Das Prinzip Terz
eine mausearme Tippse in seinem Büro. Meines Wissens gibt es einen Ehevertrag.«
»Ich meine, wieso hast du dein Golfspiel verschoben?«
»Ein potenzieller Auftraggeber möchte mich kennen lernen.«
»Wo kommt der her?«
»Na, von dir, dachte ich.« Sie sah ihn verständnislos an. »Ein gewisser Ramscheidt. Anscheinend hast du bei Meyenbrinck so von mir geschwärmt, dass er mich heute sofort anrief. Da bekäme ich einen Fuß bei Wittpohl in die Tür. Das darf ich mir nicht entgehen lassen.«
»Und Daunwart?«
»Mache ich weiter, bis er genug hat.«
»Aber die Kinder …«
»Julie hätte Zeit, ich habe sie schon gefragt.«
»Wann bist du dort?«
»Wir gehen Mittag essen.«
Damit war sie wahrscheinlich zu kurz abwesend. Das hieß noch ein Tag in der Hitze für Sandel. Bald würde er von ganz allein in kleinen Portionen davonwandern.
Unter dem Vorwand, noch arbeiten zu müssen, ließ er Elena allein schlafen gehen. Er hörte noch einmal das Tonband ab. Was tut man gegen Erpresser?
Er brauchte das Original.
Terz stieg ins Wohnzimmer hinab, in der Hand das kleine Gerät aus der Asservatenkammer. Es erinnerte an eine altmodische Fernbedienung mit Display. Langsam ging er alles ab, sein Blick kroch in jeden Winkel, doch das Gerät blieb stumm. Terz überprüfte den Raum noch einmal, dann die offene Küche. Die Treppen auf die Galerie, die Galerie, sein Arbeitszimmer, Elenas. Nichts. Entweder war die Wanze nicht mehr aktiv oder irgendwie abgeschottet, oder – es gab keine Wanze.
Nachdenklich betrachtete er in der Glaswand zum nächtlichen Hof sein Spiegelbild. Wenn er den Fokus seines Blicks änderte, verschwammen die Züge und er konnte hindurchsehen, aber dort waren nur das Dunkel der Nacht und der Schatten des Fasses.
8
Sein mittwochmorgendlicher Laufpartner Thomas Ayl, Zigarrenclubgründer und als solcher mitten im Szenegeschehen, hatte den Werbemann Sorius natürlich gekannt und versprach, sich umzuhören. Den Vormittag hatte Terz ursprünglich für Sandels Entsorgung vorgesehen, stattdessen fuhr er ins Büro. Er bereitete sich einen Cappuccino auf der Espressomaschine zu, die er eigens für die Abteilung gekauft hatte. Allein der Gedanke an jene schwarze Flüssigkeit, die in anderen Abteilungen stundenlang auf der Wärmplatte oder in einer Thermoskanne vor sich hin moderte, machte ihn trübsinnig. Er las das Agenturporträt von Sorius & Partner, in dem prominente Namen versammelt waren: eine Biermarke, eine Kosmetikfirma, ein Lebensmittelhersteller, eine Handelskette, ein Verlag, die Partei des Bürgermeisters und viele andere. Ihm graute bei dem Gedanken, sie womöglich alle befragen zu müssen.
Dann studierte Terz den Bericht der Techniker. Niemand war mit Gewalt in das Haus eingedrungen. Dank der Reinigungsfrau gab es wenig Spuren, die konkreteste waren lange, hellblonde Haare aus dem Bett von Sorius.
Als Nächstes widmete er sich den Unterlagen, die Lund über das Opfer zusammengetragen hatte.
Winfried Sorius, Absolvent einer Fachschule für Grafik und Gestaltung, hatte sich bald nach Studienende selbständig gemacht. Nach einigen Jahren verkaufte er Anteile seiner Agentur an ein internationales Network. Zwei Jahre später wurde er Chef der deutschen Niederlassung mit mehreren hundert Angestellten. Nach drei Jahren erwarb er seine Anteile zurück und war wieder sein eigener Herr und der über drei Dutzend Angestellte. Das Eintreten von Hollfeldens, eines ehemaligen Mitarbeiters des damaligen Oppositionsführers und heutigen Bürgermeisters, brachte die Agentur umsatzmäßig weit nach vorn.
Terz überflog Lunds Beschreibung der Wohnungseinrichtung. Die Mehrzahl waren teure Designerstücke, zweimal fiel der Name Kantau. Das mochte nichts weiter heißen, es war nahe liegend, dass ein Werbeagenturbesitzer Produkte seiner Kunden verwendete. Auch wenn Terz immer gedacht hatte, das genauere Wissen um die beworbenen Artikel müsste den Fachmann abschrecken. Oder nahmen Werber ihre Texte und Witzchen für Waschpulver und Cellulitecremes ernst?
Beeindruckt schien Maria Lund von Sorius’ Garderobe. Anerkennend äußerte sie sich über das Pflegesortiment des Mannes. Der Wunsch war zu erahnen, dass mehr Männer sich mit dieser Sorgfalt um ihr Äußeres kümmern sollten.
Von Terz’ eigener Ausstattung zur Verschönerung seines Erscheinungsbilds konnte man direkte Schlüsse auf seine Eitelkeit ziehen, pflegte Elena liebevoll zu spotten. Dabei hätte er seiner Liebe zu Düften aller Art auch als
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