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Das Programm

Titel: Das Programm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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Leitung, Ian versuchte, zu einem Entschluss zu kommen. Chris hatte ihn am Haken!
    »Chris, ich glaube wirklich nicht, dass du dir diese Bänder anhören musst.«
    »Stell mich zu Larry durch, oder ich häng auf und rufe ihn direkt an.«
    »Hör zu, ich kann dir die Sache erklären.«
    »Schieß los!«
    »Nicht am Telefon«, sagte Ian und senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Lass uns irgendwo anders darüber reden.«
    »Aber dann sofort.«
    Chris hörte Ian seufzen. »Okay. Am Ende der Liverpool Street gibt es ein Café. Ponti’s. Ich bin in einer halben Stunde dort. Passt dir das?«
    »Bis gleich«, sagte Chris.
     
    Chris brauchte zwanzig Minuten, um hinzukommen, aber Ian wartete bereits. Die zehn Jahre seit dem Ausbildungsprogramm waren nicht spurlos an ihm vorübergegangen. Etliche Falten fürchten sein Gesicht; vor allem eine tiefe Kerbe zwischen den Augenbrauen fiel auf. Aber er war noch immer gut in Form; dreimal die Woche ging er ins Fitnessstudio. Er trug Maßanzüge, seine Hemden waren handgefertigt und die Krawatten das Exquisiteste, was die exquisitesten Modehäuser Londons zu bieten hatten. Sein modischer Haarschnitt verriet, dass er oft beim Friseur war. Er sah älter aus als dreiunddreißig und erfahrener. Nur die Fingernägel, die immer noch bis zum Nagelbett abgekaut waren, straften das Furnier eleganten Selbstbewusstseins Lügen.
    Chris holte einen schwarzen Kaffee und setzte sich zu ihm. »Also?«
    Ian stocherte mit dem Teelöffel im Schaum seines Cappuccinos herum. Es dauerte einen Augenblick, bis er antwortete. Schließlich blickte er auf und sah Chris an.
    »Lenka und ich waren zusammen«, sagte er ohne Umschweife. »Deshalb wollte ich nicht, dass du das Band hörst.«
    »Zusammen? Was meinst du damit? Wart ihr zusammen im Bett?«
    »Nenn es, wie du willst. Jedenfalls war es so.«
    »Das glaub ich nicht«, sagte Chris.
    Ian zuckte mit den Achseln.
    »Aber was hatte Lenka für einen Grund …«
    Ian runzelte die Stirn. »Hör mal, Chris. Es gibt ‘ne Menge Frauen, die mich gar nicht so unattraktiv finden.«
    »Ja, aber Lenka?«
    »Du weißt, dass sie mir immer gefallen hat. Offenbar hat das auf Gegenseitigkeit beruht.«
    »Nein.«
    »Was fällt dir ein!«, fuhr ihn Ian an. »Wir waren zusammen, Okay? Jetzt sind wir es nicht mehr, weil sie tot ist. Kapiert?«
    »Tut mir Leid«, sagte Chris. »Wie lange ging das schon?«
    »Noch nicht lange. Erinnerst du dich an die Europäische Hochprozenter-Konferenz letzten Monat in Barcelona? Wir hatten beide einen sitzen. Da ist es passiert.«
    »War es was Ernstes?«
    »Nicht wirklich. Aber es war auch nicht völlig ohne Bedeutung. Andererseits wusste ich, dass es keinen Zweck hatte, mit Lenka Ernst zu machen.«
    »Nein«, sagte Chris. Lenka machte nie mit jemandem Ernst. Er versuchte sich an irgendeinen Hinweis zu erinnern, dass Lenka eine Beziehung zu Ian gehabt hatte. Nichts. Ian hatte sie in den letzten Wochen häufiger angerufen, aber Chris war immer davon ausgegangen, dass es geschäftliche Gründe hatte. Offenbar hatte mehr dahinter gesteckt.
    »Und das wird auf dem Band deutlich?«
    »Wahrscheinlich. Ich habe nicht mitgehört, aber ich nehme an, dass es nicht nur um geschäftliche Dinge geht.«
    »Okay. Dann lass es mich hören«, sagte Chris. »Nur du und ich.«
    »Das geht nicht«, sagte Ian. »Da muss auch ein Techniker dabei sein. Damit wir die Aufzeichnungen nicht beschädigen.«
    »In Ordnung, dann ist eben auch der Techniker dabei.«
    »Bitte, Chris.«
    »Ich kann jetzt dein Zögern verstehen, und erst recht, dass niemand anders die Bänder hören soll, aber ich will sie auf jeden Fall hören. Mehr denn je. Ich möchte wissen, warum Lenka diese Bonds gekauft hat. Und dass ihr beide was miteinander hattet, macht mich nur noch misstrauischer.«
    Ian seufzte. »Ich dachte mir, dass du das sagst. Warte hier zwanzig Minuten, ich gehe sie holen.«
    »Nein«, sagte Chris. »Ruf auf dem Handy an, wen du anrufen musst. Wir gehen zusammen hin und hören sie uns an.«
    »Vertraust du mir nicht?«, fragte Ian.
    »Nein«, sagte Chris.
     
    Chris folgte Ian über den Broadgate Circle zum Eingang von Bloomfield Weiss. Draußen rostete der schiefe sechs Meter hohe Eisenphallus vor sich hin. Ein passendes Symbol für die Firma. Chris lief ein Schauer über den Rücken, als sie das kompakte, marmorverkleidete Gebäude betraten; seit jenem schrecklichen Tag vor drei Jahren hatte er keinen Fuß mehr hineingesetzt.
    Im Lift fuhren sie in den dritten Stock

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