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Das Prinzip Terz

Das Prinzip Terz

Titel: Das Prinzip Terz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Rafelsberger
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gegrillten Wolfsbarsch filetierte.
    »Soweit ich mich erinnere, hatten die beiden Täter ihre Theorie zu oft mit anderen diskutiert. Irgendjemand hat das dann der Polizei gesteckt. Den Mord haben sie, glaube ich, bis heute nicht zugegeben.«
    »Wurden sie verurteilt?«
    »Ich meine mich zu erinnern, dass es sie schließlich doch noch erwischt hat.«
    »Wobei die beiden ja einen groben Denkfehler begingen«, wandte Terz ein. »Denn es gab ein Motiv für den Mord. Ihr eigenes nämlich: den Beweis führen zu wollen, dass ein scheinbar motivloser Mord nicht aufzuklären wäre und damit das perfekte Verbrechen möglich.«
    Er legte Gabel und Messer nebeneinander auf den leeren Teller und tupfte mit der Serviette das Fett von den Lippen.
    »Das Thema perfektes Verbrechen ist allerdings unerschöpflich.«
    »Wirklich perfekt wird es ja eigentlich erst, wenn es nicht bemerkt wird, finde ich«, sagte Ramscheidt.
    »Manche Fachleute gehen davon aus, dass zu allen bekannten noch einmal so viele nie entdeckte kommen«, bestätigte Terz.
    Elena sagte: »Oder solche, die mangels rechtlicher Möglichkeiten oder mangels Macht nicht geahndet werden. Konzerne, die Menschen wie Stückgut behandeln. Staaten, die andere überfallen mit dem Argument der Selbstverteidigung oder Befreiung.«
    Elena, die solche Diskussionen immer lustvoll anzettelte, genoss zum Glück wie die meisten anderen ihrer Haltungsgenossinnen und -genossen das Bad in der eigenen Empörung, verweigerte jedoch in der Realität weder den Gebrauch von Konzernprodukten noch den Konsum an sich. Machte Terz sie darauf aufmerksam, erklärte sie aufgebracht: »Dass ich mich den Tatsachen beuge, heißt nicht, dass ich mit ihnen einverstanden bin!«
    »Den Unterschied zwischen Recht und Gerechtigkeit werden wir heute Abend auch nicht aufheben«, sagte Terz, um eine ebenso langweilige wie lang dauernde Unterhaltung gar nicht aufkommen zu lassen, in die er als Kommissar besonders gern verwickelt wurde. Sie endeten immer auf die gleiche Weise: mit der Erkenntnis, dass der Mensch eben so sei, es keine endgültige Lösung gebe und sich nur alle beständig bemühen können, ihr Bestmögliches zu geben. Und das, nachdem man davor drei Stunden lang nicht verbindlich hatte klären können, was Gut und Böse überhaupt sind!
    Es hatte zu dämmern begonnen, am Wasser wurde es kühler. Flackernde Kerzen markierten den Übergang zur Dunkelheit, von gegenüber grüßten tausendfach ihre elektrischen Cousinen an Kränen, Terminals, Brücken und Schiffen im Hafen. Es war einer dieser phantastisch langen Sommerabende, an denen Terz glücklich war, in dieser Stadt zu leben und in keiner anderen der Welt.
    Sie waren mit ihrem Dessert fertig, und Terz sagte nach einem demonstrativen Blick auf die Uhr: »Julie muss noch nach Hause kommen.«
    Ramscheidt übernahm die Rechnung und bot ihnen an, sie nach Hause zu bringen. Nachdem Terz ihm erklärt hatte, dass er mit dem eigenen Wagen da sei, verabschiedete er sich mit einem langen Händedruck von Elena. Terz drückte er kräftig die Hand und klopfte ihm mit der anderen auf die Schulter.
    »Prächtiger Abend, Herr Kommissar. Müssen wir bald einmal wiederholen.«
    Terz lächelte höflich und dachte, bitte nicht.
    Juliette lag auf dem Sofa, sah fern und kraulte Vito, der es sich auf ihrem Schoß bequem gemacht hatte. Als sie Terz und Elena sah, warf sie die Katze ab und stand auf. Vito streckte und schüttelte sich neben ihr.
    »Ich werde dich nach Hause bringen«, sagte Terz.
    »Nicht nötig, ich freue mich auf ein kleine Radfahrt«, flötete die junge Frau mit ihrem reizenden Akzent.
    Sie wechselten ein paar Worte über die Kinder. Juliette war mindestens so verliebt in die zwei wie diese in sie. Probleme hatte es noch nie gegeben, so auch diesmal.
    Schon an der Tür und nachdem sie ein weiteres Angebot von Terz, sie nach Hause bringen, abgelehnt hatte, fragte sie ihn:
    »Arbeitest du eigentlich noch immer mit diese Samen, oder wie er heißt?« Sie meinte Sammi.
    »Ja, wieso?«
    »Ich habe ihn heute Vormittag hier im Haus gesehen.«
    Während Terz sich auf dem Begräbnis von Sorius mit den Journalisten herumgeschlagen hatte.
    »Als ich ihn begrüßte, schien es ihm peinlich zu sein. Er unterhielt sich mit dem alten Nazi, du weißt, der sein arme Hund Pappe in die Ohren steckt.«

16
    Wie eine graue Felsplatte lag die Alster an diesem wolkenverhangenen Morgen in der Stadt. Terz’ Haare waren nass vom Nieselregen, der ihn während seiner morgendlichen

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