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Das Prinzip Uli Hoeneß

Das Prinzip Uli Hoeneß

Titel: Das Prinzip Uli Hoeneß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Bausenwein
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entwickelte sich in den letzten 30 Jahren zum professionellsten Verein der Bundesliga, ausgewiesen durch seinen andauernden sportlichen und finanziellen Erfolg. Dem stand aber nach der Hoeneß’schen Philosophie nicht entgegen, in der Arbeit als Manager Menschlichkeit und Profitorientiertheit so weit wie möglich zu verbinden. Uli Hoeneß betonte immer wieder, in dieser Richtung alles nur denkbare unternommen zu haben. »Ich war nie bereit, für Geld meinen Charakter am Kleiderbügel hängen zu lassen«, betonte er. Und wie er nie bereit war, für den finanziellen Vorteil seine Mitmenschlichkeit zu verraten, genauso wollte er keinen sportlichen Erfolg ohne moralischen Anspruch. »Wenn ich auch so ein Zyniker sein soll, der die Leute killen muss, um Erfolg zu haben oder um persönlich gut auszusehen, dann sage ich: ohne mich. Es wird mit Sicherheit niemals den Uli Hoeneß geben, vor dem die Menschen im Verein Angst haben, der gehasst wird dafür, dass er jedes Jahr vier, fünf rausschmeißt, um fünf Neue zu holen.«
    Vom ZDF befragt, ob es nicht widersprüchlich sei, dass der professionellste Verein zugleich auch der menschlichste sein solle, antwortete der Bayern-Manager: »Darin sehe ich überhaupt keinen Widerspruch. Man muss hart, aber fair gegen seine Gegner und weich gegen seine Mitarbeiter sein, die innerhalb des Klubs ihre Probleme haben, und weich sein gegenüber den Schwachen außerhalb des Klubs. In diesem Bereich haben wir das Geld, das wir uns hart erarbeitet haben, immer weich eingesetzt und geholfen.« Es gehe ihm ums Grundsätzliche, betonte Hoeneß stets, nicht nur um den FC Bayern. Was innerhalb des Vereins gilt, soll auch im Allgemeinen gelten. Der Kernpunkt dieser Bayern-Moralität, so wird hier deutlich, ist quasi eine Rationalisierung des Jekyll&Hyde-Charakters auf dem Managerstuhl. Uli Hoeneß hat sich dem systematischen Versuch verschrieben, seine Erfolgssucht sowie seine Lust an der Attacke gegen starke Gegner mit seiner ausgeprägten Empathie für die vom Schicksal Gebeutelten zu vereinbaren. Leicht hat er es sich damit nicht gemacht.
    Der Hoeneß’sche Emotionshaushalt blieb immer von Widersprüchen geprägt. Besonders heftig war die Kollision des sozialen Gewissens mit den sozialdarwinistischen Affekten. »Ich stehe für einen sozialen Kapitalismus, absolut«, versicherte er als einer, der seine Thesen auch in der Praxis glaubhaft untermauerte. »Ich habe immer ein Ohr für die Kleinen.« Er hatte nicht nur ein Ohr, sondern er verschaffte ihnen auch Gehör, etwa durch sein Engagement für das Münchner Straßenmagazin »Biss«, das er mit dem Slogan bewarb: »Habe ein Herz für Verlierer und finde BISS gut, weil das Blatt Menschen in Schwierigkeiten eine echte Chance bietet.« Andererseits hat Uli Hoeneß weder als Pädagoge in der Bayern-Schule noch als Gesellschaftskritiker jemals Verständnis aufgebracht für Menschen, die keine Leistung bringen, obwohl sie Leistung bringen könnten. »Ich will den Wettbewerb«, lautet seine philosophische Ausgangsprämisse. »Wettbewerb ist doch das Beste in unserer Gesellschaft.« Und wo der Wettbewerb herrscht, muss man durch Leistung überzeugen, so die zweite Prämisse. Wenn man zum eigenen Wohlergehen aber keine Leistung mehr bringen muss und somit den Wettbewerb umgehen kann, das ist die Konklusion, dann hat man ein Problem – sowohl in einer Fußballmannschaft wie in der Gesellschaft überhaupt.
    »Wir sind in vielen Bereichen zu bequem geworden, weil es uns zu gut ging«, brachte Hoeneß seine Beobachtungen auf den Punkt. Im deutschen Sozialsystem, das fast jeden auffange, sei das Bewusstsein verloren gegangen, dass sich die Bereitschaft zur Leistung lohnt. Man müsse daher den Menschen wieder klar machen, dass sie durch Leistung etwas erreichen können, materiell wie ideell. Alle, die das anders sehen wollten, brandmarkte Hoeneß als unfähige Sozialromantiker und gefährliche Schaumschläger. Als wahre Vertreter des Leibhaftigen in einem fehlgesteuerten Gesellschaftssystem malte er die Gewerkschaften an die Wand. Sie hätten in der Vergangenheit zu viel Erfolg gehabt mit ihren völlig übertriebenen Forderungen, und daher müsse man ihnen die Hauptschuld anlasten am grassierenden Verlust des Arbeitseifers bei den jungen Leuten. Statt für Lebenserleichterung plädierte er für Leistungsförderung. »Es geht darum, dass die Kinder zunächst einmal nicht daran gehindert werden, etwas aus sich zu machen. Wir haben ja in Deutschland in den

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