Das Programm
Aufgaben beschäftigte.
»Tut mir Leid«, sagte sie. »Ich versuche es noch einmal. Bei einem Repo verkauft der Kunde eine Anleihe, die er nicht short hat …«
»Nein, nein, nein, nein, nein!« Entrüstet schürzte Waldern die Lippen. »Dann darf ich meine Frage noch einmal stellen: Haben Sie mir in den letzten zwei Wochen ein einziges Mal zugehört?«
»Das habe ich, Herr Professor«, sagte Carla mit zitternden Lippen. »Aber es ist nicht leicht für mich. Mein Englisch ist nicht sehr gut.«
»Das akzeptiere ich nicht«, sagte Waldern. »Dies ist eine amerikanische Bank. Wenn Sie hier arbeiten wollen, müssen Sie mindestens so viel Englisch sprechen, dass sie die Konzepte verstehen. Das ist eine Vorbedingung, um an diesem Ausbildungsprogramm teilzunehmen. Also, was ist ein Repo?«
Carla schniefte. Sie öffnete den Mund. Eine Träne lief ihr die Wangen hinunter.
»Ein Repo ist eine Verkaufs- und Rückkaufvereinbarung«, erklang eine Stimme auf der anderen Seite des Saales. Die Kursteilnehmer wandten sich um und blickten hinüber. Es war Lenka. »Eine Vertragspartei verkauft einer anderen eine Anleihe und verpflichtet sich, sie zu einem bestimmten Zeitpunkt zu einem bestimmten Preis zurückzukaufen.«
Waldern blickte Lenka finster an. »Ich habe Carla gefragt. Unterbrechen Sie mich bitte nicht.« Er wandte sich wieder an Carla, deren Wangen nass von Tränen waren. »Also, Carla, warum könnte jemand an einem Repo Interesse haben?«
Bevor Carla zum Sprechen ansetzen konnte, hatte Lenka schon geantwortet. »Es ist eine preiswerte Methode der Geldbeschaffung zur Finanzierung eines Wertpapierbestands. Der Repo-Satz ist im Allgemeinen niedriger als die Geldmarktsätze.«
Waldern fuhr herum. »Ich habe Sie gebeten, mich nicht zu unterbrechen. Ich möchte Sie ein für allemal bitten, Carla auf meine Fragen antworten zu lassen.«
»Sie sehen doch, dass sie nicht in der Verfassung ist, auf Ihre Fragen zu antworten. Deshalb antworte ich für sie«, sagte Lenka. »Was möchten Sie sonst noch wissen?«
»Ich möchte hier eines klarstellen«, stieß Waldern zähneknirschend hervor. »Ich erwarte von meinen Studenten, dass sie sich im Kurs an meine Anweisungen halten.«
»Sie versuchen klarzustellen, dass Sie in diesem Hörsaal die absolute Macht haben und dass Clara gar keine hat.« Der Kommentar kam aus einer der hinteren Bankreihen. Es war Alex. Im Hörsaal wurde es totenstill.
Walderns Gesicht färbte sich rot, er öffnete den Mund, als wolle er schreien, überlegte es sich dann aber und schloss ihn wieder. »Ich entscheide, was in diesem Saal geschieht. Und ich werde nicht dulden, dass man meine Autorität untergräbt.«
»Völlig einverstanden«, sagte Alex. »Aber wenn Sie Ihre Macht dazu missbrauchen, ihre Studenten zu schikanieren, statt ihnen etwas beizubringen, büßt dieser Machtanspruch seine Rechtfertigung ein.«
Die Richtigkeit dieser Feststellung leuchtete allen ein, die sich in dem Raum befanden.
Sichtlich erregt verkündete Waldern: »Lenka. Alex. Kommen Sie mit!«
Es entstand eine kurze Pause, in der sich Lenka und Alex vielsagende Blicke zuwarfen; dann standen sie beide auf und folgten Waldern aus dem Hörsaal. Als sich die Tür hinter ihnen schloss, brach der Tumult los.
Lenka und Alex durften an der Nachmittagsveranstaltung wieder teilnehmen – einem Vortrag der Edelmetallgruppe. Doch um Viertel vor fünf hatten sie einen Termin in George Calhouns Büro.
Die anderen warteten bei Jerry’s auf sie.
»Ganz schön mutig von den beiden«, sagte Duncan.
»Dumm war es«, sagte Ian.
»War es nicht«, sagte Chris. »Irgendjemand musste Waldern auf die Füße treten. Was er mit Carla gemacht hat, war unverzeihlich. Sie behandeln uns wie Kinder, aber wir sind keine Kinder mehr. Mensch, wir haben doch schon alle Berufserfahrung. Alex hatte völlig Recht, dass er ihm das klargemacht hat.«
»Das ist doch absolut normal für Bloomfield Weiss«, sagte Ian. »Carla muss sich irgendwann daran gewöhnen. Wenn Sie’s nicht abkann, sollte sie die Sache lieber lassen. Besser jetzt als später.«
»Nein«, Chris schüttelte den Kopf. Er spürte, wie ihm die Hitze in die Wangen stieg. »Waldern soll uns ausbilden und nicht beleidigen. Alex hatte völlig Recht: Wenn er Menschen so behandelt, verdient er keinen Respekt. Meinen hat er jedenfalls verloren.«
»Und warum hast du dann nichts gesagt?«, wollte Ian wissen.
Chris schwieg. Er hätte wirklich den Mund aufmachen müssen. Er hätte Lenka und Alex
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