Das Portal der Dämonen - Connolly, J: Portal der Dämonen - The Gates
Mr Berkeley. »Auf gar keinen Fall.«
Die Grabplatte bewegte sich wieder, aber diesmal hob sie sich und fiel nicht sofort wieder zurück. Eine skelettartige Hand schob sich aus dem Spalt und versuchte, sich an der Kante des Grabes festzuhalten.
»Sie wollen ihn vielleicht nicht berühren«, sagte der Pfarrer, »aber ich vermute, dass er Sie überaus gerne berühren würde.«
Pfarrer Ussher öffnete die Tür zu dem Kämmerchen und sprang mit Schwung auf den Stein, in der Hoffnung, sein Gewicht würde die Platte wieder nach unten drücken. Er streckte blindlings die Hand aus und bekam die Luftpumpe des Mesners zu fassen. Damit schlug er Bischof Bernard auf die Finger. Er musste vier, fünf Mal zuschlagen, dann ließ der Bischof los. Die Platte fiel krachend wieder an ihren ursprünglichen Platz und Stille kehrte ein.
»Schnell!«, rief der Pfarrer. »Helfen Sie mir mal.«
Zögernd kam Mr Berkeley näher. In einer Ecke der Kammer stand eine steinerne Statue des heiligen Timidus. Im vergangenen Winter war sie von ihrem Sockel neben dem Hauptportal der Kirche gefallen, dabei war ihre rechte Hand abgebrochen.
Da nicht genug Geld da war, die Statue oder den Sockel zu reparieren, befand sie sich nun neben dem alten Fahrrad und den Stühlen in der Gerümpelkammer. Mit vereinten Kräften gelang es dem Pfarrer und dem Messdiener, die Statue auf Bischof Bernards Grabstein zu hieven.
»So«, sagte der Pfarrer, »ich hoffe, damit ist er eine Zeit lang beschäftigt.«
Der Kirchendiener lehnte sich gegen die Wand, um Atem zu schöpfen.
»Warum geschieht das alles gerade jetzt?«, fragte er.
»Ich weiß es nicht«, antwortete der Pfarrer. »Ich weiß nicht einmal, was ›das alles‹ ist.«
»Glauben Sie wirklich, der Mönch hatte recht, als er sagte: Dies ist das Ende der Welt?«
»Ich denke, das Ende der Welt wird noch eine Zeit lang auf sich warten lassen, Mr Berkeley«, antwortete der Pfarrer.
Er versuchte, Zuversicht auszustrahlen, aber ihm war gar nicht zuversichtlich zumute. Das alles war sehr beunruhigend: Wasserspeier, die sich auf dem Rasen vor der Kirche tummelten, Bischof Bernard der Böse, der sich aus seinem Grab erheben wollte. Vielleicht war es nicht das Ende der Welt, aber es mochte gut und gern der Anfang vom Ende sein.
Bischof Bernard klopfte wieder gegen die Grabplatte. »O, wenn er doch damit aufhören würde«, stöhnte der Kirchendiener, »ich krieg Kopfschmerzen davon.«
Er kniete sich auf den Boden, mit dem Mund ganz nah an der Steinplatte. »Hören Sie, Bischof Bernard, Eure Exzellenz, seien Sie ein braver Bischof und lassen Sie das«, sagte er. »Es liegt hier wohl ein Missverständnis vor, aber wir werden das gleich geregelt haben und dann können Sie wieder tot sein. Das freut Sie doch, oder? Sie wollen doch nicht wirklich wieder unter die Lebenden kommen? Seit Ihrer Zeit hat sich hier vieles verändert. Jetzt gibt es Popmusik und Computer und Sie können auch nicht einfach herumgehen und den Leuten heiße Eisen in den Hintern stecken, denn das ist inzwischen verboten, das dürfen nicht einmal Bischöfe. Dort, wo Sie jetzt sind, sind Sie viel besser aufgehoben, glauben Sie mir.«
Der Messdiener blickte den Pfarrer an und lächelte.
»Sehen Sie«, sagte er. »Man muss sich nur in aller Ruhe mit ihm unterhalten.«
Ein dumpfes Wutgebrüll war zu hören und dann das Poltern von Steinen, die durcheinanderpurzelten. Bischof Bernard warf sich mit Wucht von unten gegen die Grabplatte. Die Statue des heiligen Timidus schwankte leicht.
»Na wunderbar, Mr Berkeley«, sagte der Pfarrer. »Das war ja sehr hilfreich.«
Bischof Bernard wütete weiter und die Statue verrutschte noch ein Stückchen. Der Mesner versuchte, sie festzuhalten, doch dann gab er auf und zog sich ans Fenster zurück.
»Wir sollten von hier fliehen«, schlug der Pfarrer vor. »Diese Wasserspeier draußen scheinen ziemlich unbeholfen und langsam zu sein. Gewiss können wir ihnen leicht davonlaufen. Mein Auto steht gleich hinter der Kirche.«
Der Küster schien gar nicht zuzuhören. Er blickte aus einem kleinen Seitenfenster nach draußen.
»Haben Sie gehört, was ich gesagt habe, Mr Berkeley?«, fragte der Pfarrer. »Ich habe gesagt, wir sollten von hier fliehen.«
»Ich halte das für keine gute Idee, Herr Pfarrer«, antwortete der Kirchendiener.
»Und warum nicht?«, fragte der Pfarrer verärgert, weil sein Plan so rundheraus abgeschmettert worden war.
Der Kirchendiener blickte ihn mit leichenblassem Gesicht
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