Das Prinzip Terz
die zwei verschüchterten Mädchen festhielten und ihre Angst durch Katzestreicheln zu lindern versuchten. Terz wunderte sich, dass sie überhaupt noch Glieder frei hatten, mit denen sie sich nun auch an ihn klammerten. Der Flur sah aus, als hätten sie eine Party gefeiert. Doch der Grund für das Chaos tauchte gerade selbstzufrieden aus dem Wohnzimmer auf: Sammi, gefolgt von zwei Einsatzbeamten, die das Fass auf einem Trolley vor sich herrollten.
»Ah, Konrad«, begrüßte ihn sein – vorläufig ehemaliger – Mitarbeiter und hielt ihm ein Papier unter die Nase: der amtliche Durchsuchungsbefehl. Terz unentwegt angrinsend, steckte er ihn wieder weg. »Jetzt hast du genug Zeit für Interviews und Autogrammstunden. Unten warten sie schon.«
Zehn Zentimeter größer als sonst stolzierte Sammi hinaus. Eine Kette von sieben Beamten folgte, jeder trug einen großen Pappkarton, gefüllt mit Unterlagen. Zuletzt defilierte Hasselbach an ihm vorbei. Er maß Terz mit einem abschätzigen Blick und hielt es nicht einmal für nötig, die Tür hinter sich zu schließen.
Sammi und seine Leute hatten entgegen allen Gepflogenheiten die Wohnung rücksichtslos verwüstet. Nachdem Terz die Kinder getröstet hatte und sie schon wieder frech wurden, machte er sich mit Julie ans Aufräumen. Die ganze Zeit war er versucht, zu den Journalisten hinunterzugehen und ihnen seine Version zu erzählen, doch erstens hatte er keine glaubwürdige, und zweitens war es daher momentan besser, etwas leiser zu treten. Er rief Elena an, um sie zu warnen. Dann zog er das Telefon ab.
Den Rest des Nachmittags verbrachte er mit den Kindern, half ihnen bei den Hausaufgaben. Obwohl er an einem Wochentag zu Hause war, stellte sich keine Urlaubsstimmung ein.
»Fabelhaft«, war Elenas einziger Kommentar, als sie nach Hause kam.
»Warten sie noch immer draußen?«
»Die Journalisten sind weg. Aber ich glaube, zwei deiner Kollegen haben es sich in einem Wagen gegenüber bequem gemacht.«
Sammi ließ ihn sogar überwachen!
Julie blieb, bis die Kinder im Bett waren. Nachdem sie gegangen war, sagte Elena: »Vielleicht sollte ich für ein paar Tage mit den Kindern wegfahren.«
Eiswasser strömte durch Terz’ Rückgrat.
Elena setzte sich auf seinen Schoß und küsste ihn.
»Natürlich nur, wenn du einverstanden bist. Ich möchte sie dem Rummel nicht aussetzen. In ein paar Tagen sind die Missverständnisse geklärt.« Sind sie doch?, fragte ein kleiner Funke tief im Inneren ihres Blicks, der Terz fast das Herz aus dem Leib riss.
»Wir könnten sie auch zu deiner Mutter oder Julie bringen, und ich bleibe hier. Damit es nicht aussieht, als ob ich …«
»Besser zu Julie. Mutter wird morgen sehr müde sein.« Er erzählte ihr seinen Plan.
»Und du glaubst, etwas zu finden? Das kann Tage dauern. Hast du keine genaueren Hinweise?«
Terz schüttelte bedauernd den Kopf, und vielleicht rüttelte diese Bewegung den Gedanken frei. Er rief seine Mutter an.
Kurz vor elf Uhr abends verließ er die Wohnung, nahm den Lift und schlich im dunklen Treppenhaus bis zum Haustor, ohne es zu öffnen. Im Licht der Straßenlampen entdeckte er seine beiden Beschatter, die irgendwelche Brötchen verschlangen. Terz ging durch den Hausflur nach hinten und verließ das Gebäude in den Garten. Er kletterte über einen Zaun und zwei Hecken und gelangte zu dem Haus, von dem er seit einer Feier vor ein paar Wochen wusste, dass die Hintertür immer offen war. Schnell durchquerte er das Treppenhaus und trat vorsichtig auf die Straße. Hundert Meter links von ihm interessierten sich die Kollegen noch immer nur für seinen Hauseingang und ihre Stullen. Terz schlenderte im Schatten der Bäume um die nächste Straßenecke, wo seine Mutter mit ihrem Wagen wartete.
»Was ist los? Warum diese Geheimnistuerei? Ich habe fünf Leute aufgetrieben, lauter Fachfrauen und -männer.«
»Wir müssen noch ins Präsidium.«
Sie sah ihn verständnislos an.
»Und wir müssen uns beeilen.«
Während der Fahrt ließ er seine Mutter über »Geld regiert die Welt« schwätzen, vor dem großen sternförmigen Gebäude trug er ihr auf zu warten.
Die wachhabenden Beamten am Eingang ließen ihn trotz Suspendierung passieren. Durch die verlassenen Flure eilte Terz in sein Büro. Ein kurzer Blick genügte: Sämtliche Unterlagen zu den Fällen Sorius und Co waren daraus verschwunden. Er fand sie in Sammis Zimmer. Nach ein paar Minuten Stöbern hatte er den Zettel gefunden.
Das erste Mal war er ihm im
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