Das Portal der Dämonen - Connolly, J: Portal der Dämonen - The Gates
was nicht, dachte Nurd. Ihm fiel wieder ein, was Samuel ihm von den beiden Frauen im Keller berichtet hatte und von ihren Freunden, die nur nach außen hin wie Menschen aussahen. Nurd hatte gehofft, dass Samuel sich geirrt hätte oder dass die vier Leute oder Dämonen oder was auch immer sie waren, einfach so verschwunden oder nach Hause gegangen wären. Jetzt aber gab es hier gelbe Bälle mit Augen, die Kaninchen jagten, und das bereitete ihm großes Kopfzerbrechen. Alles war bestens gewesen, solange er der einzige Dämon hier gewesen war, aber wenn jetzt Scharen von Dämonen herumschwirrten, dann konnte es schwierig werden. Und diese blauen Funken und Kringel. Das war nicht der gute alte elektrische Strom oder ein x-beliebiges Überbleibsel aus einer anderen Dimension. Nein, das war eine ganz besondere Energie …
Einmal hatte Nurd einen kurzen Blick auf den Großen Verderber erhascht. Es war kurz vor seiner Verbannung gewesen und er war in die Höhle des Großen Verderbers einbestellt worden, damit dessen ergebenster Leutnant, der wilde Dämon Baal, ihn sich vorknöpfen konnte. In der Dunkelheit hinter Baal hatte ein riesiger Schatten gelauert, höher als das höchste Haus, breiter als der breiteste Abgrund, und einen Augenblick lang hatte Nurd auch sein Gesicht gesehen. Augen so rot, dass sie schon wieder schwarz erschienen, ein riesiges Maul mit scharfen Zähnen, eine Krone mit Hörnern auf dem Kopf, die aussah, als wäre sie aus dem Schädel herausgewachsen. Dieser Anblick hatte Nurd so entsetzt, dass er sich fast über seine Verbannung gefreut hatte, denn er konnte sich schlimmere Strafen vorstellen. Der Große Verderber hätte ihn tief in seine Höhle schleppen und ihn dort langsam in Stücke reißen können, damit er bis in alle Ewigkeit leiden musste und niemals sterben konnte. Im Vergleich dazu war die Verbannung ein Klacks.
Aber da war noch etwas, an das er sich erinnerte. Die Umrisse des Großen Verderbers hatten pulsiert vor blauer Energie. Diese sichtbare Energie war die Verkörperung seiner Macht, und nun war sie hier. Auf der Erde. Wo Nurd war und wo er ganz sicher nicht sein sollte.
»Hallo«, sagte er und klopfte noch einmal gegen die Scheibe. »Ich glaube, hier liegt ein Missverständnis vor.«
»Jetzt nicht, Sir«, antwortete Sergeant Rowan. »Wir sind gerade beschäftigt.«
»Sie verstehen mich nicht«, antwortete Nurd. »Ich möchte jetzt wirklich nach Hause gehen. Vergessen Sie das Auto. Sie können es behalten. Ich will es nicht mehr.«
»Ich weiß nicht, ob Sie überhaupt befugt sind, das Auto zu verschenken. Und jetzt seien Sie bitte still. Wir sorgen uns ein bisschen um unsere Kollegen in der Wache.«
Nurd lehnte sich zurück. »Das ist keine Verkleidung«, sagte er leise. Die beiden Polizisten beachteten ihn nicht.
Nurd wiederholte seine Worte, diesmal etwas lauter. »Das ist keine Verkleidung!«
»Wie bitte, Sir?«, fragte der Sergeant.
»Sehen Sie, ich habe mich nicht verkleidet. Das ist kein ›komischer Aufzug‹. So sehe ich wirklich aus.«
»Sehr komisch, Sir«, antwortete der Sergeant.
»Könnte ich das machen, wenn es eine Verkleidung wäre?«, fragte Nurd geduldig.
Nurds Kopf klappte in der Mitte auf, sodass man seinen Schädel sah. Die Augen traten aus den Höhlen, wurden zu roten Stielaugen, die Sergeant Rowan scharf musterten. Dann klappte Nurds Schädeldecke auf und sein Gehirn kam zum Vorschein. Zwölf rote Muskeln hielten es fest, und diese stellten sich nun auf und zuckten hin und her. Schließlich streckte Nurd noch die Zunge heraus, die, voll ausgerollt, fast einen Meter lang war. An der Zungenspitze war ein kleines Loch, auf welchem Nurd eine kurze Fanfare pfiff, ehe sein Kopf wieder die ursprüngliche Gestalt annahm.
Constable Peel kam von der Straße ab. Er bremste voll, und er und der Sergeant sprangen aus dem Auto, um sich in Sicherheit zu bringen.
»Sergeant«, stammelte Peel. »Er ist ein … er ist ein Un… er ist ein Ungeheu…«
»Ja, das ist er«, stimmte Sergeant Rowan zu und versuchte gelassener zu klingen, als er sich fühlte.
»Dämon, mit Verlaub«, korrigierte Nurd. Er rief, damit man ihn auch hörte. »Ich will nicht pingelig sein, aber da gibt es große Unterschiede.«
»Was …«
»… machen Sie hier?«, beendete Nurd die Frage an Sergeant Rowans Stelle. »Nun, eigentlich wollte ich Ihre Welt erobern und sie für alle Ewigkeit beherrschen, aber jetzt sieht es nicht mehr danach aus.«
»Warum nicht?«, fragte Sergeant Rowan und
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