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Das Prachtstück

Das Prachtstück

Titel: Das Prachtstück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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beredte Zeugnisse seiner Doktorarbeit, die ihre Beziehung seit langem vergiftete, weil es ihm partout nicht gelingen wollte, damit zu einem brauchbaren Ende zu kommen. Bücher, eng beschriebene Blätter. Der Bildschirm war schwarz, der Computer surrte auf Dauereinstellung.
    Kein Hannes. Nirgendwo.
    Nun denn!
    Beherzt drückte sie die Klinke zum Schlafzimmer. Aber das breite Bett, in dem sie seit gut drei Jahren zusammen schliefen, war leer.

5
    Mehrfaches, herrisches Läuten. Kurz hintereinander. Fast schon fanfarenartig. Eigentlich hätte sie gleich draufkommen können, wer da draußen sein musste. So schellte nämlich nur eine. Aber Feli hatte sich gerade die Hand eingeklemmt und musste mit einem dicken Verband und vielen, vielen Heilungsküsschen im Badezimmer verarztet werden. Vorsichtshalber weinte sie so lange weiter, bis sie auch noch einen Besuch im Tierpark herausgepresst hatte. Erst dann versiegte ihr Schluchzen.
    Trotzdem erschrak Linda, als die beiden vor ihr standen.
    Â»Wir sind es!« Marga trug einen blütenbesetzten Strohhut, weiß und tulpenförmig gebogen, und ihr himmelblaues, kniekurzes Kostümchen. Ziemlich gewagt für Größe 46, aber durchaus eindrucksvoll. Neben ihrer junonischen Erscheinung verschwand der dünne Hugo in seiner sommerlich citybeigen Kombination beinahe. Natürlich nahm sie das Heft sofort in die Hand und sprudelte los, ohne sich mit einer Begrüßung aufzuhalten. Ihre ganz persönliche Art und Weise, genau das zu erreichen, was sie sich vorgenommen hatte. »Wenn du schon nicht den Weg zu uns findest und nicht einmal telefonisch zu erreichen bist, dann müssen halt wir Alten bei euch vorbeischauen!« Der Vorwurf war unüberhörbar. Sie machte den Hals lang und versuchte angestrengt, um die Ecke zu schauen. »Ja, wo steckt sie denn, meine süße, kleine Felimaus?«
    Felimaus kam bereits angetrabt. Mit noch immer ziemlich roten Augen, was Momas prüfendem Blick natürlich keine Sekunde entging.
    Â»Hat das Kind etwa geweint?« Ein Tonfall, der jedem mittelalterlichen Inquisitor Ehre gemacht hätte. »Linda, mich kannst du keine Sekunde aufs Glatteis führen, das Kind hat geweint!«
    Â»Und Garfield?« Weder Tochter noch Mutter verspürten Lust, auf Margas drängende rhetorische Fragen zu reagieren. »Wieso hast du ihn nicht mitgebracht?«
    Â»Den ganzen langen Weg? Ist doch ein Ding der Unmöglichkeit«, wagte Hugo sich endlich einzuschalten. »Katzen können endlose Autofahrten nun mal nicht ausstehen, und unser Garfield schon gar …«
    Â»Wenn ihr den Kater sehen wollt, müsst ihr euch schon zu uns nach Bad Homburg bemühen«, würgte Marga diese in ihren Augen vollkommen überflüssige Diskussion ab. »Und hoffentlich ist er nicht der einzige Grund, der euch nach Hause zieht!« Sie versuchte ein Lächeln. »Aber schau mal, was ich euch alles mitgebracht habe!« Sie schwenkte einen prall gefüllten Korb. »Ebbelwei, frische Landeier und Petersilie, Schnittlauch, Kresse, Pimpernell, Kerbel, Sauerampfer und Borretsch! Gelt, da guckst, Kerle? All die Zutate für die Grie Soß. Die esse wie heit abbe, all zusamme.« Wenn sie ins Hessische verfiel, wurde es erfahrungsgemäß besonders gefährlich.
    Â»Heute Abend? Das geht leider nicht«, sagte Linda schnell. Einen ganzen Abend plus Übernachtung? Und Frühstück am nächsten Tag? Würde sie im Augenblick wohl kaum unbeschadet überstehen.
    Â»Und wieso nicht?« Marga hasste Widerreden jeder Art. Ihr Blick bekam etwas Stechendes.
    Â»Weil ich schon was vorhabe.«
    Â»So? Du gehst aus? Mit wem, wenn ich fragen darf? Und mein Enkelkind? Willst du Feli etwa alleine lassen?«
    Â»Natürlich nicht.« Fünf Fragen hintereinander. Margas bewährte Verhörmethode, ebenso wirksam wie krisenerprobt. Linda spürte, wie ihr überall am Körper der Schweiß ausbrach. Die altbekannte Beklemmung stellte sich sofort wieder ein. Trotz gelungener Flucht. Und obwohl sie sich in der neuen Umgebung von Tag zu Tag besser einlebte.
    Â»Na ja, sonst könnten wir beide ja unter Umständen …« Hugo hatte sich angewöhnt, nahezu jeden Satz ins Vage auslaufen zu lassen. »Ich meine, Marga und ich würden natürlich jederzeit einspringen, falls du unsere Hilfe …«
    Â»Danke, aber das ist wirklich nicht nötig.«
    Himmel, was sollte sie

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