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Das Prinzip Uli Hoeneß

Das Prinzip Uli Hoeneß

Titel: Das Prinzip Uli Hoeneß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Bausenwein
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und entschied während der Saisonvorbereitung, die Öffentlichkeit zweimal pro Woche vom Training auszuschließen. »Wir können nicht Hollywood machen, und am Samstag treffen wir das Tor nicht mehr«, begründete er seinen Versuch, Mannschaftsinterna unter Verschluss zu halten. »Unsere Spieler müssen in Ruhe Freistöße üben und sich auch mal was an den Kopf werfen können, ohne dass dabei gleich ein Skandal kreiert wird. An den öffentlichen Tagen müssen sie dann ein Beruhigungsmittel nehmen.«
    Die Beruhigungsmittel benötigte schließlich vor allem Uli Hoeneß, der hilflos mitansehen musste, wie aus allen Ritzen neue Enthüllungen und Skandälchen wuchsen und wucherten. Im Zentrum des medialen Dauerfeuers stand dabei mit Jürgen Klinsmann ausgerechnet jener Profi, der sich stets geweigert hatte, dem Boulevard interne Informationen aus erster Hand zu liefern. Vor allem bei der »Bild« war der Stürmer unbeliebt, seit er sich nach der EM in England 25.000 DM Entschädigung erstritten hatte – das Blatt hatte ohne seine Erlaubnis auf der Titelseite ein (Halb-)Nacktfoto des Stürmers abgedruckt. Ein Liebling des Boulevards hingegen war Lothar Matthäus, der in einem erbitterten Kleinkrieg gegen seinen Intimfeind via »Bild« erläuterte, warum er nicht mehr Klinsmanns Freund werden würde. »Bild«-Kolumnist Franz Beckenbauer gab auch seinen Senf dazu, und schließlich eskalierte die Situation, als Vertrauliches aus dem Mannschaftskreis und Einzelheiten von Klinsmanns Vertrag in »Bild« und »Sport-Bild« erschienen. Dort war nachzulesen, dass sich der geschäftstüchtige Schwabe an den mit seinem Namen erzielten Marketingerlösen hatte beteiligen lassen. Klinsmann verdächtigte Matthäus als Informanten und zudem als Anheizer von zahlreichen Intrigen innerhalb der Mannschaft. Insbesondere ärgerte ihn ungemein, dass er damals von Teamkollegen in Anspielung an seine technischen Mängel gern »Flipper« genannt wurde: Weil man im Zusammenspiel mit dem Stolperer nie wisse, wohin die Kugel springen werde. Als Matthäus zur Klärung der Streitigkeiten ein Rededuell vorschlug, live im Fernsehen, hatte Klinsmann endgültig genug: Man könne das Duell ja, witzelte er genervt, auf dem Balkon der Muppet-Show austragen.
    Uli Hoeneß war während der Auseinandersetzungen nicht untätig geblieben. Nach der Rückkehr aus Karlsruhe, wo der FC Bayern am 23. März 1997 ohne Klinsmann mit 2:0 gewonnen hatte, gab es auf dem ganzen Trainingsgelände an der Säbener Straße Absperrgitter und Ordner. »So kann es nicht weitergehen«, begründete er den Ausschluss der Medien. Bei der Pressekonferenz vor dem Auswärtsspiel in Hamburg am 5. April ließ die Vereinsführung dann sogar ein Tonband mitlaufen, um zu überprüfen, ob die Äußerungen der Spieler richtig wiedergegeben würden. »Wir haben übertrieben«, gab er nun Klinsmann Recht, der stets vor der Entwicklung gewarnt hatte. »Bei uns wird inzwischen nur noch darüber diskutiert, wer der beliebteste Spieler von ›Bravo Sport‹ oder anderen Blättchen ist. Wir müssen die Profis aufs Grundsätzliche zurückführen, sie sollen sich wieder mit Doppelpass und Spannstoß beschäftigen. Jürgen Klinsmann hat mir das vom ersten Tag an gesagt, aber ich wollte es nicht wahrhaben.«
    Nun, da die Spirale bereits extrem hochgedreht war, zeigte sich Uli Hoeneß lernfähig. »Wir werden den FC Bayern jetzt nur noch mit Sport, Sport, Sport präsentieren«, verkündete ein dünnhäutig gewordener Bayern-Manager. »Dann haben wir nicht mehr den FC Hollywood, sondern wieder den Fußballclub Bayern München.« Unterhaltung sollte es ab sofort nur noch geben, solange auch die Qualität stimmte, denn nur die – und nicht die Show – konnte das Überleben des Fußballs garantieren. Und im Übrigen, das wollte Hoeneß unbedingt klarstellen, war die Rede vom »FC Hollywood« keine Idee der Bayern-Führung gewesen, sondern ein »Gebilde der Medien«. Dass es in der Vergangenheit im Klub zu viel Unruhe gegeben hatte und immer wieder Streitigkeiten nach außen getragen worden waren, konnte er nicht bestreiten, doch kleine Probleme waren erst durch die Resonanz richtig groß geworden. »Jetzt regeln wir alles intern«, verkündete Hoeneß, »und die Mannschaft kann sich wieder auf den Sport konzentrieren.« Es sei doch geradezu »pervers«, wenn Nebengeschichten wie die Auseinandersetzung zwischen Matthäus und Klinsmann wichtiger würden als ein Sieg in der Champions League. Um so etwas

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