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Das Prinzip Selbstverantwortung

Titel: Das Prinzip Selbstverantwortung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard K. Sprenger
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Schule. Meine Frau hat einen kleinen Laden in der Nähe. Und außerdem: Wie soll ich denn mit meinen fünfzig Jahren noch ein neues Unternehmen finden? Die suchen doch alle nur Leute unter vierzig.« Ich nehme diesen Einwand ernst; und mancher Leser wird meine bisherigen Ausführungen als »theoretisch« etikettieren und milde lächelnd den akademischen Glasperlenspielen zurechnen.
    Aber das Argument trifft daneben. Auch dieser Manager will den Preis nicht zahlen, wobei ich weit entfernt bin, ihm zu empfehlen, er solle das alles aufgeben. Viele indes haben sich im Laufe der Jahre derart mit Wohlfahrtsopiaten gedopt, dass schon allein das Festhalten an dieser Bequemlichkeit Zwänge auftürmt und die Freiheit der Wahl scheinbar völlig verschüttet hat. Aber konsequent gedacht: Dieser Mensch will das zwar alles nicht opfern, er ist aber auf der anderen Seite bereit, vielleicht täglich einen Beruf auszuüben, der ihm schon lange nicht mehr gefällt, und täglich mit einem Chef zu arbeiten, der ihm das Leben unerträglich macht.
Diesen
Preis will er zahlen, den anderen nicht. Das ist seine Entscheidung. Er kann auch eine andere treffen.
    Gehen wir ins Extreme, und jeder prüfe sich selbst: Wer hindert Sie, den Traumjob als Segellehrer in der Karibik anzunehmen? Sie selbst ganz allein. Sonst niemand. Sie wollen auf die Annehmlichkeiten Ihres vollklimatisierten Sicherheits-Containers nicht verzichten. Und dagegen ist auch sicher nichts zu sagen. Aber beschuldigen Sie nicht Ihre Familie, die Umstände … all das
können
Sie abwählen, wenn Sie wollen. Wenn Sie es nicht wollen und weiter so leben wie bisher, dann tun Sie es in dem Bewusstsein, es gewählt zu haben. Damit entfällt jede Grundlage der Schuldzuweisung und des »Ich kann ja nicht, weil …« Seneca sagt: »Nicht |54| wollen ist der Grund, nicht können nur der Vorwand.« Hart, aber wahr? Nein: hart, also wahr.
    »Jeder macht, was er will.« Was mit allgemeinem Chaos assoziiert wird und was auch die modische Chaostheorie nicht zur Ordnung beschönigen kann, ist tatsächlich so. Sie tun immer das, was Sie wollen, und niemals das, was andere wollen. Luthers berühmte Ausrede ist dann zu ändern: »Hier stehe ich, ich kann auch anders!«
    Erwartungen anderer
    Die Forderung des Chefs, den Umsatz im nächsten Jahr zu steigern, mag allgemeine Aufregung auslösen. Ungeachtet dessen entscheiden Sie selbst, ob Sie diesen Ansprüchen entsprechen wollen. Das können Sie tun oder lassen. Für beides sind Sie verantwortlich.
    Die Erwartungen anderer sind die Erwartungen
anderer
. Das Drama beginnt erst, wenn Sie sich die Erwartungen anderer reflexhaft zu eigen machen. Gefallsucht und vorauseilender Gehorsam sind oft die desaströsen Folgen. Wenn Sie aber zwanghaft fürchten, dass Sie irgendein top shot nicht mehr mag und Ihnen Karrierechancen verbaut, machen Sie sich zum Spielball anderer, geben anderen Macht über sich. Sie verlagern Ihre Steuerungsinstanz nach außen. Und das ist das Ende der Selbstverantwortung. Sie sind nicht auf der Welt, um die Erwartungen anderer zu erfüllen.
    Ein zweites Drama beginnt, wenn Sie die Erwartungen anderer abwerten. Das müssen Sie keineswegs tun. Denn alle im Unternehmen haben das Recht, Leistung oder Verhalten zu fordern. Meiner Erfahrung nach würden sich zwar die wenigsten Mitarbeiter erdreisten, z. B. in die Zahlenhochbauten der Kostenrechner hineinzupfuschen. Anders beim Vertrieb und Marketing: Da glauben die meisten Mitarbeiter, intime Kenntnisse zu haben und mitreden zu können. Kein Grund, sich aufzuregen! Selbstverständlich können sie sich einmischen und Erwartungen formulieren. Aber
Sie
entscheiden, wie Sie handeln.
    |55| Und bei der Forderung nach 20prozentiger Umsatzsteigerung unter widrigen Marktumständen? Die Antwort eines selbstverpflichteten Außendienstlers sieht so aus: »Natürlich bringe ich eine Umsatzsteigerung von 20 Prozent im nächsten Jahr. Dazu benötige ich unterstützend ein Budget von X, die Verkaufsförderungsaktion Y und Support vom Marketing Z. Sie wollen mir diese Voraussetzungen nicht zur Verfügung stellen? Dann gebe ich kein Commitment für 20 Prozent. Ich vereinbare nur das, was ich auch halten kann. Und bitte: Misstrauen Sie nicht meiner Leistungsbereitschaft!«
    Jargon der Unverantwortlichkeit
    Ich habe den Eindruck, dass die mehr oder weniger bewusste Weigerung zu wählen – gerade auch wenn die anstehende Wahl eigentlich keinen Aufschub duldet – im Wirtschaftsleben insgesamt zunimmt.

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