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Das Prinzip Uli Hoeneß

Das Prinzip Uli Hoeneß

Titel: Das Prinzip Uli Hoeneß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Bausenwein
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den Leuten etwas. Und ich sage meinen Spielern oft, wenn sie irgendwo einen Scheißdreck gespielt haben: Ihr wisst gar nicht, was ihr denen übers Wochenende angetan habt.«
    An Uli Hoeneß’ besonders enger Verbindung zu den Fans konnte nie ein Zweifel bestehen. Und so hängte er denn an prominentester Stelle in seinem Büro nicht das Bild von triumphal einen Pokal stemmenden Bayern-Spielern auf, sondern ein Fan-Foto vom Champions-League-Finale in Mailand 2001. Der Tag, an dem seine Bayern nach langer Wartezeit endlich wieder Geschichte schrieben, war für ihn ein ganz besonderes Erlebnis: »Als ich da im Stadion in die Kurve der Bayern-Fans geschaut habe, wo 30.000 Deutsche waren, und das Plakat mit der Aufschrift ›Heute ist ein guter Tag‹ gesehen habe, hätte ich weinen können.« Auch als »Mister Bayern« und Chef eines Weltvereins ist Uli Hoeneß zuallererst ein Fan geblieben, als »Mann auf der Bank« lebte er bis zu seinem Abschied vom Spielfeldrand im Sommer 2009 den obersten Fußball- und Bayern-Fan vor. Und so wird jeder, der an den Bayern-Manager denkt, immer dieses Bild vor Augen haben: Wie er, eingespannt in seine rote Jacke, mit seinem FC Bayern fiebert und während eines Spiels das ganze Spektrum der Fußballleidenschaft lebt; wie er nach Toren glückselig lächelnd hochspringt und umherhüpft wie ein unschuldiges Kind; wie er bis in die letzte Faser angespannt ein enges Spiel verfolgt und sich die Haare rauft, wenn etwas daneben geht; wie er sein Gesicht voller Gram in den Händen verbirgt, wenn seine Bayern hinten liegen; und wie er tobt und schimpft, wenn er eine ungerechte Entscheidung des Schiedsrichters erkannt haben will. Der Bank-Hoeneß mit den Gesichtern des Entsetzens, der Wut, der Trauer und der Freude war drei Jahrzehnte lang das beliebteste Bundesligamotiv der Kameramänner und Fotografen. Hoeneß störte es nie, beobachtet zu werden, denn er war stets ganz beim Spiel. So wie die Fans in der Südkurve, die synchron genau dieselben Emotionen zeigten.
    Der Bayern-Manager mochte zuweilen eiskalt sein – auf der Bank war er es nie, da war er ein heißblütiger Fan, im Guten wie im Bösen. Seine Marotte, während der Spiele neben dem Trainer auf der Bank zu sitzen, entsprang sicher weniger einer Kontrollmanie, wie oft vermutet wurde, sondern sie diente vielmehr der Befriedigung eines kindlichen Gemüts. Der Fußball sei für ihn »immer auch ein Fluchtweg aus der Erwachsenenwelt« gewesen, bekannte Hoeneß, und die Journalisten Ludger Schulze und Thomas Kistner erkannten ganz in diesem Sinne im Bayern-Manager einen Mann, der »auf geradezu amateurhafte Art Fußballfan« geblieben war. Nimmermüde betonte er als eben dieser amateurhaft empfindende Fan, dass die »Kuttenfans« in der Südkurve »die allerwichtigsten« seien. »Weil sie für die Stimmung im Stadion zuständig sind und sich viel mehr mit dem Verein identifizieren als die Leute, die in der Loge sitzen. Ich gehe mal davon aus, dass sich 80 Prozent unserer Stehplatzfans total mit dem Verein identifizieren, dass er Teil ihres Lebensinhalts ist.« Man müsse daher, so sein Schluss, alles tun, um »dem Fan etwas zu bieten, damit er sich mit dem Verein identifiziert. Wenn du keine Fans mehr hast, kannst du den Laden dichtmachen.« Oder, noch so eine Äußerung: »Für uns ist der Fan die eigentliche Triebfeder des Vereins.« Hoeneß meinte es also durchaus ehrlich, als er im Februar 2000 in der Alabama-Halle die große Feier zum 100-jährigen Jubiläum mit einer Fan-Party eröffnete: »Ihr seid uns wichtig, und deshalb feiern wir mit euch.«
    Als beliebtester und bekanntester deutscher Fußballverein kommt der FC Bayern heute allein in Deutschland auf eine zweistellige Millionenzahl von Fans. Das vor allem seit den neunziger Jahren enorm gestiegene Interesse am FC Bayern ging natürlich an der Geschäftsstelle in der Säbener Straße nicht spurlos vorüber. »Wir bekommen 1.200 Anrufe pro Minute«, registrierte Hoeneß im Jahr 1996. »Allein 500.000 Mark Portokosten haben wir pro Jahr, um Ticketwünsche abzusagen.« Und obwohl der Manager sich seit seinen ersten Amtstagen um die Fans in besonderer Weise bemühte, ständig den Kontakt zur Basis suchte und seine Spieler regelmäßig zu Terminen mit den Bayern-Anhängern schleppte, blieb lange Zeit doch noch manches im Argen. »Ich war bei einem Fanklubtreffen in Kulmbach«, berichtete er von einem Ereignis Ende der neunziger Jahre, »als ein junger Mann kritisierte, dass nur für

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