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Das Prinzip Uli Hoeneß

Das Prinzip Uli Hoeneß

Titel: Das Prinzip Uli Hoeneß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Bausenwein
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recht distanziert und im Bayern-Clan ein wenig wie ein Fremdkörper wirkende Westfale Karl-Heinz Rummenigge –, entwickelten eine geradezu familiäre Bindung zum Verein.
    Der FC Bayern ist ein Verein der Ex-Spieler. Der Ex-Spieler Uli Hoeneß, der heutige Präsident und Aufsichtsratsvorsitzende, prägte als (all)-mächtiger Manager über 30 Jahre den Verein und ist immer noch als »Mister Bayern« die Seele des Betriebs. Sein Vorgänger, der Ex-Spieler Franz Beckenbauer, der nunmehrige Ehrenpräsident, sorgt bis heute dafür, dass den Münchner Nobelklub eine kaiserliche Aura umweht. Das Ex-Rotbäckchen Karl-Heinz Rummenigge, das sich im harten Fußballbusiness zum »Killer-Kalle« entwickelte, wirkt inzwischen schon seit Jahren als ein kühl kalkulierender Vorsitzender der AG. »Seit über vier Jahrzehnten ist dieser Verein mein Leben«, sagte Hoeneß im Jahr 2008 dem »Zeitmagazin« und sprach damit auch für seine Mitstreiter, die sich ebenfalls dem FC Bayern verschrieben hatten. »Die Zeit für One-Man-Shows in der Bundesliga ist vorüber«, hatte er die beiden begrüßt, als sie in den neunziger Jahren dazustießen, um aus der Autokratie des Managers eine Aristokratie der Bayern-Heroen zu machen. »Es ist wichtig, dass man eine starke Gruppe ist«, lautete seitdem die Führungslosung. »Es ist nötig, die Verantwortung auf viele Schultern zu verteilen.« Aber nicht auf irgendwelche Schultern, sondern eben auf die Schultern der Besten, die einst nicht nur herausragende Spieler im Bayern-Trikot waren, sondern sich in besonderer Weise mit dem Verein identifizierten. »Für uns, also für den Kalle, den Franz und für mich«, formulierte Hoeneß die entscheidende Qualifikation, »ist der FC Bayern noch immer eine Großfamilie.«
    Um die »Kernfamilie«, gebildet von Uli, Franz und Kalle, hat sich ein vielköpfiger Clan entwickelt. Begonnen hatte alles mit Sepp Maier als Torwarttrainer und »Katsche« Schwarzenbeck, der als Betreiber eines Toto-Lotto-Ladens für die Büromaterialien in der Bayern-Geschäftsstelle zuständig wurde. Hoeneß’ personalpolitisches Faible für ehemalige Bayern-Spieler, »die sich bei uns ganz besonders ausgezeichnet haben«, führte zu einer langen Liste von Bayern-Angestellten in unterschiedlichsten Funktionen. Als der Ex-Spieler Jürgen Klinsmann Trainer wurde, bekam er den Ex-Spieler Christian Nerlinger als Teammanager zur Seite gestellt. Seit Jahren wirken beim Verein die ehemaligen Spieler Gerd Müller (als Trainer im Amateur- und Jugendbereich), Kurt Niedermayer (Trainer Jugendbereich), Hans Pflügler (als Abteilungsleiter im Bereich Merchandising und Lizenzen), Raimond Aumann (als Fanbeauftragter) und Wolfgang Dremmler (als Chefscout), dem weitere Ex-Spieler als »Unterscouts« anvertraut sind. Als besonderer »Berater des Vorstands« wurde 2007 Hoeneß’ Ex-Kumpel Paul Breitner mit eingebunden, und 2009 übernahm der Ex-Spieler Mehmet Scholl als Trainer die zweite Mannschaft der Bayern.
    Obwohl der FC Bayern auch ein hochmodernes Unternehmen ist, legte Hoeneß auf eine familiäre Atmosphäre einen ganz besonderen Wert, wobei es ihm neben der Maximierung des Wohlgefühls auch um eine Steigerung der Produktivität ging. Denn all diese Ex-Spieler, so Hoeneß, »sind Leute, die nicht sagen, es ist jetzt 17 Uhr, ich gehe nach Hause, sondern lieber fragen, wo ist die Arbeit, die jetzt erledigt werden muss?« Zu diesen Ex-Spielern gesellten sich dann noch all die weniger berühmten Verwandten und Freunde – der Bruder von Beckenbauer, die Söhne von Beckenbauer und Breitner etc. –, die in unter- und nebengeordneten Funktionen den Clan komplettierten.
    Die Herstellung von Kohärenz und Konstanz war für Hoeneß aber nicht nur im Betreuer- und Geschäftsbereich die leitende Zielvorstellung, sondern ebenso bei der Zusammenstellung der Profiteams. Es ist auffallend, dass beim FC Bayern ziemlich viele Spieler äußerst lange blieben, angefangen bei den Zeiten eines Maier und Müller bis hin zur jüngeren Generation – Mehmet Scholl etwa, Oliver Kahn oder Bastian Schweinsteiger. Es sei nicht zuletzt eine überdurchschnittliche Kontinuität auf dem Platz, die den FC Bayern stark mache, so die These von Hoeneß. Ein fester Spielerkern sichert Motivation und sportliche Schlagkraft viel zuverlässiger als wildes Einkaufen, denn jede personelle Veränderung kann sich störend auf einen einmal erreichten hohen Leistungsstandard auswirken. Die Integration kann misslingen, und in jedem Fall

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