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Das Prinzip Uli Hoeneß

Das Prinzip Uli Hoeneß

Titel: Das Prinzip Uli Hoeneß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Bausenwein
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Gegenangriff ansetze: »Hören Sie doch auf! Ihr immer mit eurem früher. Früher! Es geht mir allmählich auf den Sack, dass immer alles schlechtgeredet wird!«
    Natürlich stauchte er Kommentatoren regelmäßig zusammen, wenn die einen Konkurrenten, insbesondere Werder, zu sehr lobten: »Wir wollen jetzt nicht alles schönreden, was Bremen macht.« Manchmal nahm er sich einzelne Reporter persönlich zur Brust, wenn ihm an denen etwas nicht passte. »Erstens ist er ein eitler Pfau, zweitens geht es ihm nur um Trends«, kanzelte er etwa den Premiere-Mann Marcel Reif wegen dessen angeblich unsachgemäßer Spielanalyse ab – und gedachte sogleich, ihn für alle Zukunft zu boykottieren.
    Gezielte Attacken eines Wüterichs?
    »Ich bin immer einer, der sich stellt, ganz egal, ob Sieg oder Niederlage«, behauptete Uli Hoeneß. Bei Siegen fiel es ihm natürlich nicht schwer, vor die Mikrofone zu treten. Doch in der Regel kniff er auch nach unangenehmen Niederlagen nicht vor unbequemen Fragen. Dann trat er in der Rolle des Schutzpatrons auf, oder er opferte sich als Buhmann und absorbierte die Kritik, die eigentlich andere treffen sollte. In vielen Fällen verteidigte er den Trainer und seine schwächelnden Spieler mit Schönrednerei, ab und an versuchte er sich in wilden Uminterpretierungen des Geschehens, oder er attackierte vermeintlich Schuldige, zum Beispiel Schiedsrichter. Nur ganz selten brachte er die Prozedur mal ohne Erregung hinter sich. Er schaffte es einfach nicht, trotz aller guten Vorsätze, diszipliniert zu bleiben und die Contenance zu wahren.
    Einmal immerhin, im Frühjahr 2002, als die Bayern im Meisterschaftsrennen aussichtslos zurücklagen, blieb er die Ruhe selbst. »Zu dem ganzen Spiel gehört auch das Verlieren«, meinte er. »Die Größe dafür habe ich, obwohl ich immer gewinnen will.« Die Größe, sich ins Schicksal zu fügen, hatte er womöglich, leider aber nicht immer die Nerven. Für einen wie ihn blieb das Verlieren ein im Prinzip unerträglicher Vorgang, nach dem er Dampf ablassen musste. So war es ein Akt kluger Selbsterkenntnis, dass sich die »Abteilung Attacke« nach Niederlagen denn doch zuweilen eine Pause verordnete. Vor allem in Katastrophenfällen war Uli Hoeneß oft von der Angst vor Kontrollverlust geplagt und übte sich aus Gründen des Selbst- und Spielerschutzes in der Kunst des Verschwindens. So wurde etwa nach dem fürchterlichen 0:4 in Barcelona im März 2009 der kühle Karl-Heinz Rummenigge vor die wie feindliche Speerspitzen wirkenden Mikrofone geschickt. Der Manager selbst war erst am Tag nach dem Desaster für Interviews gefasst genug.
    Ruhige Souveränität scheint nicht die große Stärke des Uli Hoeneß zu sein. »Aufgrund seiner persönlichen Struktur braucht Hoeneß das ab und zu, dass er polternd auftritt«, meinte sein »Urfeind« Willi Lemke einmal. Und sein zweiter »Erzfeind«, Christoph Daum, erklärte die Triebfedern der Hoeneß’schen Explosivität mit dem »immensen Druck«, den sich der Bayern-Manager selbst bereite. Wenn er zum Beispiel sage, »Real Madrid würde sich nur vor Bayern München fürchten«, dann sei das wohl charakteristisch für »die Denkweise, die ihn bestimmt«. Denn »mit Real und auch Manchester United mithalten zu müssen, die ein ganz anderes Imperium hinter sich haben«, so Daum weiter, »ist wirklich eine Belastung«. Der Druck muss also raus – aber wie er rauskommt, das hat meist durchaus Methode.
    Auf die Frage, ob er starke Worte ganz gezielt einsetze, antwortete Hoeneß einmal, der Zweck seines provokanten und aggressiven Auftretens sei unter anderem, den Profifußballern des Vereins den Rücken freizuhalten, indem er den Druck durch die Medien von ihnen wegnehme und auf sich lenke. Es ist also durchaus nicht zufällig, wenn er auf »Attacke« setzt statt auf Diplomatie. »Wenn es sein muss, greife ich auch zu Ablenkungsmanövern«, meinte er. Wenn er ablenken wollte von einer Bayern-Krise, von Spielerzwist oder einer Trainerdiskussion, dann eröffnete er schon mal ganz gezielt ein anderes Schlachtfeld – und griff irgendjemanden an, notfalls sogar die eigenen Fans. Manchmal, wenn seine Attacken wie Blitze aus heiterem Himmel kamen und für Verwunderung und Unverständnis sorgten, schien er sich an der Verwirrung geradezu zu freuen. Er tue immer das, was keiner erwarte, erklärte er dann sybillinisch und verweigerte die Aufklärung. Gewiss konnten sich die Beobachter aber immer sein, dass er nicht nur Blitz war, sondern

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