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Das Prinzip Uli Hoeneß

Das Prinzip Uli Hoeneß

Titel: Das Prinzip Uli Hoeneß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Bausenwein
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einer von denen, der als ein Leader auf dem Platz wie kaum ein anderer Verantwortung im Sinne dieses Bayern-Wir-Gefühls verkörperte, kannte seinen Manager gut. »Er weiß, dass er unbequeme, manchmal auch brutale Entscheidungen treffen muss, ohne mit der Wimper zu zucken«, rechtfertigte er dessen Härte und fügte erläuternd hinzu: »Er setzt diese Vorgaben um, weil für ihn dieses Motto unumstößlich ist: Kein Spieler darf größer sein als der Verein.« Mit stänkernden »Stinkstiefeln«, mit laschen und überheblichen Egoisten und mit leistungsunwilligen Spielern, die das Klima vergifteten und den Betrieb lähmten, hatte der strenge Zuchtmeister Uli Hoeneß meist wenig Geduld. Umgekehrt sparte er nicht mit Lob, wenn er einen Spieler auf dem richtigen Bayern-Weg dahinschreiten sah. »Was zunächst eine Vernunftehe war, ist nach meinem Empfinden inzwischen mit mehr Gefühl und Liebe zum Verein unterlegt«, äußerte er einmal über den der Selbstsucht geziehenen Michael Ballack – um schließlich mit Schmerzen erkennen zu müssen, dass es mit dessen Bayern-Liebe letztlich doch nicht so weit her war. Leider sei alles immer schwieriger geworden, resümierte Hoeneß im Sommer 2009. »In unserer Gesellschaft zählen Zuverlässigkeit, Nachhaltigkeit oder Selbstlosigkeit immer weniger. Im Fußball leider auch.«
    Mit den Trainern war es in Sachen Herzensengagement nicht einfacher als mit den Spielern. Hoeneß fühlte sich immer unwohl, wenn diese zu kühl und distanziert auftraten, und es ist von daher kein Wunder, dass ein Einzelgänger wie Klinsmann beim FC Bayern scheitern musste. Hoeneß hätte es vorher wissen können, und geahnt hat er es wohl. Als Klinsmann noch Nationaltrainer war, hatte er von München aus gepoltert, er dürfe den Erfolg bei der WM »nicht durch Egoismus und Dickköpfigkeit gefährden«, und seinen Hauptvorwurf hatte er in den Satz gekleidet: »Ich sehe nicht, dass er ein Wir-Gefühl entwickelt.« Die auf der Abschiedspressekonferenz des Bayern-Trainers Klinsmann deutlich zu spürende Verärgerung von Uli Hoeneß dürfte ihre Ursache nicht zuletzt darin gehabt haben, dass Klinsmann die Familiarität des FC Bayern ignoriert hatte. Der Trainer wirkte immer seltsam desintegriert, wie ein Fremdkörper, und das von ihm importierte »unbayerische« Assistenzteam ebenso. Interimsnachfolger von Klinsmann wurde, ebenso wenig erstaunlich, mit Jupp Heynckes einer von Hoeneß’ besten Kumpeln. Nur mit Vertrautheit und Nähe, fühlte der Manager, könnte eine im Missraten begriffene Saison noch herumgerissen werden.
    Das Bestreben, besonders zur Identifikation taugende Spieler möglichst lange zu halten, und die Präsenz ehemaliger Helden, die den Bayern für Jahrzehnte die Treue wahren, stand immer im Zentrum von Hoeneß’ »Politik der guten Familie«. Der Geist dieser eng zusammengeschweißten Bayern-Kerntruppe sollte auf die Fans abstrahlen, diese sollten im sonst so hektischen Fußballgeschäft ihre Identität als Bayern-Anhänger leichter finden und bewahren können. »Wenn alle sechs Monate neue Spieler kommen, entsteht eine schlimme Söldnermentalität, damit wird sich auf Dauer kein Mensch identifizieren können«, formulierte der von der Kraft des Wir-Gefühls überzeugte Hoeneß, und er verlangte von den Spielern, die dann blieben, ihren Dienst für den Verein in erster Linie als Dienst am Fan zu begreifen. In diesem Sinne mögen der Franz, der Kalle und vor allem der Uli, das seit über vier Jahrzehnten pochende Herz der Bayern, die größte Leistung erbracht haben für den Zusammenhalt der großen Fan-Familie. Uli Hoeneß zeigte viele Gesichter, aber durch alle schimmerte eines hindurch: das des obersten Bayern-Fans.
    Der Verein als Familie der Fans
    Ginge es nach Hoeneß, so sollten nicht nur er, der Kalle, der Franz, all die anderen Ex-Spieler, das aktuelle Team und die Angestellten des Vereins eine große Familie sein, sondern möglichst alle Mitglieder einschließlich sämtlicher Fans. Eine von vielen Hoeneß-Äußerungen in diesem Zusammenhang: »Der FC Bayern ist ein Teil von mir, ein Kind von mir, ein dominantes Stück in meinem Leben. Er ist für mich schon fast wie eine Ersatzfamilie. Ich habe eine wunderbare Familie, eine Frau, zwei Kinder, aber wenn ich im Stadion sehe, wie die Zuschauer in der Fankurve schunkeln und wie sie singen, dann krieg‘ ich die Gänsehaut. Oder wenn wir im Westen irgendwo spielen, da warten 20.000 Bayern-Fans auf uns, da denke ich schon, wir bieten

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