Das Prinzip Selbstverantwortung
Denn keineswegs will ich jemandem nahe legen, seinen Wohlstand und die Sicherheit stabiler materieller Verhältnisse zu opfern. Das Problem ist, dass viele nicht bereit sind, für die Auswirkungen ihres Festhaltens Verantwortung zu übernehmen, sie als Resultat ihrer Entscheidung anzuerkennen und die Unbeweglichkeit als Preis zu zahlen.
Die grundsätzliche Freiheit der Wahl haben Sie immer. Wenn Sie sich in der Verantwortung für Ihr Unternehmen fühlen, dann haben Sie diese Verantwortung gewählt. Sie können sie auch abwählen. Ob das moralisch oder unmoralisch, richtig oder falsch ist, steht hier nicht zur Debatte. Wenn Sie aber gewählt haben, dann sind Sie verantwortlich für diese Wahl, sprich: Sie haben die Konsequenzen zu tragen. Und es zerstört das Selbstwertgefühl, über diese Konsequenzen zu klagen. Es ist wie mit der Kindererziehung: sie ist nicht schwierig, aber es fällt oft schwer, mit den Ergebnissen zu leben.
Einsprüche
»Da habe ich wohl keine Wahl«, sagte Billy the Kid resigniert, als er in die Revolvermündung des Sheriffs schaute. Übertragen wir diese Szene auf unser Spielfeld für jene Leser, denen am Prinzipiellen liegt: »Zweimal habe ich jetzt Aufgaben abgelehnt, die mir die Unternehmensleitung angeboten hat. Kürzlich wurde mir wieder eine Aufgabe – diesmal im Ausland – angeboten. Wenn ich auch diese ablehne, bin ich für immer unten durch.« Eines jener berühmten »Angebote, die man nicht ablehnen kann«.
Kann er schon. Will er nicht. Unserer Führungkraft ist der mutmaßliche Preis zu hoch. Deshalb entschied er sich, anzunehmen. Zweifellos nachvollziehbar. Ob klug, mag ich hier nicht entscheiden, bin aber im Zweifel, ob es jemals klug ist, unter solchen nötigenden Umständen »Ja« zu sagen. Aber selbst in extremen Fällen |52| müssen wir einräumen, dass derjenige, der eine bestimmte Rolle im Unternehmen übernimmt, dies aufgrund eigener Willensentscheidung tut. Unter Umständen muss er, wenn er ablehnt, einen hohen Preis zahlen. Aber eigentlich vergleicht er nur die Preise.
Oder der Banker, dem sein Unternehmen den Aufbau einer Niederlassung in den neuen deutschen Bundesländern anvertraut hat und der über die vielen Schwierigkeiten und seine innerfamiliären Probleme klagt: »Aber ich kann doch diese Aufgabe jetzt nicht einfach liegen lassen, wo ich doch gerade erst angefangen habe.« Doch, er kann. Aber er will nicht.
Anderes ist ihm wichtiger
. Niemand steht an, für jemand anderen zu bewerten, dass dieser oder jener Preis höher oder niedriger zu bewerten sei. Das ist ausschließlich eine Frage der persönlichen Werthaltung. Wofür der eine seinen Job kündigen würde, ringt dem anderen nur ein müdes Lächeln ab. Wenn Sie mit allen Umständen in Ihrem Unternehmen leben können, nur nicht mit der Tatsache, dass z. B. das Mutterunternehmen in den USA die Richtlinien diktiert, dann gibt es Hunderte von Jobs, wo das nicht der Fall ist. Da können Sie hingehen. Wenn Sie mit allen Umständen in Ihrem Unternehmen leben können, nur nicht mit der Tatsache, dass Ihnen beim kleinsten Umsatzeinbruch die Budgets zusammengestrichen werden, dann gibt es Hunderte von Möglichkeiten, wo das nicht passiert, ja Hunderte von Jobs, in denen Sie gar keine Budgets verantworten müssen. Grundsätzlich gilt:
Wer sagt »Ich kann nicht«, der will nicht.
Manager – wie der obengenannte – rechtfertigen ihre Versetzung in ein anderes Land gegenüber ihrer Familie oft genug damit, dass sie »keine andere Wahl« gehabt hätten. Ich will nicht Entscheidungsprozesse banalisieren, die persönlich oft als dramatisches Wechselbad der Gefühle erlebt werden. Tatsache ist aber: Wenn Sie sich so entschieden haben und was immer Sie auch empfinden, Sie haben die Interessen und Ansprüche Ihrer Familie abgewählt zugunsten der mutmaßlichen Ansprüche Ihres Unternehmens. Vielleicht bedroht diese Klarheit Ihr Rollenverständnis vom guten Familienvater. Vielleicht wollen Sie trotz Ihrer Absage an die |53| Belange der Familie als fürsorglicher Familienvater gelten. Da ist es nahe liegend, auf den bekannten Trick zurückzugreifen und sich und anderen zu erzählen, dass Sie doch letztlich keine Wahl gehabt hätten. Doch! Die hatten Sie. Sie wollen aber für Ihre Entscheidung nicht geradestehen. Wie Kinder, die glauben, nicht gesehen zu werden, wenn sie die Augen schließen.
Ein sichtlich entrüsteter Manager: »Sie haben gut reden. Ich habe hier am Ort ein Haus gebaut. Meine Kinder gehen hier noch zur
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