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Das Prinzip Selbstverantwortung

Titel: Das Prinzip Selbstverantwortung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard K. Sprenger
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ernannte Opfer findet oft eine beeindruckende Zahl »rationaler« Gründe, die – allseits mit verständnisvoll-menschelndem Kopfnicken quittiert – ihm einfach
keine Wahl
ließen, als sich dem Diktat anderer bzw. der Verhältnisse zu unterwerfen. Wer jammert, hat daher einen weiteren Vorteil: Er hat immer Kollegen. Er ist nie allein. Jammern ist ein infektiöser, epidemischer Virus, an dem sich die Leute freiwillig anstecken. Einmütig kleinmütig: Die Funktion des Jammerns als Sozialkitt ist nicht geringzuschätzen.
    Die Gefährdung der Karriere, gar des Arbeitsplatzes gilt als Trumpf-As im beliebten Firmenspiel: »Wer ist hier das ärmste Schwein?« Außerdem sei es ja wohl »normal«, von irgend jemandem abhängig zu sein – und sei es nur aus Rücksicht auf die Familie. Im erregten Tonfall: »Sie haben gut reden; ich mache das ja nicht für mich, aber ich habe doch Verantwortung für meine Kinder.« Es ist nicht leicht, jemanden, der sich in seiner Opfer-Story selbstentmündigend eingerichtet hat, für den Gedanken zu öffnen, dass er das alles aus guten, hier nicht zu diskutierenden Gründen gewählt hat. Weil
er
es für richtig und wichtig hält, so zu handeln. Niemand steht an, über seine Gründe ein Urteil zu fällen. Aber er ist verantwortlich für die Konsequenzen.
    Jeder, der heute neu wählen will, kann dies tun, er muss nur bereit sein, den Preis zu zahlen. Aber zahlt er ihn nicht auch schon heute? Anstatt sich also als Opfer der Umstände, als ohn-mächtig zu fühlen, ist es wesentlich praktischer, die Preise zu vergleichen, um sich dann für das eine oder das andere zu entscheiden. Wie auch immer und warum auch immer Sie sich entscheiden, Sie haben damit bewusst die Verantwortung für Ihr Leben übernommen. Eine Verantwortung, die Sie ohnehin haben. Um wie viel besser ist es, sich ihrer bewusst zu sein! Das entscheidet die Selbst-Ent-mächtigten von den Selbst-Er-mächtigten. Sie wählen selbst, zu welcher Gruppe Sie gehören wollen.
    |50| Konsequenzen wählen
    Nicht immer wählen wir bewusst. Viel unbewusstes Wählen ist dabei. Unbewusst vor allem, da wir die Konsequenzen unserer Wahl
der Möglichkeit nach
alle mitgewählt haben. Wir werden kaum in jeder Situation alle Auswirkungen unserer Entscheidungen gedanklich vorwegnehmen können. Warten auf uns vielleicht noch mehr Schwierigkeiten als vor unserer Entscheidung? Manchmal erscheinen auch nur die Kosten der Informationsbeschaffung zu hoch. Aber eine Entscheidung ohne Risiko ist keine Entscheidung. Und es ist unpraktisch, darüber zu klagen, dass etwas Unerwartetes, Nichtkalkuliertes auftritt und unsere Pläne durchkreuzt. Erheblich praktischer ist es für ein stabiles Commitment, sich nicht vom Unerwarteten abhängig zu machen.
    Nehmen wir ein rigoroses Beispiel zur Verdeutlichung: Ich erinnere noch sehr deutlich das Lamento einiger Führungskräfte aus der nordrhein-westfälischen Stahlindustrie, deren Arbeitsplätze seit dem Jahre 1992 massiv bedroht waren. Nun war es schon immer eine Illusion zu glauben, der Markt sei ein Alleskleber für Arbeitsplatzsicherheit. Wer zu Beginn der achtziger Jahre im Stahlbereich arbeitete, musste allemal wissen, dass er vor dem Hintergrund der seit Jahren schwelenden Stahlkrise von Arbeitslosigkeit bedroht war. Darüber zu klagen, dass dann genau dieser Fall eintrat, ist bestenfalls menschlich verständlich – intelligent ist es nicht. Das war prognostizierbar. Aber unabhängig davon: Wer als Angestellter im Unternehmen arbeitet, läuft
grundsätzlich
und immer Gefahr, seinen Arbeitsplatz zu verlieren. Das ist Teil des Spiels, das er gewählt hat. Ganz im Gegensatz zum Selbständigen. Dieser hat ein anderes Spiel gewählt. Er hat allerdings auch andere Risiken zu gewärtigen: keine Aufträge zu erhalten und damit ebenfalls arbeitslos zu werden. Aber auch diese Gefahr besteht eigentlich nicht; es besteht lediglich die Gefahr, dass man
diese
Arbeit nicht mehr ausführen kann.
    Wem die Sicherheit als einzige Orientierungsboje im Fluss des Lebens gilt, dem wird es allerdings schwer fallen, sich für den Gedanken des Wählenkönnens zu öffnen. Es dominiert dann das Gefühl des Gefangenseins. Viele haben sich ihr Leben derart luxuriös |51| ausmöbliert, dass es ihnen geradezu absurd erscheint, etwas davon aufs Spiel zu setzen. Die Ketten aus Gold binden ebenso wie die Ketten aus Eisen. Und in der Tat kann der Preis aus der Sicht des einzelnen außerordentlich hoch sein. Darum geht es mir hier auch gar nicht.

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