Das Prinzip Uli Hoeneß
Euro, also quasi gratis, vielleicht geht da ja was. Hoeneß weiß, dass in Zeiten der Krise das Geld immer schwieriger locker zu machen ist und es kaum mehr Möglichkeiten gibt, neue Einnahmequellen zu erschließen. Die Fernsehrechte, meinte er, seien »der einzige Einnahmeposten, auf dem sich wirklich noch etwas bewegen lässt«. Wenn es Uli Hoeneß tatsächlich gelänge, seine Idee durchzusetzen, hätte er den wohl größten Coup seiner Karriere als Medienmanager des deutschen Fußballs gelandet.
Vorläufig wird freilich noch alles beim Alten bleiben. Das heißt, nicht ganz. Denn mit dem neuen Anbieter Sky, der die Marke Premiere beerbte, läuft seit dem 9. Juli 2009 die bislang massivste Offensive in Sachen Pay-TV. Der Name Sky stammt vom Großaktionär der Premiere AG, Rupert Murdoch, der mit diesem Label unter anderem bereits in Großbritannien und Italien an den Start ging. In Deutschland wurden die Spieltage der Bundesliga zur besseren Vermarktung so stark gesplittet wie noch nie zuvor. Am ersten Bundesligawochenende der Saison 2008/09 rollte der Ball live bei Sky und Liga total (Internet-TV). Die ARD-Sportschau brachte Zusammenfassungen von fünf Samstagsspielen und dem Freitagsspiel, musste aber erstmals ohne das Samstag-Topspiel auskommen (Anstoß zeitgleich um 18.30 Uhr). Die »Sport-Bild« urteilte: »Die Sportschau flacht ab ohne das Topspiel.«
Es bleibt abzuwarten, wie sich das Free-TV gegen diesen Großangriff des Pay-TV behaupten wird. Vielleicht geht der Trend ja doch noch hin zu Verhältnissen wie in England, wo man schon heute außerhalb des Pay-TV kaum eine Zusammenfassung zu sehen bekommt. Und das heißt für den Fußballfan: Statt Fußball »quasi gratis« eine Summe in der Größenordnung von 32,90 Euro – so viel kostet die deutsche Fußballbundesliga 2008/09 monatlich bei Sky.
Kapitel 8
Der einsame Zauberlehrling
Uli Hoeneß als Opfer der Medien
In der Saison 1978/79 waren Uli Hoeneß und sein Freund Paul Breitner für die Fußball-Dokumentation »Profis« beinahe ununterbrochen von der Kamera begleitet worden. Jahre später antwortete Hoeneß auf die Frage, ob ihn das nicht gestört habe: »Zunächst war ich sehr skeptisch, weil man ja normalerweise nicht so viel von seinem Privatleben preisgeben will. Aber das war sehr behutsam und sehr im Hintergrund, und deswegen konnte man es so einigermaßen akzeptieren.« Heute allerdings, fügte er hinzu, sei so ein Film völlig unmöglich. Für sich selbst würde er so etwas nicht mehr zulassen, und als Manager, falls irgendwelche Spieler so etwas wiederholen wollten, würde er es sogar verbieten. »Es geht nicht mehr«, meinte er, denn die Mediensituation habe sich drastisch verändert und sei »viel zu extrem schwierig« geworden.
»Man müsste jeden Tag eine Fernsehsendung haben, um die Dinge richtigzustellen«, sagte der Hoeneß von 1978 – und sah sich rund 30 Jahre später zur Korrektur gezwungen: »Inzwischen bräuchte man einen ganzen Sender, der rund um die Uhr läuft.« In Zeiten, da die Medien nur noch auf das Verkaufen schielten, sei jede öffentliche Aussage potenziell gefährlich. Es gehe nur noch »um den Superstar oder das Superarschloch«, beschwerte sich Hoeneß, und da sei es nahezu unmöglich, vor der Kamera aufrichtig zu bleiben. »Wenn du heute mit einem Journalisten von der Boulevardpresse sprichst, dann sind das Verhöre wie beim Staatsanwalt. Du musst dich unglaublich konzentrieren. Du wirst ja nicht interviewt, weil die dich kennen lernen wollen, sondern weil die mit dir ihre Zeitung verkaufen wollen. Wenn ›Bild‹ in der heißen Phase den Olli Kahn mit seiner Freundin irgendwo erwischte, dann wussten die: Jetzt verkaufen wir 300.000 Stück mehr. Und dafür waren sie auch bereit, Strafen zu zahlen wegen Verletzung der Privatsphäre. Du kommst heute nur durch, wenn du eine Rolle spielst, deinen wahren Charakter kannst du kaum mehr zeigen.« Aber auch bei Fernsehinterviews geht es heute anders zu als zu seligen Ernst-Huberty-Zeiten. Mit irgendwelchen Rücksichtnahmen ist nicht zu rechnen, sodass der Befragte immer auf der Hut bleiben muss. Der Uli Hoeneß, der auf die Ausformulierung der Reporterfrage wartete, hatte meist eine angespannt-skeptische Miene: oft misstrauisch das Gegenüber musternd, mit zusammengekniffenen Augen, manchmal spöttisch-herablassend, zuweilen beinahe ängstlich lauernd in der Bereitschaft, etwaige Vorhaltungen umgehend zu parieren.
Die Mediengeschichte des FC Bayern zeigt, welche
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