck gesetzt, das ist richtig.” Als sie ihn fragend ansah, setzte er hinzu: “James erpresst
mich.”
Sie glaubte ihm nicht. Er log, versuchte immer noch, sich aus der Situation herauszuwinden. “Warum sollte er dich erpressen?”
“Weil ich schwul bin.”
32. KAPITEL
S yd konnte ihn nur fassungslos anstarren. Es gab so vieles, was gegen dieses Geständnis sprach, so viele Gründe, ihm nicht zu glauben. Mike Gilmore war ein Mann, für den das Wort
Macho
erfunden worden zu sein schien – er war arrogant und eine Aura von unglaublicher Macht umgab ihn. Und doch stand er jetzt hier, geschlagen und gebrochen.
“Seit wann?”, stieß sie hervor.
“High School.” Er stand immer noch mit dem Rücken an die Wand gelehnt und starrte
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