Das Prinzip Uli Hoeneß
Rolle spielen«. Und auch Hoeneß machte, als der unversöhnlichste seiner Gegner im August 2006 seinen 60. Geburtstag feierte, seine anhaltende Abneigung noch einmal öffentlich: »Ich bin nicht unter die Gratulanten gegangen. Er ist einer der wenigen Menschen, die ich nicht leiden kann.«
Rundumschläge der »Abteilung Attacke«
Es gebe viele Beispiele dafür, so eine Behauptung Willi Lemkes, wie Uli Hoeneß »mit Geld und Macht« oder »durch ganz gezielte, harte Attacken« Menschen niedergebügelt oder gar mundtot gemacht hat. Tatsächlich waren Willi Lemke oder Christoph Daum bei weitem nicht die einzigen Zielscheiben von Hoeneß’ Attacken. Von diesen beiden war er herausgefordert worden, und insbesondere im Fall Lemke war er von aufrichtiger Abneigung getrieben, aber in der Regel benötigte Hoeneß weder die Provokation durch einen anderen noch eine außergewöhnliche Antipathie, um aggressiv zu werden. Im Prinzip war ihm jeder Gegner recht, selbst wenn der nur äußerte, dass er einen Sieg gegen die Bayern erstrebt. »Die Löwen werden in den nächsten 100 Jahren kein Derby gegen uns gewinnen«, sagte er dann zum Beispiel, »Wir müssen den VfL Bochum wegfegen«, oder: »Das Spiel gegen Dortmund interessiert mich nicht, gegen die gewinnen wir sowieso!« Oft brauchte Uli Hoeneß gar keinen konkreten Gegner und nahm es gleich mit allen auf. Dann tönte es: »Jetzt reißen wir der Bundesliga erst einmal kräftig den Hintern auf.« Groß war dann natürlich jedes Mal das Gefeixe unter den Bayern-Hassern, wenn Hoeneß mit seinen vollmundigen Sprüchen auf die Nase fiel und die Bayern anschließend etwa gegen einen Nobody wie St. Pauli mit 0:1 verloren.
Neben Kampfansagen im Vorfeld von sportlichen Auseinandersetzungen gehörten verächtliche Randbemerkungen zur finanzpolitischen Misswirtschaft der Konkurrenz zu seinen absoluten Lieblingsthemen. Ungezählt sind seine Einlassungen zum Hasardspiel der Dortmunder, die in den Banken immer nur die Kreditabteilungen aufsuchen würden, und auch der andere Großverein aus dem Ruhrgebiet, Schalke 04, bekam ab und an sein Fett weg – so zum Beispiel im Winter 2004/05, als er den mit frischen Millionenkrediten ausstaffierten Gelsenkirchenern unterstellte, kurz vor dem Ruin zu stehen. Sein Kollege Assauer, behauptete er, wolle offensichtlich unter Inkaufnahme größten Risikos am Ende seiner Karriere um jeden Preis Titel holen. Wie zuvor schon das inzwischen mit rund 100 Millionen Euro verschuldete Dortmund werde sich Schalke aber verheben, wenn sie in fünf Jahren das nachholen wollten, was der FC Bayern in 30 Jahren geleistet hat. Hoeneß prophezeite den »Königsblauen« ein finsteres Schicksal: »Wer alles auf Pump macht, wird untergehen. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.« Schalke-Manager Assauer retounierte cool: »Uli, du warst für mich mal ein ganz Großer, aber mäßige dich.« Hoeneß hatte natürlich überhaupt keine Lust, sich zu mäßigen, und legte im Gestus des moralischen Saubermannes nach: »Ich habe nur das gesagt, was gesagt werden musste, um die Wettbewerbssituation darzustellen, wie sie nun mal ist. Mir wird immer angekreidet, ich würde die Abteilung Attacke sein, ich glaube eher, dass ich die Abteilung Wahrheit bin.«
Manchmal freilich schoss die »Abteilung Wahrheit« recht kräftig übers Ziel hinaus. Vor allem dann, wenn ehemalige Bayern-Angestellte nach einem erfolglosen Engagement in München plötzlich woanders reüssierten. Das war der Fall, als der Ex-Bayern-Trainer Otto Rehhagel und der Ex-Bayern-Spieler Ciriaco Sforza sich in der Saison 1997/98 anschickten, mit dem Außenseiter 1. FC Kaiserslautern dem Favoriten FC Bayern die Meisterschaft wegzuschnappen. Hoeneß setzte seine Schläge mit bemerkenswertem Ingrimm unter die Gürtellinie. Otto Rehhagel sei ein guter Trainer für einen Provinzverein wie Kaiserslautern oder Werder Bremen, aber nicht für einen Weltverein wie Bayern München, ätzte er. Er sei, genauso wie der Sforza, »nur einer fürs unterste Niveau«.
Überhaupt – Kaiserslautern. Mit dem bei den »Roten Teufeln« herrschenden Niveau hatte der Bayern-Manager immer ganz spezielle Probleme. Die Höllenstimmung auf dem Betzenberg, die angeblich jeden Unparteiischen zum Heimschiedsrichter werden ließ, wurde ihm wiederholt Anlass zur Klage – und zum Ausrasten. Fast nicht mehr zu bremsen war er am 27. Spieltag der Saison 2001/02, als man um Leib und Leben des von einem wild gestikulierenden Hoeneß
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