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Das Prinzip Selbstverantwortung

Titel: Das Prinzip Selbstverantwortung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard K. Sprenger
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seine Weltsicht als die »richtige« zu behaupten, vor allem aber: seinen eigenen Vorteil zu sichern. Jede Kritik will den eigenen Vorteil zum Nachteil des anderen. Hingegen ist die Konfrontation bemüht, die Kooperation zwischen zwei Partnern nicht zu gefährden. Für sie steht die »Beziehung« auf dem Spiel. Sie möchte die Beziehung erhalten, indem sie den
gemeinsamen
Vorteil anstrebt. Sie fragt: »Wo ist der Punkt, an dem es für mich wieder in Ordnung ist, der aber auch für Sie voll zustimmungsfähig ist?«

    |212| Kritik ist leicht. Diese Nummer haben die meisten von uns seit der Kindheit ausdauernd trainiert. Aber Kritik zerstört Commitment. Konfrontation ist schwierig. Wie alle Führung. Sie erfordert Disziplin, das tief verinnerlichte Wissen um die subjektgebundene Perspektive und ebenso tief empfundenen Respekt vor dem Anderssein des anderen. Aber nur dieser Respekt kann das Commitment des anderen erhalten.
    Be-Urteilungen
    Der Wunsch nach Veränderung setzt eine Beurteilung voraus. Deshalb noch ein Wort zum Thema »Leistungsbeurteilung«.
    Es gibt eine Sehnsucht nach Objektivität – aber es gibt eine Realität, die heißt Subjektivität. Nur das unerschütterlich gute Gewissen der Gedankenlosigkeit kann leugnen, dass jeder den Mitarbeiter »hervorbringt«, den er bloß zu registrieren meint. Die Beurteilung eines Mitarbeiters illustriert vorrangig die Eigenschaften und Perspektiven des Beurteilers, nicht des Beurteilten. Wenn wir die Wirklichkeit über den anderen suchen, finden wir immer nur uns selbst. Wir entdecken nicht den Mitarbeiter, »wie er wirklich ist«, sondern wie wir ihn erschaffen.
    Alle Beurteilung sagt also immer mehr über den Beurteiler aus als über den Beurteilten. In einem Wort:
    Jede Beurteilung ist Selbstbiographie.
    Was immer also jemand über Sie sagt, es ist
seine
Wahrheit, aber nicht
die
Wahrheit. Terry Cole-Whittaker hat das sehr pointiert ausgedrückt: »Was Sie von mir denken, geht mich nichts an. Es geht Sie etwas an.«
    Lesen Sie Leistungsbeurteilungen über Ihre Mitarbeiter als Urteile über sich selbst – und Sie erhalten interessante Informationen.
    Grund genug, das ganze System der Beurteilungs- und Fördergespräche über den Haufen zu werfen? Ich meine: Nein. Denn auf der anderen Waagschale liegen auch einige schwer wiegende Aktivposten. Wie subjektgebunden Urteile auch immer sein mögen: |213| ge-, be- und abgeurteilt wird immer. So oder so. Zudem ist der Verwendungszusammenhang der Urteile in einer Organisation keineswegs subjektiv, sondern
faktisch
und für den einzelnen folgenreich: Über diese Urteile werden Karrierechancen vergeben, Gehälter gesteuert, Förderpläne in Kraft gesetzt, gar die Trennung von einem Mitarbeiter erwogen. Bekanntlich werden Urteile ja »gefällt«. Keine Nebensächlichkeit also. Aus diesem Grunde halte ich es einfach für fair, das Urteil gegenüber dem Mitarbeiter offen zu machen. Einige Hinweise sind dazu vielleicht hilfreich:
Nehmen Sie die innere Einstellung streng subjektiver Perspektive ein, die andere Meinungen, Beobachtungen und Maßstäbe nicht abwertet, sondern als ebenso gültig zulässt. Halten Sie Ihre Wahrnehmung eines Mitarbeiters nicht für die Wahrheit.
In sämtlichen Handbüchern zur Leistungsbeurteilung stehen Tipps wie diese: »Räumen Sie ein, dass Sie sich möglicherweise irren können.« Nein! In Ihrem Urteil können Sie sich nicht irren. (Außer Sie sind wissentlich unwahrhaftig oder haben eine Informationslücke.) Sie haben das Recht, Ihren Mitarbeiter so zu sehen, wie Sie ihn sehen. Beschönigen Sie nichts. Schonung ist ein Bärendienst.
Erklären
Sie Ihre Urteile, aber rechtfertigen Sie sie nicht. Dass der Mitarbeiter sein Verhalten anders erlebt, als Sie es tun, liegt in der Natur der Sache. Vereinbaren Sie Erlebensunterschiede als wechselseitige Beobachtungs- und Handlungsverpflichtung (Ziele) für den nächsten Beurteilungszeitraum.
Es ist entwürdigend und lächerlich, dem Mitarbeiter in einigen Zeilen das Recht auf »Gegendarstellung« einzuräumen. Der Mitarbeiter
kann
seine Leistung und sein Verhalten gar nicht so wie Sie erleben. Es ist unmöglich.
Lesen Sie Mitarbeiterbeurteilungen auch als Rückkoppelung an sich selbst! Sie erhalten interessante Hinweise auf Ihre Wahrnehmungsmuster, auf Ihre Wertmaßstäbe und vielleicht auch auf Ihren Anteil am Verhalten des anderen.
    Anlass genug, »Ene-mene-muh-und-raus-bist-du«-Urteile zu überdenken. Was den »Wahrheits«-Gehalt der Beurteilungen angeht,

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