Das Prinzip Uli Hoeneß
angegangenen FCK-Trainers (und Ex-Bayern-Spielers) Andreas Brehme fürchten musste. »Es ist unerträglich, wie Andy Brehme und seine sportlichen Helfer bei jeder Szene an die Bande rennen und die Zuschauer gegen den Schiedsrichter und vor allem die gegnerische Mannschaft aufbringen«, echauffierte er sich nach dem Spiel. »Da braucht man sich nicht zu wundern, wenn sich die Zuschauer so benehmen, wie sie es hier tun, nämlich teilweise wie die Tiere.« Hoeneß nahm zunächst nichts zurück und erläuterte zu seiner eigenen Befindlichkeit: »Wenn das ganze Stadion in Bremen oder Cottbus ›Hoeneß, du Arschloch‹ brüllt, macht mich das betroffen. Aber wenn ich beschimpft werde, habe ich mich gut im Griff. Wenn aber wie in Kaiserslautern zwei Mädchen vor unserem Mannschaftsbus stehen und zehn-, zwanzigmal an die Scheibe spucken, juckt es mich schon, auszusteigen und denen eine zu kleben. Spucken ist die schlimmste Form der Beleidigung. Ich bin mal von einem Gegenspieler bespuckt worden: Ich habe sofort zugeschlagen.« Erst spät entschuldigte er sich im »Kicker« dafür, dass er sich »kurz vergessen« habe. Der Ausdruck »Tiere« habe sich nicht auf alle Zuschauer bezogen, sondern auf jene, die den Bayern-Bus »wie Lamas« bespuckt hatten. Und er gelobte reuig Läuterung: »In Zukunft werde ich alles tun, damit mir solch ein Ausbruch nicht mehr unterläuft.«
Die besonders aggressive Stimmung in Kaiserslautern war Uli Hoeneß stets ein rotes Tuch, genauso wie die SPD und deren Vertreter – kein Wunder also, dass er im Fall, dass beides zusammenkam, besonders ausfällig wurde. »Der ist furchtbar« polterte der bekennende CSU-Wähler Hoeneß beim Neujahrsempfang 2008 des Bayern-Sponsors HypoVereinsbank gegen den bekennenden Kaiserslautern-Fan und SPD-Chef Kurt Beck. »Unvorstellbar, was da bei den Heimspielen des 1. FC Kaiserslautern auf der Tribüne abging. Beck und seine Frau haben alles beleidigt, was aus München kam. Jetzt spielen die Gott sei Dank in der 2. Liga.« Beck, der Hoeneß laut eigener Aussage zuletzt vor etwa zehn Jahren persönlich getroffen hatte, wusste gar nicht recht, wie ihm da geschah. »Das ist völlig dummes Zeug«, wehrte er sich und betrieb psychologische Ursachenforschung. Hoeneß, der eben erst bei der Bayern-Hauptversammlung gegen die eigenen Fans ausfällig geworden sei, habe vermutlich ein Problem, das »tiefer in ihm steckt«.
Eine andere Gruppe von Menschen, die Unparteiischen, stand naturgemäß noch häufiger als SPD-Politiker im Fokus der Hoeneß’schen Aversionen. Sein erstes Opfer war Ende der achtziger Jahre Johannes Malka, der Schiedsrichter-Obmann des DFB, den er als Hauptverantwortlichen vieler Fehlpfiffe ausgemacht hatte. Malka, der »Obermeister« der Schiedsrichter, müsse »mal einen vor den Latz kriegen«, meinte er, denn in ihrer Angst vor den prüfenden Blicken der DFB-Beobachter auf den Tribünen würden die Unparteiischen auf dem Platz »wie Marionetten« agieren, die viel zu oft zur Pfeife greifen. Das strenge Verhalten deutscher Schiedsrichter habe zu einer spürbaren »Zweikampfschwäche« deutscher Fußballer geführt, monierte Hoeneß, was sich denn auch in internationalen Wettbewerben, wo man weitaus härter zur Sache gehen könne, durchaus bemerkbar mache. Malka wehrte sich sachlich: Beobachter seien nötig, es gebe »kein besseres System«. Es änderte sich prinzipiell nichts, aber Hoeneß wollte einige Monate später trotzdem eine spürbare Abnahme der »Kartenwedelei« und »kleinlichen Pfeiferei« registriert haben – als Folge der »unheimlich produktiven Diskussion«, die er ausgelöst habe.
Mit dem Fußballspieler Hoeneß, das sei an dieser Stelle angemerkt, hatten die Schiedsrichter nie ein Problem gehabt – während seiner gesamten Karriere kassierte er nur zwei Gelbe Karten –, nun aber litten sie umso mehr unter den Attacken des Managers. Immer wieder setzte er zum direkten Verbalangriff auf die Pfeifenmänner an, wenn er meinte, dass diese zu hart gegen seine Bayern vorgegangen waren. Einer, der ihn bis zur Weißglut reizte, war Hellmut Krug. Als der FIFA-Schiedsrichter im November 1997 beim Münchner Lokalderby den Bayern-Abwehrspieler Kuffour nach einem groben Foul des Feldes verweisen hatte, empörte sich Hoeneß über alle Maßen und zieh den Schiedsrichter der Arroganz. »Emotional, aber in keiner Weise beleidigend« sei er gewesen, rechtfertigte er sich. »Doch je mehr Kameras ihn umringten«, so die »SZ« in ihrem Bericht,
Weitere Kostenlose Bücher