Das Programm
du doch, oder?«
»Oh, ja. Er ist süß. Ich nehme an, es werden ‘ne Menge Amerikaner da sein?«
»New York liegt in Amerika, Tamara«, sagte Chris lächelnd. »Also rechne damit, dass du ein oder zwei von ihnen ertragen musst.«
Tamara seufzte. »Wahrscheinlich sind sie gar nicht so übel. Ich muss nur ein bisschen Geduld mit ihnen haben.«
»Eric und Alex werden dir gefallen, das sind die Gastgeber.«
»Gut. Jetzt komm!« Sie kuschelte sich an ihn und ließ die Hand unter sein Hemd und über seine Brust gleiten. »Das wird ein sehr angenehmes Wochenende werden.«
Das Taxi schlängelte sich quer durch Manhattan und hielt endlich vor Chris’ Apartment. Der Fahrpreis war enorm, und irgendwie blieb das Bezahlen an Chris hängen.
Im Restaurant hatten sie sich viel zu erzählen, Chris vom Programm und Tamara von ihrem großen Bekanntenkreis. Sie hatten sich in Oxford kennen gelernt, waren aber erst nach den Examina im Abschlussjahr zusammengekommen. Tamara war schlank, blond und gewandt. Sie hatte Chris schon immer gefallen, aber er hätte nie gedacht, dass er eine Chance bei ihr haben könnte. So war er ziemlich überrascht gewesen, als sie nach einer Party in der letzten Semesterwoche zusammen im Bett landeten, und noch überraschter war er gewesen, als sie nach ihrer beider Umzug nach London die Beziehung fortsetzen wollte. Er fing bei Bloomfield Weiss an, sie bei Gurney Kroheim, einer durch und durch britischen Merchant-Bank, die sich um das klassische Kreditgeschäft kümmert. In den folgenden sechs Monaten war die Beziehung immer enger geworden, wenn auch nicht so eng, dass sie zusammengezogen wären. Aber sie hatte seine Einladung nach New York begeistert angenommen, und dafür war er ihr dankbar.
Um elf waren sie wieder im Apartment. Aus Ians Zimmer drang laute Musik. Er war draußen gewesen, als sich Tamara und Chris am frühen Abend umgezogen hatten, daher hatte Tamara ihn nicht getroffen. Ohne anzuklopfen, stürmte sie in sein Zimmer, Chris hinterher. Es kümmerte ihn nicht, dass sie Ian beim Umziehen überraschen könnte. Ian würde es nicht stören, und Tamara würde einen kleinen Kick daraus ziehen.
Ian war angezogen, aber trotzdem überrascht. Er stand am Schreibtisch über einen kleinen Spiegel gebeugt, auf dem sich eine dünne Linie weißen Pulvers befand. Er wandte sich den Eindringlingen zu und wurde rot.
»Ooh, Ian. Na, bereiten wir uns auf die Party vor?«
Ian blickte von Chris zu Tamara. »Hm …«, war alles, was er hervorbrachte.
»Hallo, Darling«, sagte Tamara, die sein Unbehagen offenbar genoss. Sie hielt ihm die Wange zum Kuss hin, befeuchtete mit der Zunge eine Fingerspitze, tippte damit auf das Pulver und verrieb es auf dem Zahnfleisch. »Mmh. Kann ich noch ein bisschen haben?«
»Äh … hi, Tamara. Ja, klar«, sagte Ian und warf Chris einen unsicheren Blick zu.
Tamara lachte. »Na komm schon, Chris. Ich bin sicher, Ian hat auch noch was für dich.«
Chris starrte die beiden an und wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. Schließlich wandte er sich um und ging raus. Er trat in sein Zimmer und blickte auf die belebte Straße hinab, die zwölf Stockwerke unter ihm lag.
Er war wütend. Drogen waren für ihn absolut tabu, und dasselbe, hatte er angenommen, galt für seine Freunde, vor allem für seine Freundin. Was dachte sie sich? Drogen zu nehmen war idiotisch. Bei Ian war es zwar etwas überraschend, aber verständlich, wenn Chris näher darüber nachdachte. Aber wie konnte Tamara so dumm sein?
Der Ärger war nur, dass er sich selbst schrecklich dumm vorkam, und das machte ihn noch wütender. Natürlich wusste er, dass Drogen genommen wurden. An der Uni hatte er hier und da beobachtet, wie sich Leute zu diesem Zweck verdrückten. Und aus der Presse wusste er, dass sie sich speziell in der Finanzwelt großer Beliebtheit erfreuten. Aber er war ihnen immer aus dem Weg gegangen, oder, um genauer zu sein, sie ihm. Und deshalb kam er sich auch so töricht vor. Er war und blieb ein polnischer Bauer. Was erwartete er denn vor einer Party an einem Ort wie New York City?
Reiß dich zusammen, sagte er sich. Bleib cool! Er atmete ein paar Mal tief durch und verließ sein Zimmer. Kichernd kam Tamara aus Ians Zimmer. Sie blieb stehen, als sie Chris erblickte.
»Oh, Chris, du sahst so schockiert aus!«
»Ich wusste nicht, dass du Drogen nimmst, Tamara.«
»Tu ich auch nicht. Nicht wirklich. Nur hin und wieder mal. Wirke ich etwa wie ein Junkie, Chris?«
Chris zuckte die
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