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Das Prinzip Uli Hoeneß

Das Prinzip Uli Hoeneß

Titel: Das Prinzip Uli Hoeneß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Bausenwein
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Hoeneß fest, hätten die Leute trotz einsetzender Wirtschaftskrise »für Dinge, die ihnen am Herzen liegen«, immer noch genügend Geld. 2007/08 nahm der Branchenführer der Bundesliga im Bereich Merchandising 41,1 Mio. Euro ein.
    Die Namen und der Geschmack der Frauen
    »Die Liga braucht fremde Stars«, wusste Uli Hoeneß bereits in den achtziger Jahren. Wenn ein Maradona käme, schätzte er, wären die Auswärtsspiele der Bayern »ein Jahr lang ausverkauft. Und in München hätten wir zehntausend Zuschauer mehr im Schnitt.« Ein Maradona blieb für die Bayern freilich eine Nummer zu groß, selbst ein Show-Auftritt des Superstars im Bayern-Trikot bei einem für den Herbst 1992 geplanten Freundschaftsspiel scheiterte, da der DFB eine Live-Übertragung untersagte. So mussten sich die Bayern denn, um die Zuschauer ins Stadion zu locken, mit etwas bescheidener klingenden Namen begnügen. Vor der Saison 1995/96 verkündete Hoeneß, dass man jetzt endlich »Spieler mit Charisma« präsentieren könne – und meinte damit Klinsmann, Herzog, Sforza und Strunz. »Wir haben jetzt eine Ansammlung von großen Stars«, jubilierte er in einem Anflug von Größenwahn, »so, wie es der AC Mailand schon seit Jahren kennt.« Die Strategie in der Transferpolitik lautete nun ganz dezidiert, Spieler nicht nur wegen ihrer sportlichen Qualität zu kaufen, sondern vor allem wegen ihres Vermarktungspotenzials. »Die Namen machen’s«, umschrieb Hoeneß sein Marketing-Credo. »Wenn ich Namen anbiete, sagt der Kunde: Mensch, da muss ich hin.« Und haben die attraktiven Stars erst einmal die Zuschauer ins Stadion gelockt, dann schließen sich daran, siehe Merchandising, allerlei andere Geschäfte an. Ein guter Fußballer taugte zur Verbesserung des Bayern-Spiels; noch besser aber war es, mit ihm zugleich einen Typen zu haben, der sich gut vermarkten ließ.
    Zur Präsentation der alljährlich aufgefrischten Ansammlung von »Namen« bedienten sich die Bayern des im US-amerikanischen Basketball geläufigen Begriffs »Dream-Team«. Jedes Jahr ein neues »Dream-Team«, lautete die Losung, und die Zuschauer würden strömen, die Kasse fortwährend klingeln. Und träumen von den Bayern-Stars sollten künftig nicht mehr nur die Männer, sondern auch die Frauen. Bis in die achtziger Jahre hatte der Fußball ein geradezu frauenfeindliches Image; mit dem Besuch eines Fußballstadions verband sich die Vorstellung eines von Bierdunst, Gegröle, Pöbeleien und gelegentlichen Schlägereien begleiteten Männerrituals. Dies sollte sich nun ändern. Der FC Bayern war der erste Bundesligaklub, der sich gezielt die Frauen als Kundschaft erschloss.
    Für die Erfüllung seines Vorhabens, den Fußball als ein Ereignis für alle Schichten und die ganze Familie zu vermarkten, hatte Uli Hoeneß bei den Bayern die denkbar beste Ausgangsposition vorgefunden. Anders als etwa vielen Klubs aus dem Ruhrpott haftete den Bayern nie der Ruf eines »proletarischen« Vereins an. Zudem hatte sich der Fußball vor allem in München bereits seit den siebziger Jahren für die besseren Gesellschaftsschichten geöffnet. Franz Beckenbauer war einer der ersten deutschen Profis, die gezielt den Zugang in die »High Society« suchten und fanden. Auch andere Bayern-Spieler hatten eine breite Popularität gewonnen, die sich in den von der Zeitschrift »Bravo« verliehenen »Otto«-Preisen für Sportler widerspiegelte. Erster Bayern-Spieler, der den »Gold-Otto« erhielt, war Gerd Müller im Jahr 1973, Karl-Heinz Rummenigge erhielt die Trophäe von 1980 bis 1984 sogar fünfmal hintereinander. Die Begeisterung für den Fußball war also bereits keine Sache mehr, für die man sich schämen musste, als im Zuge der Frauenemanzipation ein höherer Anteil der Männer in der Kindererziehung gefordert und damit auch die bis dahin übliche Wochenendaufteilung der Geschlechter zunehmend in Frage gestellt war. Die Männer allein im Stadion, die Frauen zu Hause in Küche und Kinderzimmer, hieß die alte Aufteilung – die neue Lösung hieß, das weibliche Publikum gezielt anzusprechen, um so die ganze Familie ins Stadion zu locken. »Fußball ist kein Proletensport mehr«, konnte Uli Hoeneß bereits 1996 vermelden. »Da geht jetzt auch der Generaldirektor mit seiner Frau hin.«
    Der im Jahr 1990 vom Karlsruher SC gekommene Michael Sternkopf, ein Beau mit langer blonder Mähne, war einer der ersten Spieler, die ganz bewusst unter der Prämisse verpflichtet wurden, für ein weibliches Publikum

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